Als die Stadt Konstanz und die IHK im Jahr 2014 das ehemalige Forschungs- und Vertriebszentrum der insolventen Firma Centrotherm kauften, da war von einer „Jahrhundertchance“ die Rede. Rund 20 Millionen Euro investierte das Rathaus in den Erwerb und den Umbau zum Veranstaltungs- und Kongresszentrum. Seitdem wurde das Gebäude immer wieder nachgerüstet, Defizite wurden ausgeglichen.
Inzwischen gelten rund zwei bis 2,5 Millionen Euro Zuschuss im Jahr als unabdingbar. Doch mittlerweile bröckelt im Gemeinderat der Rückhalt für das Bodenseeforum, zumal es sich nicht zu einem Wohnzimmer für die Konstanzer Vereine entwickelt hat und eher überregionale Messe- und Konzertveranstalter anzieht.
Das sagen Leser zum Thema
Der Konstanzer Jan Mittelstaedt schreibt dazu: Zunächst zur Transparenz: Ich stehe mit meiner Agentur in einer, wenn auch geringfügigen, geschäftlichen Beziehung zum Bodenseeforum. Das hat jedoch nichts mit dem zu tun, was ich über die Bedeutung dieses Ortes für Konstanz denke. Sowohl als Unternehmer als auch als Ehrenamtlicher empfinde ich das Bodenseeforum als einen Gewinn für Konstanz. Die herausragende Qualität, die Modularität, die Lage und nicht zu vergessen das fantastische Team machen diesen Ort zu etwas ganz Besonderem. Es ist die einzige Location in Konstanz, die Veranstaltungen auf diesem Niveau in Technik-Kompetenz, Ton, Bild, Ambiente und Infrastruktur bieten kann. Zuletzt zu sehen beim Bürgerempfang vergangenen Sonntag. Es gibt weit und breit nichts Vergleichbares. Dabei möchte ich dem Gemeinderat zurufen: Betrachtet den Nutzen für die Stadt im großen Ganzen – und der verdient Ihre Unterstützung. Ich selbst bin kein Nutzer des Stadttheaters oder der Philharmonie. Trotzdem bezahle ich die im Übrigen deutlich höheren Subventionen für die Kultur mit meinen Steuern mit. Das Bodenseeforum hingegen habe ich seit Bestehen bereits dreimal für mehrtägige Veranstaltungen im Rahmen meines Ehrenamtes gebucht. Vergangenen März kamen rund 1000 Teilnehmende aus ganz Deutschland zu uns nach Konstanz, um die Deutschlandkonferenz von Rotaract zu erleben. Rotaract ist die Junge-Erwachsenen-Organisation von Rotary, einem Serviceclub, der Gutes tut in der Welt. Die Rückmeldungen der Teilnehmenden dieser Konferenz waren ausnahmslos begeistert. Mein Appell an die Mitglieder des Gemeinderats: Ein Teil der Menschen in Konstanz ist stolz auf das Theater und die Philharmonie. Beiden Institutionen haben Sie kürzlich mit teils dramatischen Redebeiträgen die Subventionen gesichert. Ich bin stolz auf das Bodenseeforum. Bitte zeigen Sie für dieses wichtige Angebot ebenso viel Engagement.
Silke Karstens aus Konstanz ist anderer Meinung. Sie schreibt: Da die Stadt Konstanz im Minus ist und das Bodenseeforum Unsummen verschlingt, sollte man sich davon trennen. Veranstaltungen könnte man auch im Bürgersaal am Stephansplatz oder im Konzil machen. Von dem eingesparten Geld könnte man lieber einen Wasserbus mit einem Zwischenhalt einrichten.
