Fest angeleint liegt das neue Flaggschiff der Stadtwerke-Flotte im Fährhafen von Konstanz-Staad. Geschäftiges Treiben herrscht an Bord: Die Arbeiter sind gerade unter anderem mit den Vorbereitungen beschäftigt, damit der zweite, riesige Antriebsmotor in die gasbetriebene Fähre eingebaut werden kann. Der erste der beiden Ungetüme wurde jüngst mit einem speziellen Kran auf das Schiff gehievt.

Bild 1: Land in Sicht! So geht der Ausbau der neuen LNG-Fähre in Konstanz voran
Bild: Rolls Royce

Im Fachjargon nennt man diesen Moment auch Hochzeit. „Das war ein spannender Moment auf dem Weg zu unserem neuen Schiff. Die Antriebsanlage wurde mithilfe eines großen Mobilkrans auf das Schiff gehoben und im Maschinenraum platziert“, erklärt Projektleiter Daniel Kirch von den Stadtwerken.

Daniel Kirch von den Stadtwerken Konstanz führt über die LNG-Fähre.
Daniel Kirch von den Stadtwerken Konstanz führt über die LNG-Fähre. | Bild: Timm Lechler

Ausgerichtet wurde das tonnenschwere Objekt dabei um einen Zehntelmillimeter genau im Maschinenraum. Dieser befindet sich selbstredend unter Deck. Hinein geht es in den Bauch des Schiffes...

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Bild: Timm Lechler

Hier wird an allen Ecken und Enden gearbeitet, zehn verschiedene Gewerke sind gerade gleichzeitig am Werk. „Wir sind relativ weit, was die Ausrüstung des Schiffs anbelangt“, sagt Christoph Witte, technischer Leiter der Stadtwerke-Fähren, bei einem Pressetermin auf dem Schiff.

Christoph Witte ist technischer Leiter der Stadtwerke-Fähren.
Christoph Witte ist technischer Leiter der Stadtwerke-Fähren. | Bild: Timm Lechler

„Das Isoliermaterial ist angebracht, die Konservierung ist durchgehend aufgebracht, wir kommen gut voran.“ Überall wird gewerkelt. Der Weg durch den Bug des Schiffes erfolgt auf der Stahlkonstruktion oder Holzplanken. Einen Fußboden gibt es nicht, an einer Stelle muss sogar geklettert werden.

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Bild: Timm Lechler

Bei dem Motor handelt es sich um einen mobilen Gasmotor der MTU-Baureihe 4000 mit einer Leistung von 746 Kilowatt. Gefertigt wurden die Motoren bei Rolls-Royce Power Systems beziehungsweise bei MTU in Friedrichshafen. Laut Tobias Kohl, Leiter der Marine-Anwendungstechnik bei Rolls-Royce Power Systems, sei die Performance mit der eines Dieselmotors vergleichbar.

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Bild: Timm Lechler

Technisch gesehen gibt es jedoch einige Unterschiede. So handelt es sich bei dem Antrieb beispielsweise nicht um ein Selbstzünderprinzip, sondern um einen Otto-Motor: Dabei wird die Zündung durch eine Zündkerze herbeigeführt.

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Verbunden ist der Motor mit dem Propeller-Raum. Von dieser Konstruktion sieht man jedoch nur die obere Hälfte, die anderen 50 Prozent befinden sich unterhalb des Schiffes im Wasser. Der sogenannte Voith-Schneider-Propeller bildet dabei gleichzeitig das Ruder sowie den Antrieb, der das Schiff vorwärts bringt.

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Bild: Timm Lechler

Ein wesentlicher Unterschied zum dieselbetriebenen Schiff ist die deutlich komplexere Betankungsanlage. Betankt wird das neue, noch namenlose Fährschiff, das zukünftig auf dem Bodensee zwischen Meersburg und Konstanz verkehren soll, mit verflüssigtem Erdgas (LNG). Wenn Bio-LNG, als Flüssiggas, das aus natürlichem Methan kommt, eingesetzt wird, könne die Fähre laut Angaben der Stadtwerke klimaneutral betrieben werden.

Erstmals befüllt werden sollen die Tanks im Januar 2023. Eine komplette Tankfüllung von 12 Kubikmeter Gas reicht laut Angaben der Stadtwerke für den Fährbetrieb einer Woche aus, ähnlich wie bei der restlichen Flotte. Das Flüssiggas lagert dabei bei unter minus 160 Grad Celcius in den Tanks. Die massiven, riesigen Behälter kühlen dabei so stark ab, dass sie um 2,5 Zentimeter zusammenschrumpften.

Derzeit ist der Tank, in den zukünftig das LNG gefüllt werden soll, noch mit einer Plane abgedeckt.
Derzeit ist der Tank, in den zukünftig das LNG gefüllt werden soll, noch mit einer Plane abgedeckt. | Bild: Timm Lechler

Auch der Innenausbau der Fahrgasträume auf dem Oberdeck hat begonnen. Auf dem Boden kann man bereits Markierungen sehen, auf denen künftig ein Tresen stehen soll. Auch die Fenster sind bereits eingebaut, das Beleuchtungssystem soll bald kommen. Auf der Fähre wird es Platz für ungefähr 60 Autos und knapp 700 Passagiere geben.

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Bild: Timm Lechler

Auf dem Fahrbahndeck lagern jede Menge Materialien wie Metallstangen, Dämmmaterial, Rohre und Hölzer.
Insgesamt werden auf dem Schiff bis zur Fertigstellung 42 Kilometer Rohrleitungen und 68 Kilometer Kabel verlegt. Die Kabel bereiten aktuell noch Sorgen: Es fehlen 15 Prozent und die Lieferengpässe machen Probleme.

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Bild: Timm Lechler

Doch das gesamte Projekt hatte so seine Schwierigkeiten. So bauen die Stadtwerke Konstanz seit März 2022 das Fährschiff in Eigenregie mit Unterstützung durch das Ingenieurbüro Technolog Services zu Ende. Denn die zuvor damit betraute Hamburger Werft Pella Sietas war im Juli des vergangenen Jahres in die Insolvenz gerutscht. Die Folge war ein längerer juristischer Prozess mit der Insolvenzverwaltung. Mehrere Monate herrschte deshalb Stillwand auf der Baustelle, das Schiff rostete im Hafen von Staad vor sich hin.

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Bild: Timm Lechler

Doch nun geht es wieder voran. „Wir liegen mit den Arbeiten wieder im Plan, so dass das Schiff nach jetzigem Stand Anfang 2023 in die Erprobung gehen kann“, sagt Christoph Witte. Er stellt jedoch klar: „Auch uns stellen Lieferengpässe durch Corona und die weltpolitische Lage vor Herausforderungen, bisher ist es uns jedoch gelungen, dies durch aktives Projektmanagement auszugleichen.“

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Bild: Timm Lechler

Insgesamt wird die Fähre ein teures Unterfangen für die Stadtwerke: 24,7 Millionen soll das Prestige-Projekt kosten – zumindest rechnet das städtische Unternehmen zum aktuellen Zeitpunkt damit, diese Gesamtkosten halten zu können.

Ursprünglich war ein Budget von knapp 20 Millionen Euro für das neue Schiff veranschlagt worden. Verkehren sollte es eigentlich schon seit dem Jahr 2019, die Anfänge der Planung reichen bereits acht Jahre zurück. Nun scheint bei dem Problemkind endlich Land in Sicht.

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