Ein restriktiver Kurs zur Eindämmung von Auswüchsen in der Konstanzer Party-Szene ist mit der Mehrheit der Stadträte in dem für dieses Thema zuständigen Gemeinderatsausschuss nicht zu machen. Der Vorschlag zur Personalaufstockung beim Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) wurde ebenso abgelehnt wie eine Ausdehnung des Musik- und Trinkspielverbots im öffentlichen Raum.

Konkret heißt das: Man lässt‘s in der bevorstehenden Freiluft-Partysaison laufen wie bisher, gegen Ende des Jahres soll dann die Entwicklung genauer analysiert werden.

Uli Burchardt, Oberbürgermeister: „Es ist naiv zu glauben, dass wir mit Mitteln der Prävention ans Ziel kommen. Es geht hier um ...
Uli Burchardt, Oberbürgermeister: „Es ist naiv zu glauben, dass wir mit Mitteln der Prävention ans Ziel kommen. Es geht hier um eine harte polizeirechtliche Konfliktsituation.“ | Bild: Lukas Ondreka

Die Mehrheit des Ausschusses vertritt damit eine andere Position als Oberbürgermeister Uli Burchardt, der in einem eindringlichen Beitrag vor der naiven Hoffnung eines mittels Prävention zu lösenden Problems warnte. Für ihn handelt es sich um „eine harte polizeirechtliche Konfliktsituation“, bei der man sich nicht über den Umweg verfassungsrechtlicher Bedenken aus der kommunalpolitischen Verantwortung stehlen dürfe.

Seiner Wahrnehmung zufolge lässt sich das Problem außerdem längst nicht mehr auf die Vorkommnisse auf dem Herosé-Gelände mit Beschwerden von Anwohnern wegen der Lärmbelästigung eingrenzen. „Da fahren Radler vorbei und die sagen, dass es das ja wohl nicht gibt, was die Stadt hier duldet“, so fasste der OB die Außenwirkung zusammen.

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Nichts zu tun sei für ihn deshalb keine Option, weshalb er den Antrag der CDU auf eine Aufstockung des KOD um zwei auf insgesamt 7,5 Stellen befürwortete. Ferner plädierte er für ein Musik- und Trinkspielverbot von 22 bis 6 Uhr, wobei er sich bei beiden Vorschlägen der rechtlichen Fallstricke bewusst ist.

Allerdings führe ohnehin nur eine Mehrfachstrategie zu einer Lösung, bei der der OB die Verbote und die verstärkte Präsenz von KOD-Mitarbeitern als zwingend erforderliche Teile einer Gesamtstrategie versteht. So erhofft er sich allein von der Präsenz der Ordnungskräfte eine disziplinierende Wirkung, auch wenn der KOD nur über beschränkte Kompetenzen verfüge und im Zweifel die Polizei zu Hilfe heranziehen müsse.

Muss man „Beer-Pong“ tolerieren?

Das sehen insbesondere Till Seiler von der Freien Grüne Liste (FGL) und Simon Pschorr (Linke Liste Konstanz, LLK) anders. Der FGL-Stadtrat befürchtet durch den Ausbau des KODs eine weitere Aushöhlung des polizeilich-staatlichen Gewaltmonopols. Durch eine Ausweitung des Musik- und Trinkspielverbots sieht er wegen des Rechts auf die individuelle Entscheidungsfreiheit außerdem das Gemeinwohl gefährdet.

Till Seiler, Stadtrat der FGL: „Man kann von Beer-Pong halten, was man will, und manche Menschen sind eben einfach bescheuert. ...
Till Seiler, Stadtrat der FGL: „Man kann von Beer-Pong halten, was man will, und manche Menschen sind eben einfach bescheuert. Aber wir können da nicht mit Verboten agieren, sondern müssen das tolerieren.“ | Bild: DELIGHT RENTAL SERVICES GmbH

Seiner Meinung nach könne man persönlich beispielsweise ein Spiel wie „Beer-Pong“ ablehnen, aber darüber zu urteilen oder Maßregelungen zu treffen, könne nicht Sache der Politik sein. „Das mag eine bescheuerte Verhaltensweise sein“, so Till Seiler, „aber so etwas müssen wir tolerieren.“

Simon Pschorr pflichtete seinem Ratskollegen von der FGL mit juristischen Hinweisen bei. Ein Paradebeispiel für die Aushöhlung des Gewaltmonopols ist für den LLK-Stadtrat der erst jüngst verhandelte Fall von Samba B. vor dem Konstanzer Amtsgericht, bei dem die Übergriffigkeit von Security-Kräften aus möglicherweise rassistischen Motiven zur Sprache kam.

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Auch beim KOD bewege man sich rechtlich in einer Grauzone und beim Trinkspielverbot handle es sich faktisch um ein Alkoholverbot, das wiederum nur unter sehr speziellen Voraussetzungen erlassen werden dürfe. In der Praxis müsse für ein solches Verbot der Nachweis eines Zusammenhangs zwischen einer Ordnungswidrigkeit und dem Alkoholkonsum vorliegen.

Roger Tscheulin, der für die CDU den Antrag für die Aufstockung des KOD-Personals und das Musik- und Trinkspielverbot begründete, wünschte sich für die Situation der Anlieger von Simon Pschorr eine ähnlich ausführliche Expertise. „Die Anwohner sind verzweifelt“, erläuterte Roger Tscheulin, „und der Gemeinderat sollte sich ihren berechtigten Interessen stellen.“

Roger Tscheulin, Stadtrat der CDU: „Wir dürfen die Anwohner nicht vergessen. Es geht nicht um die Herstellung einer Friedhofsruhe, ...
Roger Tscheulin, Stadtrat der CDU: „Wir dürfen die Anwohner nicht vergessen. Es geht nicht um die Herstellung einer Friedhofsruhe, sondern um die berechtigte Nachtruhe von Menschen, die ein paar Saufköpfe – so muss man sie bezeichnen – stören.“ | Bild: privat

Für den CDU-Stadtrat handelt es sich dabei um eine hoheitliche Aufgabe der Stadt ähnlich wie bei der Regulierung der Parkordnung mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten. Außerdem hat er – ähnlich wie der OB – die Hoffnung auf Erfolge durch Prävention verloren, wobei die Probleme längst auch andernorts festzustellen seien. „Mit Streicheleinheiten“, so der CDU-Stadtrat, „kommen wir nicht mehr weiter.“

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