Konstanzerin Mathilde Fezer schreibt in ihrem Leserbrief: Ich hatte das Vergnügen, über den Line Dance Konstanz das Bodenseeforum zu genießen. Es war toll und ich war begeistert. Jetzt kommt aber die andere Seite. Für Vereine und kleinere Veranstalter ist es nicht bzw. kaum zu bezahlen. Miete, Personal, Security, die Prozente von Getränken und Speisen, die man abgibt an die Stadt. Es kommt so vieles dazu, dass man trotz Eigenpersonal, das unentgeltlich arbeitet, keinen Verdienst zusammen bekommt, dass es sich wirklich lohnt. Die Eintrittskarten hoch zu setzen, ist schwierig, denn das können sich wiederum viele nicht leisten. Also: Falls das Forum auch für Konstanzer Vereine offen sein soll, müsste man überlegen, ob hier es anders berechnet wird. Ansonsten ist es ein Unding, Millionenzuschüsse dafür zu geben.
Der Reichenau Heiko Riekenberg meint: Das Bodenseeforum ist doch das Sinnbild einer orientierungslosen Stadt, die nicht wirklich weiß, was sie ist. Studentenstadt will man sein, die Mieten sagen anderes. Fahrradstadt? Klappt auch nicht so wirklich. Klimanotstand-Primus? Auch ein schöner Wunsch, dem es an konsequenten Handlungen mangelt. Ach ja, Einkaufsstadt, unseren Nachbarn sei dank. Oh, und Tourismusstadt – statt Wohnungen lieber Bettenburgen. Die Bewohner sind eine nette Fassade. Das Bodenseeforum passt da nirgends rein, weil wir ja keine Kulturstadt sein wollen. Das Kongresszentrum/Konzerthaus wollte man damals nicht, nun hat man sich doch irgendwie eines aufgebürdet, das erwartungsgemäß nicht läuft. Der Blick in den Veranstaltungskalender spricht Bände, vor allem wenn man mal schaut, was im Radolfzeller Milchwerk so geboten wird. Wir sollten nicht versuchen, alles irgendwie ein bisschen zu sein, sondern den Mut aufbringen, deutlich Nein zu mittelgroßen Veranstaltungen zu sagen und lieber Kleinkunst und Kultur mit dem Geld fördern. Man hat sich geirrt, das Geld ist bereits ausgegeben. Kann ja mal passieren, aber bitte nicht jährlich weiter Geld versenken für keinen Gegenwert. Tagungen können den Hotels, größere Events unseren Nachbarstädten überlassen werden. So weit ist der Weg dorthin nun auch nicht.
Und Thomas Blaser aus Konstanz findet: Nach einigen, leider für die Bürgerschaft nicht transparenten Gesprächen, war ganz schnell die IHK neuer Miteigentümer des Gebäudes. Leider haben die Entscheidungsträger der Stadt Konstanz keine Weitsicht und keinen Mut bewiesen zu einer langfristigen Entwicklung: Erwerb des gesamten Gebäudes und Vermietung der oberen Stockwerke, z.B. an ein Hotel oder Gewerbe, solange man diese nicht selbst benötigt, um später das Konzerthaus nebenan zu verwirklichen. So beraubte man sich jeglicher vernünftigen, zukünftigen Planung; zudem ist das Gebäude als Fabrikationshalle gebaut und trotz aufwendigen Umbauten niemals geeignet für größere Veranstaltungen. Dass hier keine schwarze Null zu erzielen war, erkannte sogleich auch der erste Manager und „wurde krankheitsbedingt“ fürstlich entlohnt. Auch der Versuch, Gastronomen zu finden, welche im 4-Sterne-Niveau die Festlichkeiten aufwerten, ist kläglich gescheitert. Die vorhandene Infrastruktur reicht gerade mal zum Kaffeekochen und Würstchen warm machen. Mein Fazit: Ausstieg aus dem gescheiterten Engagement. Die oft patriarchischen Seilschaften übernehmen leider nicht die Verantwortung und es sind ja auch nur Steuergelder.
