Die Stieleiche auf der Marktstätte hat zwischenzeitlich Gesellschaft bekommen. In die Erde oder in große Kübel gepflanzt wurden der heimische Feldahorn, aber auch die aus dem nördlichen Iran stammende kaukasische Flügelnuss, der persische Eisenholzbaum und der Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch, dessen natürliches Verbreitungsgebiet in China liegt.
Botanisch richtig multikulti wird es auf dem Bahnhofplatz, der gerade umgestaltet wird. Drei eigentlich in Nordamerika beheimatete Sumpfeichen, sieben japanische Schnurbäume, drei Kobushi-Magnolien, die vor allem in Japan und Südkorea vorkommen, und zwei Blauglockenbäume, die ursprünglich aus Südost-Asien stammen, wurden im vergangenen Jahr gepflanzt und grünen jetzt bereits.
Wo bleibt die deutsche Eiche?
Heimische Bäume suchen Spaziergänger am Bahnhofplatz, dessen Umbau im Herbst 2025 abgeschlossen sein soll, vergeblich. Warum werden an diesem Standort Exoten bevorzugt? „Der Bahnhofplatz ist auf Grund seiner Funktionen und Lage ein ausgesprochener Extremstandort für die zu pflanzenden Bäume“, antwortet die Pressestelle der Stadt Konstanz auf SÜDKURIER-Anfrage. „Aus diesem Grund haben wir Baumarten ausgewählt, die mit den schwierigen Bedingungen voraussichtlich gut zurechtkommen.“
Es handle sich dabei um Arten, die fachlich aktuell als sogenannte Klimabäume empfohlen würden und die auch mit den anstehenden schwierigen Bodenverhältnissen zurechtkommen sollten. Zudem seien die Erfahrungen der Stadt mit verschiedenen Baumarten an unterschiedlichen Standorten im Stadtgebiet in die Entscheidung mit eingeflossen. „Der Einsatz von einheimischen Baumarten wurde geprüft und an diesem Standort als weniger geeignet verworfen“, so die Pressestelle.


Für das Neubaugebiet Marienweg in Litzelstetten und beim Bebauungsplan Wollmatingen hat die Stadt Pflanzlisten erstellt. Der Fokus liegt in diesen Stadtteilen aber auf heimischen Pflanzen. Warum werden dort solche Arten von sogenannten Klimabäumen nicht berücksichtigt?
„Die Standortverhältnisse in Wollmatingen und am Marienweg sind weniger extrem als am Bahnhofplatz“, erklärt die Pressestelle. Dort gebe es keine vergleichbar großen Verkehrsflächen, die Hitzebelastung sei geringer und auch die Bodenverhältnisse seien für die meisten Baumarten besser geeignet. „Daher können an diesen Standorten auch einheimische Arten gepflanzt werden“, so die Pressestelle.
Bauglockenbaum ist in der Schweiz verboten
Bei der Erwähnung des Blauglockenbaums wundern sich manche sehr. In der Schweiz wurde er nämlich im Jahr 2024 in die Freisetzungsverordnung aufgenommen, weshalb Verkauf, Verschenken oder Einfuhr als „invasive gebietsfremde Pflanze“ verboten ist.
In Deutschland wird er vom Bundesamt für Naturschutz derzeit „als potenziell invasiv eingestuft“ und steht auf der sogenannten Grauen Liste, das heißt, dass seine Ausbreitung beobachtet wird. Invasive Arten – also Arten, die sich außerhalb ihrer Heimat ausbreiten – können einheimische Arten verdrängen und ökologischen Schaden anrichten.
War dies nicht bekannt oder warum hat sich die Stadt dennoch für den fragwürdigen Blauglockenbaum entschieden? „Es war bekannt, dass der Blauglockenbaum ein Neophyt (Anm.d.Red.: Arten, die von Menschen nach 1492 in Gebiete eingeführt wurden, in denen sie natürlicherweise nicht vorkamen) ist, der in anderen Teilen von Europa als invasive Art gilt“, antwortet die Pressestelle der Stadt auf Nachfrage.
„Nach der aktuellen wissenschaftlichen Forschung gibt es in Deutschland kein begründetes Invasivitätsrisiko und auch in Konstanz breiten sich die vorhandenen Blauglockenbäume nicht unkontrolliert aus.“ Es gebe in den Wäldern in Konstanz gelegentlich ausgesamte Exemplare auf Lichtungen, die aber alle im Laufe ihres Wachstums durch die heimischen Baumarten verdrängt würden.
Der Verdächtige hat Vorzüge
Stattdessen gebe es viele Vorzüge. „Der Blauglockenbaum ist eine Klimabaumart, die ausgesprochen gut mit trockenen und sich stark aufheizenden Standorten zurechtkommt und zuverlässig in kurzer Zeit eine große Krone ausbildet, die Schatten spendet“, erläutert die Pressestelle. Außerdem biete die Baumart mit ihren auffälligen Blüten und dekorativen, großen Blättern ein attraktives Erscheinungsbild.
„Am Bahnhofplatz wurden bewusst verschiedene Baumarten gepflanzt, um auf der einen Seite ein abwechslungsreiches Bild auf dem langgezogenen Platz zu erzielen und auf der anderen Seite bei möglichen Ausfällen einzelner Baumarten, beispielsweise durch neu eingeschleppte Schädlinge nicht den gesamten Baumbestand zu verlieren“, erklärt die Pressestelle weiter.