Die Stadträte sind im Aufruhr. Ein Krisengespräch ist angesetzt. Im Vorfeld der Sitzung des Technischen und Umweltausschusses (TUA) treffen sich Verwaltung und Ratsmitglieder direkt vor Ort an der denkmalgeschützten Geschwister-Scholl-Schule – eine nichtöffentliche Veranstaltung. Heiß und kontrovers muss es zu- und hergegangen sein.

Diejenigen, die dabei waren, kommen sichtlich ermattet, manch einer sogar frustriert in den Sitzungssaal. Hier wird öffentlich über die Kostenexplosion debattiert. Dass die Sanierung der Bildungseinrichtung statt den veranschlagten 28,5 Millionen jetzt voraussichtlich satte 40 Millionen Euro kosten soll, kommt doch einem kleinen Erdbeben gleich.

Asbest im denkmalgeschützten Gebäude aus den 1970ern

Hochbauamtsleiter Thomas Stegmann seufzt: „Seit dem Jahr 2017 beschäftigen wir uns mit dem Projekt.“ Bereits seinerzeit wurde darüber debattiert, ob das Gebäude abgerissen werden sollte. Ging aber nicht, weil es unter Denkmalschutz gestellt wurde.

Kaum wurde mit den Arbeiten begonnen, wurde das erste große und teure Problem offenkundig: Asbest. Trotzdem ist es mit den Sanierungsarbeiten bei laufendem Schulbetrieb vorangegangen. Die letzte Kostenkalkulation, der der Gemeinderat mit seinem fortgeschriebenen Projektbeschluss zustimmte, belief sich auf 28,5 Millionen Euro. Dies war im Juli 2020 und schloss den Austausch der asbestbelasteten Innenwände ein.

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Wie kommt es zu der exorbitanten Kostensteigerung?

Eigentlich hätte die Kostenprognose des Hochbauamtes gepasst. Aber durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg seien die Baukosten um 31 Prozent in die Höhe geschnellt. Allein 7,1 Millionen Euro Mehrkosten seien der Teuerung zuzuschreiben. Hinzu kommen noch weitere Faktoren, die die Kosten in die Höhe trieben. Dass es vor der Sitzung im Hintergrund schon gebrodelt haben muss, wird deutlich, denn die Verwaltung rechnet vor, was ein Neubau gekostet hätte.

Arnold Hermann vom Hochbauamt spricht von 77 Millionen Euro bei einem Neubau, wenn man diesen zum selben Zeitpunkt wie die Sanierung begonnen hätte. „Die Sanierung ist die deutlich wirtschaftlichere Variante“, so Herrmann, zumal die Verwaltung damit rechnet, dass die Gesamtmaßnahme eine Förderung von sieben Millionen Euro erhalten könne. Noch zehn Bauabschnitte seien zu bewältigen. Die Fertigstellung im Jahr 2029 hält Thomas Stegmann für realistisch.

„Wir haben noch zehn Bauabschnitte. Fertigstellung in 2029 ist realistisch“, so Hochbauamtsleiter Thomas Stegmann.
„Wir haben noch zehn Bauabschnitte. Fertigstellung in 2029 ist realistisch“, so Hochbauamtsleiter Thomas Stegmann. | Bild: Kirsten Astor

Gemeinderäte fragen sich: Wo ist das Goldeselchen?

Manchen Gemeinderäten ist trotz der nachvollziehbaren Erklärungen bang. „Man erschrickt bei den Zahlen unwillkürlich“, bekennt Daniel Groß (CDU). Er denkt an das Baugebiet Hafner, für das auch eine Schule vorgesehen ist. Groß konkludiert alemannisch: „Dann brauchen wir einen Geldscheißer.“ Seiner Meinung schließt sich Verena Vögt (JFK) an, meint aber, eine Sanierung sei einem Neubau, der wesentlich mehr graue Energie verbauche, vorzuziehen, wenngleich „die Kostensteigerung nicht so erfreulich ist“.

„Für einen Neubau wäre mehr graue Energie verbraucht worden“, stellt Verena Vögt (JFK) fest.
„Für einen Neubau wäre mehr graue Energie verbraucht worden“, stellt Verena Vögt (JFK) fest. | Bild: Julian Vögt

Bei weiteren sechs Jahren Bauzeit fragt sich Alfred Reichle (SPD): „Ob das wirklich das Ende der Fahnenstange ist?“ Was ihn ebenfalls plagt: Es stehen noch weitere Schulsanierungen, Neubauten und Sporthallen an. „Wie sollen wir das alles unter einen Hut bringen?“, meint er. Die drastisch gestiegenen Sicherheitsauflagen, die mit hohen Kosten verbunden seien, stellt er in Frage.

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Kann an dieser Milchmädchenrechnung gespart werden?

Susanne Heiß (FW) spricht von einer „Milchmädchenrechnung“. „40 Millionen sind sicher nicht der Endstand. Wir wollten das Gebäude 2017 abreißen.“ Sie fordert: „Wir erwarten Einsparungen, schließlich sind es Steuergelder. Wir wollen Kostentransparenz.“ Sie will, dass das Thema auch im Gemeinderat behandelt wird.

Dies sagt Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn zu: „Sie entscheiden dann, ob die Maßnahme fortgeführt wird.“ Um Baustopp gehe es ihr nicht, kontert Heiß umgehend, lediglich um Transparenz, auch was eine kontinuierliche Information anbelange.

„Es geht uns nicht um einen Baustopp, sondern um Kostentransparenz“, stellt Susanne Heiß (FW) klar.
„Es geht uns nicht um einen Baustopp, sondern um Kostentransparenz“, stellt Susanne Heiß (FW) klar. | Bild: SK

„Die Mehrkosten nehmen wir mit Bedauern zur Kenntnis, wie beim Schwaketenbad. Wir sind hineingeschlittert worden“, stellt Holger Reile (LLK) fest. „Die Eckdaten waren klar, wir wurden informiert.“ Baustopp, Abriss, das sei alles Humbug. Es bleibe die „bittere Erkenntnis: Es ist, wie es ist“. Man könne höchsten nach Einsparmöglichkeiten schauen.

Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn will künftig jeweils einen Vertreter jeder Fraktion zum Bau-Jour-fixe einladen: „Damit haben sie einen tiefen Einblick und dann ist noch größere Transparenz hergestellt.“

Bau-Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn möchte durch regelmäßige Treffen die gewünschte Transparenz gewährleisten.
Bau-Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn möchte durch regelmäßige Treffen die gewünschte Transparenz gewährleisten. | Bild: Hanser, Oliver

Holger Reile stöhnt: „Und noch ein Ausschuss und noch einer… Für kleinere Fraktionen ist das langsam nicht mehr leistbar.“ Auch Daniel Hölzle (FW) will nicht über jedes kleine Detail diskutieren. Ihm ist mehr Professionalität wichtig, denn „so killen wir uns weitere wichtige Projekte“. Mit den 20 Millionen Mehrkosten „hätte man einiges machen können“.