Experte oder Idiot? Wie sein Gegenüber ihn beim Besuch auf dem Wertstoffhof oder auf dem Trittbrett des Müllwagens wahrnimmt, weiß Markus Vetter nie sofort. Der 31-Jährige ist Müllwerker bei den Entsorgungsbetrieben Konstanz – erlebt hat er beides schon: Beschimpfungen aufgrund eines Hinweises, aber auch lobende Worte für seine Expertise.
Genau deshalb mag der gelernte Metallbauer seinen Job bei den Entsorgungsbetrieben in Konstanz, den er als Quereinsteiger angetreten hat, nachdem sein Ausbildungsbetrieb schließen musste. Der Inhaber fand einfach keinen Nachfolger. Vetter will helfen – mit Taten und Worten und bei Regen, Schnee oder in der prallen Sonne. Er wünscht sich, dass seine Hilfe und die seiner Kollegen auf den Wertstoffhöfen angenommen wird.
Immerhin auf dem Trittbrett des Müllwagens, auf dem der Dingelsdorfer drei Tage die Woche steht, wird er meistens angelächelt. Während der Arbeit winken und grüßen ihn viele Menschen. Besonders die Freude und Faszination von Kindern, die den Müllwagen sehen, seien immer ein kleiner Höhepunkt im Berufsalltag. Manchmal höre er auch ein „Danke“. Hin und wieder sei Zeit für einen kurzen Plausch. „Was ich tue, hilft den Menschen. Das gibt mir schon einen kleinen Ego-Boost“, sagt der 31-Jährige.
Kollege während der Arbeit umgefahren
Während sich mancher über die Männer in leuchtendem Orange freuen können, werden die Müllwerker von anderen – trotz der auffälligen Arbeitskleidung – übersehen. Das sei vor allem in Fahrradstraßen der Fall, erzählt Vetter. Radfahrer nähmen wenig Rücksicht und mit rauschten hohem Tempo an den sperrigen Müllwagen vorbei. „Ein Arbeitskollege wurde schon mal über den Haufen gefahren“, erinnert sich der Dingelsdorfer.
Beim ihm habe es auch schon ein paar mal fast „geklatscht“ – vor allem im Stadtteil Paradies. Die meisten Radfahrer würden dann eine kurze Entschuldigung zurufen, doch Vetter wünscht sich, dass dies gar nicht erst nötig wäre. Schließlich könnte ein Müllwagenfahrer auch sie erfassen. „Einige scheinen einen Unfall durchaus in Kauf zu nehmen“, sagt Vetter. In diesen Momenten wünsche er sich einfach etwas mehr Geduld und Vorsicht im Verkehr.

Platzverweise und Gebrüll auf den Wertstoffhöfen
Mehr Rücksicht und Respekt wünscht er sich auch auf den Wertstoffhöfen in Litzelstetten, der Gartenstraße und direkt bei den Entsorgungsbetrieben im Industriegebiet. Dort herrsche zeitweise ein rauer Ton vonseiten der Besucher. „70 Prozent sind nett und 30 Prozent machen Ärger“, schätzt Markus Vetter. Die häufigsten Streitthemen seien Gefahrstoffe, Bauschutt, Müllgebühren und Gewerbemüll.
Der 31-Jährige ist überwiegend auf dem Hof in der Fritz-Arnold-Straße im Einsatz. Dort gebe es seiner Erfahrung nach am meisten Ärger: Zu Beleidigungen, Gebrüll und Platzverweisen kam es schon. Etwa alle zwei Wochen müssen Vetter oder seine Kollegen jemanden vom Hof schmeißen. Reicht das nicht mehr aus, wird die Polizei gerufen. Vetter musste das bisher noch nicht tun, bei seinen Kollegen sei das aber schon vorgekommen.
Ein Vorfall ist dem Müllwerker in unguter Erinnerung geblieben: Ihm habe ein Besucher den Tod gewünscht, erinnert sich Vetter. Das geschah, als ein Vater mit seiner erwachsenen Tochter auf dem Hof Müll entsorgen wollte. Vetter musste die Annahme verweigern, worauf der Mann wütend wurde. Er wünschte Vetter einen schweren Unfall und fügte hinzu, dass er hoffe, dass dann niemand in der Nähe sei, um ihm zu helfen. Voller Scham und Wut habe die Tochter ihn anschließend vom Hof gezerrt.
Doch Vetter bringen derartige Situationen nicht aus der Fassung. „Ich habe ein dickes Fell und manchmal muss ich mir sogar ein Lachen verkneifen, wenn Leute sich furchtbar aufregen“, gesteht er. Die Argumente seien schließlich auf seiner Seite und er habe eigentlich auch immer einen Rat, wo Besucher ihren Müll entsorgen können, wenn er ausnahmsweise nicht auf dem Wertstoffhof abgegeben werden kann.

Doch auch auf dem Hof gibt es viele gute Momente
Zu besonders schönen Begegnungen kommt es, wenn Stammkunden auf den Hof kommen. Man kennt sich, es wird gescherzt. Ein regelmäßiger Besucher habe auch schon einmal eine Pizza oder eine Tüte Brezeln für Vetter und seine Kollegen mitgebracht, wie er erzählt. Dabei erwartet er das gar nicht. Selbst ein „Danke“ erwartet der Müllwerker nicht von jedem, der den Hof verlässt.
Er möchte lediglich, dass die Hofbesucher seine Hilfe annehmen und ihm vertrauen, wenn es um die Müllentsorgung geht. Schließlich machen er und seine Kollegen die Regeln nicht, sondern sind vor Ort, um bei der Einhaltung zu helfen. Wie damals, als er einen Tischler bei der Entsorgung von Holz korrigierte und der Handwerker daraufhin das gute Auge des 31-Jährigen lobte. Ein schönes Gefühl für Vetter, wenn seine Expertise geschätzt wird.