Wenn die Masken fallen, und zwar nicht die Fasnachtsmasken, sondern die nun für den Besuch im Lebensmittelmarkt und für die Nutzung des ÖPNV nötigen FFP2- oder OP-Masken, dann werden Sie einige Arbeitskollegen und Bekannte ganz neu kennenlernen.
Im Internet geht‘s schon los, da zeigen sich erste (ehemalige) Bartträger ohne das, was sie vorher als Bartpracht empfanden, und ich muss sagen, sie sehen sehr verwandelt aus. Fast niedlich, nackt, vor allem aber eines: um Jahre jünger als mit Bart.
Wer jetzt noch Bart trägt, ist nicht mehr in erster Linie Hipster, sondern privilegiert: offensichtlich jemand, der weder den ÖPNV nutzen muss noch den Lebensmitteleinkauf selbst erledigt.
Nur Stubenhocker dürfen noch Vollbart tragen
Oder aber er ist, wie ein Bekannter von mir, der in Köln lebt, einfach sehr stur und lässt sich alles liefern, was er aus dem Supermarkt braucht. „Bevor ich meinen Bart abnehme, verlasse ich das Haus nicht mehr!“, rief dieser Enddreißger neulich empört ins Telefon, nachdem ihn die Polizei vor einem lokalen Supermarkt unmissverständlich darauf hingewiesen hatte, dass er mit seinem Bart unter der Maske den Regeln nicht genüge, und dass dies Konsequenzen haben könne.
Nun trägt jener Mann aus Köln beileibe keinen ausgewachsenen Hipsterbart, sondern eher eine 10-Tage-Bart Version, aber da sogar Drei-Tage-Bärte für die Wirkung der FFP2- und OP-Masken schädlich seien sollen, müssen jetzt wahrscheinlich etliche überzeugte Bartträger ziemlich tapfer sein.
An dieser Stelle hätte ich eine Bitte an die Herren: Auch wenn es noch erlaubt ist unter den Pandemieregeln, bitte legen Sie sich nicht alle einen Schnauzer zu! Fast niemand außer Tom Selleck alias Magnum sieht mit einem Schnauzer gut aus, abgesehen natürlich vom Chef der Konstanzer Lokalredaktion.
Um die Hipsterbärte bin ich aus höchst subjektiver Frauensicht nicht traurig, und alles zwischen glatt rasiert und 7-Tage-Bart finde ich schick, aber Oberlippenbärte sind, wie soll ich sagen, so mitten im Gesicht. Und diese Ziegenbärte auf dem Kinn, direkt unterhalb der Lippen, die braucht die Welt meiner Meinung nach auch nicht.
Geht der Trend denn nun zum Schnauzer?
Doch auch sie sind mit FFP2-Maske weiterhin tragbar – wenn es also unbedingt ein Bart sein muss, dann bitte lieber das Ziegenbärtchen als einen Schnauzer, können wir uns darauf einigen?
Zur Untermauerung des Gesagten möchte ich Ihnen nicht verschweigen, dass vor ein paar Wochen nahezu meine komplette Fraktion, als wir via Internet tagten, einen Lachkrampf bekam, weil zwei langjährige Mitglieder unseres Vereins sich wegen irgendeiner Wette hatten Schnauzer wachsen lassen und damit vor den Kameras saßen.
Die beiden trugen es mit Fassung und lachten mit, was aber nur ging, weil die Aktion insgesamt eher scherzhaft gemeint war. Falls Sie also ernsthaft einen Schnauzer tragen wollen, werde ich versuchen, nicht zu lachen, und ganz hart an meiner Toleranz arbeiten.
Aber eins ist klar – sollte also der Schnauzer statt des Hipsterbartes zukünftig im Straßenbild dominieren, dann wird das Unglaubliche geschehen: Ich werde dem Hipsterbart nachtrauern. Das Leben hält immer wieder Überraschungen für einen bereit.