Welche Ziele verfolgt die Freie Grüne Liste (FGL), die größte Konstanzer Gemeinderatsfraktion, eigentlich beim Thema Wohnungsbau? Roger Tscheulin von der CDU war es, der in der jüngsten Gemeinderatsitzung diese Grundsatzfrage auf den Tisch brachte. Es war während einer Debatte um das geplante Wohngebiet Jungerhalde/West.

Dort sollen auf zwei Hektar Ackerland Wohngebäude und eine neue Heimat für die Feuerwehr entstehen.

Freie Grüne Liste stimmt Bebauungsplan nicht zu

Doch die FGL weigerte sich, der Aufstellung eines Bebauungsplans am Ortsrand von Allmannsdorf zuzustimmen. Den Grund führte FGL-Stadtrat Peter Müller-Neff aus. Nämlich die Ökologie und Biodiversität.

Er erklärte noch einmal, was er zum selben Thema bereits im Technischen und Umweltausschuss wenige Tage zuvor vorgebracht hatte. Es war eine Debatte, in der Grundsatzfragen und Verletzungen aus der Oberbürgermeisterwahl hochkochten.

Tscheulin: FGL als Bremser

Irgendwann riss Roger Tscheulin von der CDU dabei die Hutschnur. Er sagte: „Vor ein paar Monaten hat ein FGL-Stadtrat dem Oberbürgermeister noch vorgeworfen, es sei seine Schuld, dass zu wenig Wohnungen gebaut werden. Und nun ist es wieder die FGL, die diesem Aufstellungsbeschluss nicht zustimmen will.“

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Zwar fordere sie andauernd Wohnungsbau, aber „wenn es um konkrete Projekte geht, macht die FGL hier den Bremser. Das kann so nicht weitergehen!“ Auch die Position zum Hafner sei seit dem OB-Wahlkampf ungeklärt.

Kandidat Luigi Pantisano, der von FGL, Jungem Forum und Linker Liste unterstützt worden war, hatte das Neubaugebiet bekanntlich an Bedingungen geknüpft: Es müsse klimaneutral gebaut werden (was momentan kaum möglich ist) und sei ohnehin nur dann sinnvoll, wenn sich beispielsweise ein größeres Unternehmen in Konstanz ansiedele (was momentan nicht in Sicht ist).

Diskussion kocht weiter hoch

Diese Vorwürfe lies Müller-Neff nicht auf sich sitzen. „Uns vorzuwerfen, dass wir gegen Wohnungsbau sind, das ist eine ganz infame Unterstellung, Herr Tscheulin!“ Die FGL habe Plänen zugestimmt, wo für 15.000 bis 17.000 Menschen gebaut werden könnte.

Und zum Hafner: „Da stehen wir wie eine Eins dahinter, natürlich unter ökologischer Sichtweise“, stellte er klar. Beim Gebiet Jungerhalde/West gehe es auch um den Flächenverbrauch. Es tangiere FFH- und damit Naturschutzgebiet.

„Ich bitte um Verständnis, dass wir hier für Ökologie und Biodiversität die Hand heben, trotz allen Wohnungsbedarfs, und auf gewissen Teilen unserer Siedlungsfläche nicht eingreifen wollen“, sagte der Stadtrat der Freien Grünen Liste.

Ökologische Holzbauweise geplant

Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn versuchte die hitzige Debatte mit einigen Fakten zum Umweltschutz zu beruhigen. So sei ökologische Holzbauweise geplant, und ein Drittel der Fläche mit jetzt noch geringer Wertigkeit werde aufgewertet.

Außerdem entständen 50 Prozent geförderte sowie 40 Prozent preisgedämpfte Wohnungen. Doch vergebens. Müller-Neff blieb bei seiner Meinung: Die FGL wolle über die im Flächennutzungsplan vorgesehen Gebiete hinaus keine Flächen bebauen. Und ohnehin: Der Nabu und der BUND sähen das genauso.

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Der letzte Satz rief Achim Schächtle von der FDP auf dem Plan. Er zürnte: „Also der Nabu und der BUND haben meines Wissens nicht die Aufgabe, die Leute in Konstanz in Wohnraum zu bringen. Solange ich hier im Gemeinderat bin, sehe ich immer nur diesen Wunsch. Aber, wenn es konkret wird, wird dagegen gestimmt!“

Sarikas erzürnt über BUND

Zahide Sarikas von der SPD hat sich intensiv mit der BUND-Sichtweise beschäftigt. Im Gemeinderat meldete sie sich zu Wort, um von ihren Erfahrungen bei einer Bürgerversammlung mit dem BUND in Allmannsdorf zu berichten, wo es um eben dieses Wohngebiet Jungerhalde/West ging.

Die anderen würden nicht glauben, was da so gesprochen worden sei. „Da war die Diskussion doch tatsächlich, ob man überhaupt für die Konstanzer baut, also Entschuldigung!“, ärgerte sich Sarikas. „Ich verstehe die Diskussion nicht, wir jammern immer, es gäbe zu wenig Wohnungen.“

Und wenn dann gebaut werden soll, sei es zu laut, oder ein anderer Grund spreche dagegen. „Es muss gebaut werden, anders kann das nicht sein“, forderte sie. Und: „Das macht mich wütend. Der BUND ist für mich in dieser Sache nicht relevant. Wir verlieren junge Familien, wenn wir keinen bezahlbaren Wohnraum schaffen!“

Alle Stadträte, außer FGL, für Projekt

Auch Linke und Junges Forum brachten zum Ausdruck, dass sie der Position der FGL nicht folgen können. Christian Koßmehl von den Freien Wählern sagte: „Die Ökologie, die diesem Kartoffelacker zugesprochen wird, ist doch beneidenswert. In einer Stadt, in der wir sehr dringend Wohnraum brauchen und immer schimpfen, dass es zu langsam geht.“

Als es zur Abstimmung kam, votierten alle Stadträte für das Projekt Jungerhalde/West – bis auf die der Freien Grünen Liste.