Prekär.“ „Katastrophal.“ „Heikel.“ Konstanzer Sportler und Funktionäre wählen drastische Worte, wenn sie auf die Hallensituation in ihrer Stadt angesprochen werden. Vor allem jetzt, da mit dem Einzug der kälteren Jahreszeit das Treiben weitgehend ins Innere verlagert wird, beginnt das traditionelle Hauen und Stechen oder Feilschen um freie Zeiten.
„Der Verteilungswettkampf läuft längst“, sagt Martin Müller, seit vergangener Woche neuer Vorsitzender des Stadtsportverbandes. Und dann fügt er noch einen Satz hinzu, bei dem so manchem Sportler Angst und Bange werden könnte: „Die fetten Jahre sind vorbei.“
Was Müller damit ausdrücken will, unterstreicht Frank Schädler, Leiter des Amtes für Bildung und Sport: „Wir bestätigen und anerkennen, dass es einen Engpass bei den Sporthallen für Schulen und Vereine gibt. Die Stadt Konstanz hat hier ein Defizit.“ Er wählt ein alltägliches Beispiel, um die vertrackte Situation plastisch darzustellen: „Sporthallen sind wie Kellerräume: Irgendwann sind sie alle voll. Egal, wie viele du davon hast.“
Frank Schädler geht zurück ins Jahr 2000, um den Status Quo zu erklären. Damals sei die Hallenstruktur klar und eindeutig gewesen: zwei Großsporthallen (am Rheingut sowie in der Geschwister-Scholl-Schule), dazu die Schulsporthallen, die heute, teils in neuem Gewand, noch existieren. Die Hochschulhalle zählt er nicht hinzu, da offiziell weder Schulen noch Vereine darauf zurückgreifen können.
2003 ersetzte dann die Schänzlehalle die Rheinguthalle. In den Folgejahren bis 2020 kamen die Hallen Petershausen Jägerkaserne, Wollmatingen beim Schwaketenbad, Ellenrieder/Wallgut sowie Pestalozzi bei der Gesamtschule als weitere Angebote dazu.

Gleichzeitig wuchs die Stadt Konstanz in diesem Zeitraum um rund 12.000 Einwohner. „Die Gesamtsituation hat sich in diesen 20 Jahren also maßgeblich positiv verändert mit diesen höchstwertigen Hallen“, betont Frank Schädler.

„Rein rechnerisch fehlt eine Dreifach-Halle“
Patrick Glatt, als Stellvertreter Schädlers zuständig für den Sport im Amt, hat in einer wissenschaftlichen Abhandlung den Sportbericht 2020 verfasst: „Eine Erfassung der Ist-Situation der Konstanzer Sportanlagen für den Schul- und Vereinssport.“
Nach offiziellen Kriterien des Deutschen Sportinstituts kann man so anhand von Stundenplänen und Trainingseinheiten den exakten Bedarf ausrechnen. „Rein rechnerisch fehlen Konstanz eine Dreifachhalle oder drei Hallen, um das Schulproblem zu lösen“, erklärt er. „Beim Vereinssport ist es problematischer: Hier benötigen wir vier Hallen.“

In den kommenden Jahren stehen große Projekte an: Der Bau von Halle fünf als Anbau der schon jetzt aus Dreifach- und Einfachhalle bestehenden Schänzle-Arena soll im Frühjahr beginnen und 2024 fertig gestellt sein. Die Sporthalle neben dem Suso-Gymnasium, dort wo heute der Sportplatz ist, soll nach deren Fertigstellung im Jahr 2024 in Angriff genommen werden und ebenfalls in zwei Jahren beendet sein.

Anwohner haben hier allerdings nach Angaben der Verwaltung Einsprüche angemeldet. Laut Frank Schädler sind hier Realisierungswettbewerb sowie Beteiligungsverfahren geplant. „Wir wollen nichts gegen den Willen der Nachbarn erzwingen.“
Parallel zum Hallenneubau findet auch die Erweiterung des Schulgebäudes statt. „Damit wird dieses Projekt leichter, als wenn wir zweimal das Suso in Angriff nehmen müssten“, erklärt der Amtsleiter, der jedoch keine Zahlen nennen kann. „Dafür ist es noch zu früh“, sagt er.

Doch es werden auch weitere Hallen verschwinden. Die Turnhalle der Theodor-Heuss-Realschule fällt der Neugestaltung des Telekom-Hochhauses zum Opfer. Bis 2024 ist sie noch in Betrieb. Danach sollen die Schüler des „Theo“ sowie der neuen Gemeinschaftsschule die Petershauser Halle in der nahen Jägerkaserne nutzen.

Bereits im Sommer 2022 beginnt der Abriss der Zeppelin-Halle beim Berufsschulzentrum, das in den Folgejahren Stück für Stück komplett abgerissen und neu gebaut wird. Die Stadt beteiligt sich mit rund einem Drittel der Kosten und hat somit ein Zugriffsrecht auf die Halle – allerdings soll sie erst 2028 fertiggestellt sein. Die Wessenbergschule, so der Plan, zieht im selben Jahr ins Berufschulzentrum ein – die alte denkmalgeschützte Halle am Wessenberg steht auch danach weiterhin zur Verfügung.
Fakt ist also: „In den Jahren 2022 bis 2026 haben wir in Konstanz ein echtes Defizit bei den Sporthallen“, sagt Frank Schädler. „Nun sind wir beim Thema Belegungsoptimierung gefragt.“ Er würde sich darüber hinaus wünschen, dass Vereine enger mit Schulen zusammenarbeiten.
Patrick Glatt nennt Beispiele aus Hamburg oder Freiburg. „Hier betreiben Vereine im Rahmen einer Kooperation die sportlichen Aktivitäten in mehreren Kindertagesstätten und Schulen“, erklärt er. „Denn unterm Strich sind Schulkinder und junge Vereinssportler ja dieselben Personen.“ Die Umsetzung solcher Projekte könne man zwar nicht von heute auf morgen erwarten, „doch wir sind gerne hilfsbereit und unterstützen Vereine und Schulen dabei. Denn dabei würden alle Beteiligten profitieren“.
Im geplanten neuen Ortsteil Hafner ist eine Dreifach-Halle für eine weiterführende Schule geplant – es ist laut Frank Schädler allerdings noch nicht klar, ob Realschule, Gemeinschaftsschule oder Gymnasium. Die Grundschule Hafner erhält eine Einfach-Sporthalle.