Am Infostand vom Rhine Cleanup im Herosépark, dort war Ausgangs- und Koordinationspunkt, herrscht reger Trubel: Ein paar Gruppen sind schon am Hinausströmen, die Leute organisieren sich, sprechen sich ab, wer wo beginnt, werden von den Helfern mit Eimern und Mülltüten ausgerüstet. Einige haben eigene Greifzangen und Handschuhe mitgebracht, Greifzangen können jedoch auch am Infostand ausgeliehen werden.
Anne Mone Sahnwaldt watet bereits im kleinen Bach im Herosépark und durchforstet ihn mit einem Schöpfer, der an einem langen Bambusstiel befestigt ist. Währenddessen erklärt sie, warum: „Weil ich immer wieder mitkriege, dass am Rhein ziemlich viel Dreck liegt.“ Schnell wird klar, wie sie das mitkriegt: Sie ist Mitglied im Kanuclub Konstanz und somit oft am und auf dem Rhein unterwegs.
Bekleidet ist sie mit Wasserschuhen und Sonnenkappe, mit anderen Mitgliedern vom Kanuclub wird sie später auf dem Rhein paddeln, um vom Kanu aus auch den Rheinboden zu säubern. Dafür gibt es starke Magnete, die dann mithilfe eines Seils oder einer Kette Metallteile sammeln und hochgezogen werden. Auch an den Treppen gehen Freiwillige ins Wasser und befördern so zum Beispiel viele Kronkorken ans Tageslicht.
Kronkorken, Zigarettenstummel und Scherben
Marius Albeser und Stacy Yee machen sich auf und sind hochmotiviert: „Weil es einfach eine tolle Sache ist, zur Sauberkeit beizutragen. Der Müll landet irgendwann im Meer, das wollen wir verhindern.“ Mitorganisator Janis Baur findet den Zulauf von so vielen Interessierten toll: „Das freut uns natürlich sehr.“ Es sei etwas schwer einzuschätzen, wie viele Menschen tatsächlich dem Aufruf folgen, da manche früher gehen oder später dazukommen.
Der Arbeitskreis geht am Ende des Tages von rund 100 Freiwilligen aus. Janis Baur erklärt, dass sich inzwischen Menschen am gesamten Bodenseeufer am Rhine Cleanup beteiligen, auch an Nebengewässern des Rheins. „Wir konzentrieren uns auf Kronkorken, Zigarettenstummel und Glasscherben“, erklärt der Mitorganisator.
Warum gerade dieses Material? „Wir sammeln die auf wegen der vielen Probleme“, sagt Janis Baur. Kronkorken und Scherben stellen eine besondere Verletzungsgefahr dar: „Ich kenne Leute mit Narben an den Füßen von den Kronkorken“, sagt Janis Baur. Kinder könnten Glasscherben aufheben wollen und sich daran schneiden.
Warum Rhine Cleanup – und nicht Seeputzete?
Schlimm seien auch Zigarettenstummel, stellt Baur fest. Jährlich würden 4,5 Millionen Kippen weggeworfen, deren Filter 4800 Substanzen enthielten, von denen 90 giftig und krebserregend seien. Sie bestünden aus Cellulose-Azitat, ein Kunststoff, der wie andere Kunststoffe, wie zum Beispiel Plastik, sehr lange in der Zersetzung brauche, in Salzgewässer ungefähr 100 Jahre. Das Mikroplastik gelange durch das Wasser irgendwann in unsere Nahrung und sei auch als unsichtbare Mikropartikel in der Luft unterwegs.
Auch Kronkorken enthalten neben Weißblech Kunststoff. „Weißblech und Glas können weiterverwendet werden, so kann man Material sparen“, ist Uwe-Siegfried Aschenbrenner der Ansicht, ebenfalls Mitorganisator. Er blickt auf Fragen von Konstanzern, weshalb die Müllsammelaktion nicht Seeputzete heißt. Beim Rhein Cleanup handele sich um eine länderübergreifende Aktion an vielen Orten am Rhein. Derzeit beteiligten sich sechs Staaten.
Bei der Aktion am Samstag helfen Jung und Alt mit: Vater Thomas Betzler mit Sohn Timo sind fleißig dabei, Weggeworfenes aufzusammeln. Sie tragen Handschuhe und haben eine Greifzange dabei. Sohn Timo ruft fasziniert, aber auch ein wenig ärgerlich aus: „Man kann an einer Stelle bleiben und findet 1000 Sachen.“ Die Freiwilligen stoßen an diesem Tag am und im Wasser auch auf Kuriositäten, die vor dem Infostand am Herosépark gesammelt werden.

Nach nur wenigen Minuten des Sammelns ist der entsprechende Karton bereits fast voll. Marianne Fürth ist jene, die einen Toilettenpapierspender in einem Busch findet. „In den Büschen ist es sehr interessant, da wird man nicht fertig. Wahnsinn“, sagt sie. Andere Müllsammler hätten dort zum Beispiel einen Fahrradkorb und, vermutlich wenig überraschend, eine Wodkaflasche gefunden.
Marianne Fürth sagt, dass ihr Blick nun geschärft sei. Eigentlich wollte sie noch auf der Seite gegenüber dem Herosépark Müll sammeln. Doch sie komme gar nicht voran, weil sie ständig weiter achtlos weggeworfene Gegenstände findet. Noch drei Stunden Müllsammeln, und dann werden sich alle wieder am Infostand treffen, um das Tageswerk zu besichtigen. Vor allem aber, um den Müll zu trennen. Am Ende kommen rund 325 Kilogramm Müll zusammen, schreiben die Organisatoren auf ihrem Facebook-Account.