Er sorgte für einen Aufreger kurz nach dem Jahreswechsel: Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) kündigte an, Gendern in der Sprache von Landesbehörden verbieten zu wollen. Man werde in einer Verwaltungsvorschrift festhalten, dass Sonderzeichen wie Binnen-I, Unterstrich und Gender-Sternchen in der Verwaltungssprache künftig nicht mehr zulässig seien. Schulen und Hochschulen sollten von der Regelung zunächst nicht betroffen sein, so Strobl.
Gendern sorgt auch immer wieder für lebhafte Diskussionen in Freundeskreisen, unter Kollegen, bei Behörden und Bildungseinrichtungen. So machen sich auch Konstanzer Institutionen Gedanken darüber, wie sie in offiziellen Dokumenten, auf Plakaten und in Onlinekanälen formulieren.

Mit dem Sternchen gegen Rollenklischees
Die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) schreibt auf ihrer Website: „Die Verwendung geschlechtersensibler Sprache kann geschlechterstereotypen Bildern sowie Diskriminierungen und Benachteiligungen entgegenwirken und dabei helfen, Geschlechternormen und Rollendenken zu überwinden.“
Pressesprecherin Janna Heine bekräftigt auf Nachfrage: „An der HTWG legen wir großen Wert auf ein respektvolles, wertschätzendes und diskriminierungsfreies Miteinander. Mit einer intern wie extern geschlechterinklusiven Kommunikation wollen wir alle Menschen ansprechen, selbstverständlich auch Frauen und Menschen, die sich als non-binär identifizieren.“

Der Lesefluss soll erhalten bleiben
Aber wie formulieren die Hochschulangehörigen denn nun? Der Senat der HTWG erarbeitete im Jahr 2020 zusammen mit dem Team Gleich, das sich an der Konstanzer Hochschule um Gleichstellung und Diversität kümmert, eine Vorlage für diskriminierungsfreie Sprache.
Ganz einfach sind die Empfehlungen aber auch nicht. So lautet der Vorschlag für Kommunikation in HTWG-Online-Profilen: „Hier verwendet die Hochschule im Plural künftig die inklusive Form mit Gendersternchen. Also: Student*innen, allerdings nur, wenn es sich um ein einfaches Substantiv handelt. Genderformen in Komposita wirken schnell überbürokratisch und unleserlich.“

Grundsätzlich seien „Formulierungen zu bevorzugen, die genderumfassend wirken, aber den Lesefluss nicht bremsen“, empfiehlt die Senatsvorlage. Deshalb sei neben dem Genderstern auch die neutrale Formulierung „Studierende“ möglich.
Pressesprecherin Janna Heine stellt klar: „In der Gruppe der Studierenden und Promovierenden ist eine inklusive Sprache für viele selbstverständlich.“ Doch einer Genderpflicht stehe die HTWG mit Blick auf die Wissenschafts-, Forschungs- und Lehrfreiheit genauso kritisch gegenüber wie einem Verbot.

„Keine Prinzipienreiterei“
„Kontrolle und Sanktionierungen von Sprache stehen im Konflikt mit der offenen Diskussionskultur, die wir an der HTWG Konstanz fördern“, so die Pressesprecherin. Ohnehin empfiehlt die Senatsvorlage „keine Prinzipienreiterei“. Im Zweifelsfall sei es nicht dramatisch, wenn kleine Abweichungen auftreten, um sprachliche Stolpersteine zu umgehen.
Die Uni Konstanz hält laut Pressesprecher Jürgen Graf Ge- und Verbote im Hinblick auf inklusive Sprache ebenfalls für problematisch, „weil sie Fronten verhärten, statt Offenheit und Inklusion zu fördern“. Die Uni erachtet Gendern als Beitrag zu einem respektvollen und wertschätzenden Miteinander, als Grundlage für die offene Diskussionskultur.
Auch dort gibt es seit dem Jahr 2021 eine Leitlinie zu inklusiver Sprache. „In den meisten Bereichen ist sie ganz selbstverständlich und alltäglich“, so Graf. Sanktioniert oder kontrolliert wird der Sprachgebrauch aber auch an der Uni nicht.

Stadtverwaltung erarbeitet internen Leitfaden
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Konstanz gelte die Allgemeine Dienst- und Geschäftsanweisung (AGA), schreibt Pressesprecherin Mandy Krüger. Darin wird festgehalten, dass die Stadtverwaltung das Binnen-I („KollegInnen“) als geschlechtergerechte Bezeichnung verwendet oder die männliche und weibliche Form ausschreibt oder neutrale Bezeichnungen wie „Amtsleitung“ nutzt.
„Das prinzipielle Ziel der Gleichberechtigung soll sich auch in der Verwaltungssprache niederschlagen“, so Krüger. Aktuell erarbeite die Stadt dazu einen internen Leitfaden, ein Veröffentlichungsdatum stehe noch nicht fest.

Ein Paradebeispiel für ein doppeltes Bekenntnis zu Diversität – in der Sprache und im Inhalt – liefert unterdessen HTWG-Präsidentin Sabine Rein. Anlässlich der vielen Demonstrationen gegen rechtes Gedankengut bekennt sie sich in einem Statement zu einer bunten Welt.
Dabei nutzt Sabine Rein verschiedene Formen des Genderns: „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit haben an der HTWG keinen Platz. Ich ermutige alle Mitglieder der Hochschule, liebe Studierende, liebe Professorinnen und Professoren, liebe Mitarbeitende: Lassen Sie uns gemeinsam laut gegen Diskriminierung und Hetze werden und der Welt zeigen, dass sie bunt ist – jetzt und in Zukunft!“