Mit dem Sicherheitsempfinden ist es wie mit der gefühlten Temperatur. Beide sind subjektiv. Nach der Häufung von Straftaten vor allem im Bereich Herosé/Petershausen in den vergangenen Wochen konnte sich das Gefühl aufdrängen, Konstanz habe ein Problem mit stark ansteigender Kriminalität. Doch das Polizeipräsidium sagt: Stimmt nicht!
Gleiches Niveau wie im vergangenen Jahr
Zwar könne erst die polizeiliche Kriminalstatistik korrekte Zahlen für das Jahr 2022 sowie den Vergleich mit 2021 liefern – und die kommt zum Jahreswechsel 2022/2023 –, tatsächlich dürfte sich die Kriminalität laut Polizeisprecher Dieter Popp allerdings in etwa auf dem gleichen Niveau befinden wie vergangenes Jahr. Das zeigten die Zahlen, die schon vorliegen.

55 einschlägige Straftaten waren es etwa von 1. Januar bis 10. August 2021 im Stadtteil Petershausen. Popp versichert, dass nach den bisherigen, aber noch nicht komplett vorliegenden Daten für 2022 im selben Zeitraum wohl kein Anstieg zu verzeichnen ist. Nennen dürfe er den Zwischenstand nicht, weil der sich noch ändern könne.
Sicherheitskonzeption für Feier-Brennpunkte
Die Polizei habe bereits im Frühjahr ihre Sicherheitskonzeption für die Konstanzer Feier-Brennpunkte umgesetzt, zu der verstärkte Streifen gehörten, betont Popp weiter. Damit wolle man auch Auswüchse wie zum Ende des Sommers 2021 auf Klein Venedig beziehungsweise die Rückverlagerung der Party-Szene in die Bereiche Herosé und Schänzle verhindern. Die Stadt Konstanz mit dem kommunalen Ordnungsdienst sei dabei eingebunden.
Trotz der verstärkten Bestreifung habe man zumindest diese Rückverlagerung bisher nicht vollständig unterbinden können, räumt Popp ein. Zugleich verweist er auf Erfolge wie die rasche Festsetzung der Tatverdächtigen einer Serie von Raubdelikten am Freitag, 5. August.
„Dass unsere Konzeption greift, sehen Sie schon an dem Umstand, dass wir sehr schnell auf aktuelle Vorfälle reagieren können“, erklärt er dazu. Mutmaßlich ließen sich der festgenommenen Tätergruppe auch zwei der Fälle am 27. und 31. Juli im Bereich Herosé/rechtes Seerheinufer zuordnen. Wenn man so eine Gruppe dann aus der Gesamtzahl herausrechne, bleibe nicht mehr so viel übrig.
Polizei und kommunaler Ordnungsdienst könnten nicht überall zeitgleich sein und alle eventuellen Taten im Vorfeld verhindern, so Popp weiter. Die Feier-Örtlichkeiten in Konstanz seien nicht nur bei den Studenten, sondern bei Jedermann beliebt, sodass sich in lauen Sommernächten viele unterschiedliche Gruppierungen dort und an anderen Orten der Stadt träfen.
Viele haben ein Neun-Euro-Ticket
Und dabei gibt es offenbar auch zugereiste Probleme. Man habe festgestellt, dass sehr viele Beteiligte ein Neun-Euro-Ticket bei sich tragen, ob Täter oder Opfer. „Man kann hier durchaus eine Reisebewegung in Richtung Konstanz feststellen.“

Eine Art Nach-Corona-Effekt der nun wieder als uneingeschränkt empfundenen Freiheit sieht Popp dagegen nicht. In den Jahren während der Pandemie und denen davor sei ebenso viel in den Uferanlagen gefeiert worden.
Auch auf das Stadtgarten- und das Seenachtfest am Wochenende ist die Polizei laut Popp vorbereitet. Und sie lässt sich von der jüngsten Vielzahl von Straftaten nicht in Panik versetzen. „Natürlich fließen Feststellungen zur Sicherheitslage ständig in unsere taktischen Überlegungen mit ein“, so der Sprecher.
Dennoch könne man nur wegen der jüngsten Häufigkeit von Fällen und subjektiver Wahrnehmungen kein taktisches Sicherheitskonzept neu auflegen oder ein bestehendes kurzfristig umwerfen. Für das anstehende Seenachtfest sei ohnehin ein entsprechender Polizeieinsatz mit höherem Personaleinsatz und Unterstützungskräften von außerhalb geplant gewesen.
Entwarnung im Matratzen-Fall
In einem der Herosé-Fälle der vergangenen Tage konnte Popp bereits konkret Entwarnung geben – dem mit der brennenden Matratze, der demnach kein Anschlag war. Beamte hatten einen Schlafenden davor gerettet, mitsamt seiner Schlafunterlage zu verbrennen. „Es lag fahrlässiges Handeln vor“, so Popp. Strafrechtliche Ermittlungen gebe es nicht.
Wie genau der Brand entstand, ob der Mann zum Beispiel mit der Zigarette in der Hand eingeschlafen ist, konnte Popp allerdings nicht sagen.