„Für viele von uns hat es eine immense Wichtigkeit, Danke und auf Wiedersehen zu sagen“, so Schauspieler André Rohde. Sieben Jahre war er Teil des Konstanzer Ensembles. Es war sein erstes Engagement. Der Abschied fällt ihm sichtlich schwer.
Kurz vor der internen Abschiedsfeier wirkt er sehr bedrückt, denn sein Herz hängt an der Bodensee-Stadt, wo er sich zu Hause fühlt, an dem Ensemble, das er als Familie erlebt hat, und an den Zuschauern. Er ist überzeugt: „So etwas werde ich in dieser Form nicht noch einmal erleben.“
Das Publikum sei mitnichten für die Schauspieler eine im Dunkel verschwindende Masse. „Ich kenne die Gesichter“, betont André Rohde und dabei weicht der traurige Gesichtsausdruck einem zarten Lächeln. Es gebe immer wieder Momente während der Stücke, in denen Licht in den Zuschauerraum falle, und die Besucher würden bewusst wahrgenommen. Schauspieler und Zuschauer, „das nehme ich als Perpetuum mobile wahr. Für mich ist das Publikum Teil des Teams“, so Rohde.
Georg Melich: „Jetzt bin ich erstmal Papa“
„Danke für 15 wunderbare Jahre“, sagt Georg Melich zum Abschied, gewandt an die Konstanzer und seine Kollegen. „Künstlerisch und privat habe ich hier mein Zuhause gefunden“, stellt er fest. Viele seiner Kollegen und Kolleginnen seien ihm Freunde geworden. „Es war wie eine Familie. Wir haben es immer geschafft, uns wach zu halten, uns zu fordern und füreinander da zu sein“, schildert er.
In Konstanz habe er sein Glück gefunden. Hier hat er seine Frau kennengelernt, hier ist am 24. Juli seine Tochter zur Welt gekommen. Und wie sieht für den Schauspieler nun die (berufliche) Zukunftsperspektive aus? „Jetzt bin ich erst einmal Papa“, sagt er, „und dann gucke ich weiter.“
Arlen Konietz hat Konstanz lieben gelernt
„Die Zeit in Konstanz hat mich geprägt“, stellt Arlen Konietz fest. „Ursprünglich wollte ich nur zwei Jahre bleiben“, erzählt er. Warum nur so kurz? „Weil ich das Theater und die Stadt für zu klein gehalten habe“, bekennt er. Aber statt der geplanten zwei blieb er schließlich sechs Jahre. Ein wesentlicher Grund war das Ensemble, das er ebenfalls als Familie bezeichnet.
Das Besondere sei stets die Teamleistung gewesen. Selbst unter den schwierigsten Bedingungen – „zu wenig Geld und zu wenig Zeit für Produktionen“ –, gemeinsam hätten sie das alles gemeistert, sich gegenseitig unterstützt, und Missgunst und Neid hätten zu den Fremdwörtern gezählt.
Dass er die „Kleinstadt“ Konstanz lieben gelernt hat, spricht er nicht aus. Wie sehr er aber an Konstanz hängt, wird deutlich, wenn er Kritik übt. „Das Problem ist, dass die Leute die Stadt dem Geld opfern. Der kleine Second-Hand-Laden weicht dem zigsten Küchenladen, ins Kino zieht der xte Drogeriemarkt ein. Wenn es so weitergeht, verliert die Stadt ihr Gesicht.“
Antonia Jungwirt: „Ich habe mich hier aufgehoben gefühlt“
„Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, beschreibt Antonia Jungwirth ihre Gefühle. „Weinend, weil ich mich sehr in das Städtchen verliebt habe. Das Lebensgefühl, dass alles nah beieinander ist und dass man sich kennt, zeichnen Konstanz aus. „Ich habe mich hier aufgehoben gefühlt“, stellt sie fest.
Es war ihr erstes Engagement, und sie ist begeistert von den Zuschauern, „die immer zahlreich erschienen sind, sich interessieren, sich mit den Themen beschäftigen und einen auf der Straße ansprechen. Das kennt man aus Großstädten eher weniger.“ Lachend geht sie, „weil ich tolle Erfahrungen gesammelt habe, das Gefühl habe, dass es weitergeht und ich Gelegenheiten bekommen werde, meinen Horizont zu erweitern.“
Renate Winkler macht nun „eine neue, eigene Sache“
Renate Winkler sieht den Abschied gelassen. „Ich war darauf eingestellt, dass ich, kaum angekommen, schon wieder gehe“, sagt sie, die allem im Leben auch immer eine positive Seite abgewinnen kann; sogar der Corona-Krise, die vielen stark zusetzt.
„Corona ist für mich eine Zäsur nach 30 Jahren Durcharbeiten. Ein gutes Innehalten“, sagt Renate Winkler über sich. Die Hände in den Schoß gelegt hat sie während des Lockdowns nicht, sondern Pläne geschmiedet, denn: „Ich wollte was arbeiten.“
Ihr Elternhaus in Tübingen gestaltet sie derzeit zu einem Aufführungsort um. Einmal im Monat möchte sie dort eine Veranstaltung – ob Musik, Lesungen oder Monologe – präsentieren. „Andere schließen, ich eröffne“, so Renate Winkler, froh darüber, endlich „eine neue, eigene Sache“ machen zu können.
Dankbar denkt sie an die Konstanzer Zeit zurück, an wunderbare Rollen, bereichernde Begegnungen im Ensemble und – da gerät sie ins Schwärmen – an Regisseur Wolfram Mehring, der jüngst seinen 90. Geburtstag feierte.
Ralf Beckord: „Ich hoffe auf Gastverträge“
„Geile Momente und hervorragende Lebensqualität“, resümiert Ralf Beckord und bekennt: „Mir fällt der Abschied sehr schwer, weil wir ein tolles Team waren. Auch wenn Intendant Christoph Nix streitbar und auch unberechenbar war, so ist er ein großartiger Theaterleiter.“
Dabei hebt Beckord unter anderem auf die „vielen, tollen Regisseure“ ab, die hier waren. Kollegen aus anderen Städten hätten es kaum glauben wollen, dass so angesehene Leute bis ans südlichste Ende von Deutschland kommen.
Abwechslungsreich sei die Zeit gewesen, geprägt von unterschiedlichsten Produktionen, wobei Beckord die Oper auf der alten Fähre als Beispiel nennt. Und dann das Publikum. „Die Konstanzer lassen sich einiges bieten und lieben ihr Theater“, stellt er fest.
Auch Ralf Beckords Engagement wurde nicht verlängert. Wegziehen wird der alleinerziehende Vater wegen seines Sohnes nicht. „Ich hoffe auf Gastverträge“, sagt er. Erste Türen haben sich für ihn geöffnet: Er spielt in Liechtenstein in „Tage des Verrats“ und „Tod eines Handlungsreisenden“.
André Rohde: „Glück auf und we‘ll meet again!“
„Es ist einfach faszinierend, wie die Konstanzer Zuschauer ihr Theater lieben, sich beteiligen und welche Treue und Liebe wir bekommen haben“, sagt André Rohde zum Schluss. Und was der gebürtiger Bochumer unbedingt noch sagen will: „Glück auf und we‘ll meet again!“