Wenn Jürgen Maus von seinem Büro in der Wollmatinger Straße auf die andere Straßenseite schaut, wird er ein bisschen traurig. Dort befinden sich zwei Häuser. Ein rotes „Hexenhäuschen“, wie er es nennt, und ein Mehrfamilienhaus. Sie stehen leer. Schon seit fast drei Jahren.

Die Häuser gehören seiner Firma: Maus&Werner Immobilien. „Eigentlich war geplant, dass wir dort einen Neubau errichten, mit zehn modernen Wohnungen. Dringend benötigter Wohnraum in Konstanz. Aber das wird nicht passieren“, sagt Maus. Denn es gibt einen Haken: Die Häuser stehen auf einem Erbbaurecht-Grundstück der Spitalstiftung Konstanz.

Die Erbpacht an sich, so wie die alten Häuser jetzt auf dem Grundstück stehen, sei nicht so hoch. Aber sobald er neu und höher darauf bauen würde, würde sich der Erbpachtvertrag erneuern. Denn der Zinssatz richte sich sowohl nach dem aktuellen Bodenrichtwert als auch der Ausnutzung des Grundstücks sowie der Lage.

Jürgen Maus von Maus&Werner Immobilien hat vor drei Jahren zwei Häuser in der Wollmatinger Straße gekauft. Sie stehen auf ...
Jürgen Maus von Maus&Werner Immobilien hat vor drei Jahren zwei Häuser in der Wollmatinger Straße gekauft. Sie stehen auf Erbpacht-Grundstücken der Spitalstiftung. Die Erbpacht, die bei einer neuen Bebauung fällig wird, erschwert es, Käufer für die Eigentumswohnungen zu finden. | Bild: Kerstin Steinert

Das Angebot für den neuen Vertrag zum Erbbauzins, den Maus hätte bezahlen müssen, beliefe sich laut seiner Aussage bei einer Laufzeit von 60 Jahren auf über 33.000 Euro pro Jahr. „Der Käufer müsste bei einer 80 Quadratmeter-Wohnung monatlich zusätzlich 249 Euro zahlen“, rechnet Maus vor. Zu viel für Kaufinteressenten, einer nach dem anderen sei abgesprungen. „Das hat uns eiskalt erwischt“, sagt er.

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Jürgen Maus ist sauer auf die Spitalstiftung. „Wenn die Spitalstiftung die Erbpacht auf ein normales Maß zurückschrauben würde, wäre das anders. Oder wenn die Stiftung unser Kaufangebot für das Grundstück angenommen hätte“, sagt Maus. Er legt eine Mail aus dem Jahr 2023 an die Spitalstiftung vor, wo er 900.000 Euro für das Grundstück geboten habe. Aber zu einem Kauf sei es nicht gekommen.

Grundstücke sind Kapitalanlagen

Die Spitalstiftung Konstanz verwaltet zurzeit über 440 Erbpacht-Verträge in Konstanz und der Schweiz. Wolle ein Käufer der Stiftung ein Grundstück abkaufen, sei die Zustimmung des Stiftungsrates obligatorisch, erklärt die Pressesprecherin der Stiftung, Sabine Schilling.

Für die Spitalstiftung spielen die Grundstücke eine wichtige Rolle, so Schilling. Der laufende Betrieb der Pflegeeinrichtungen werde damit finanziert, genauso wie Bauvorhaben und Sanierungsmaßnahmen. Zwei dieser Bauvorhaben sind das neue Pflegeheim im Weiherhof und die Personalwohnungen im Sierenmoos.

„Die Einnahmen aus den Erbbauzinsen spielen eine wichtige Rolle für die Finanzierung verschiedener Projekte und Einrichtungen der ...
„Die Einnahmen aus den Erbbauzinsen spielen eine wichtige Rolle für die Finanzierung verschiedener Projekte und Einrichtungen der Spitalstiftung Konstanz“, sagt Sabine Schilling, Pressesprecherin der Stiftung. | Bild: Spitalstiftung Konstanz

Zinsen steigen weiter

Den sozialen Anspruch, den die Spitalstiftung angibt, kauft Hans-Joachim Wilde der Institution nicht ab. „Die Gemeinnützigkeit ist doch fadenscheinig“, sagt er in aller Deutlichkeit. Wilde wohnt im Sierenmoos in einem der alten Reihenhäuser aus den 1920er-Jahren. In den 1990er-Jahren hat er das Haus gekauft, es steht aber auf dem Grund und Boden der Spitalstiftung. „Anfänglich haben wir so 200 Mark gezahlt, jetzt sind wir bei knapp 500 Euro im Monat“, sagt er.

(Archivbild 2021) Im Sierenmoos stehen wunderschöne kleine Reihenhäusern, die in den 1920er-Jahren gebaut wurden. Sie stehen alle auf ...
(Archivbild 2021) Im Sierenmoos stehen wunderschöne kleine Reihenhäusern, die in den 1920er-Jahren gebaut wurden. Sie stehen alle auf Grundstücken der Spitalstiftung Konstanz. | Bild: Michael Buchmüller

Aber er schätzt sich noch glücklich. Ein paar Häuser weiter sei vor Kurzem ein Reihenhaus zum Verkauf gestanden. Sein Sohn hatte es sich angeschaut und hatte Interesse, es zu kaufen. Aber als der Sohn hörte, wie hoch die Erbpacht sein würde, verebbte das Interesse schlagartig. „Ihm wurde gesagt, die Pacht beläuft sich auf 15.000 Euro im Jahr“, sagt Wilde. Auf den Monat umgerechnet sind das 1250 Euro.

Höhere Zinsen bei neuem Vertrag

Die Spitalstiftung bestätigt, dass neue Verträge im Sierenmoos oft höhere Erbbaurechtzinsen beinhalten. „Ältere Verträge haben oft niedrigere Zinsen, weil sie zu einer Zeit abgeschlossen wurden, als die Bodenwerte noch deutlich niedriger waren als heutzutage“, sagt Schilling. Bei neueren Verträgen sehe es anders aus. „Hier sind die Erbbauzinsen oft höher, weil die Bodenrichtwerte in Konstanz in den letzten Jahrzehnten sehr stark gestiegen sind“, erklärt sie. Die Folge: Der Erbbauzins in Neuverträgen sei höher.

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Der Erbpacht-Vertrag von Wilde läuft noch bis 2042. Danach könnte er den Vertrag verlängern. Normalerweise würde die Stiftung das tun, sagt Schilling. Falls das nicht erwünscht sei, gehe das Haus automatisch an die Stiftung. Der Eigenheim-Besitzer erhalte dann zwei Drittel des aktuellen Verkehrswertes. Heimfall wird dieser juristische Vorgang genannt. „Meine Kinder sollen davon Gebrauch machen“, sagt Wilde. Wenn allerdings viele davon Gebrauch machen, wird es finanziell schwierig für die Stiftung.

Auch Jürgen Maus hat nun einen neuen Plan, wie er seine Häuser nutzen kann, ohne eine erhöhte Erbpacht zahlen zu müssen. „Wir werden in den Wohnungen Zimmer für Studenten herrichten“, sagt er. In das kleine rote Hexenhaus nebenan zieht er vielleicht mit seinem Unternehmen selbst ein. „Es gehört uns ja immerhin“, sagt er.