Rüdiger Fischer, Obermeister der Dachdecker-Innung, schreibt, dass seiner Ansicht nach das Bodenseeforum der ideale Tagungsort sei. Der Reichenauer dazu: Jedes Jahr veranstaltet eine unserer Innungen in Baden-Württemberg einen Landesverbandstag, 2023 war es an uns, diesen auszurichten. Schnell fiel unsere Wahl auf das Bodenseeforum als Austragungsort. Ich kann Ihnen berichten, dass wir nur durchweg gute Rückmeldungen alle Teilnehmer bekommen haben. Das Bodenseeforum wurde sehr gelobt für die super Organisation und die freundliche Art der Mitarbeiter, und natürlich auch als Tagungsort. Als Tagungsort ist das Bodenseeforum unabdingbar. Wenn man dann auch bedenkt, dass wir 120 Hotelzimmer in Konstanz belegt haben und noch ein Festabend mit 285 Gästen stattfand. Dies wäre nicht der Fall gewesen, wenn es das Bodenseeforum in Konstanz nicht geben würde. Wir hätten die Veranstaltung an einem anderen Ort unseres Innungsgebietes ausrichten müssen. Konstanz braucht dieses Haus, um weiterhin attraktiv für Veranstaltungen jeglicher Art zu sein.
Dieser Meinung ist auch Michael Roth aus Stuttgart: Gerne möchte ich Ihnen als Veranstalter des jährlichen „Klimagipfels der Wohnungswirtschaft“ unsere Erfahrungen mit dem Bodenseeforum Konstanz mitteilen. Der Klimagipfel der Wohnungswirtschaft findet seit 2021 in Konstanz statt. Wie in den Vorjahren werden wir auch in diesem Jahr (22./23. Februar) dort rund 180 Teilnehmer begrüßen, die sich aus der gemeinwohlorientierten Wohnungswirtschaft (also insbesondere genossenschaftliche und kommunale Wohnungsunternehmen) aus Baden-Württemberg und Bayern zusammensetzen. Das Bodenseeforum empfinden wir als ideales Tagungszentrum für diese Fachveranstaltung. Das Personal ist hochprofessionell und wir sind überaus zufrieden mit dem Tagungsort. Das Bodenseeforum gehört aus unserer Sicht zu den besten und schönsten Tagungszentren in Baden-Württemberg. Ohne das Bodenseeforum hätten wir, in Ermangelung eines alternativen Tagungsortes, unseren jährlichen Klimagipfel der Wohnungswirtschaft auch nicht in Konstanz etablieren können. Wir und unsere Teilnehmer kommen dort immer wieder gerne hin.
Anne Zunftmeister-Mertke von der Uni Konstanz findet lobende Wort für die professionelle Begleitung durch das Team des Bodenseeforums. Sie schreibt: Das Bodenseeforum ist für den Wissenschaftsstandort Konstanz von großer Bedeutung. Es zeigt nationalen und internationalen Gästen eindrucksvoll, dass unsere Stadt zwar geografisch eher in der Peripherie liegt, von ihren Möglichkeiten her aber keinesfalls provinziell ist. Das Bodenseeforum ist ein modernes Gebäude, wandelbar in der Größe und als Veranstaltungsort auf der Höhe der Zeit, um den vielen Herausforderungen in puncto Nachhaltigkeit und Digitalisierung gerecht zu werden. Damit ist es sehr gut geeignet für Kongresse, Messen, Tagungen und große Kulturveranstaltungen. Im April 2024 werden wir zum zweiten Mal eine internationale Wissenschaftskonferenz im Bodenseeforum organisieren. Die professionelle Begleitung durch das Team vor Ort ist dabei eine echte Bereicherung. In Zeiten knapper Ressourcen muss eine Stadt natürlich überlegen, wofür sie ihr Geld ausgibt, aber das Bodenseeforum ist eine sich lohnende Investition in die Gegenwart und Zukunft von Konstanz.“
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