Zwei Mädchen steigen das kleine Treppchen hoch, dann schauen sie neugierig auf die Arbeitsplatte von Kelly Winter. Die 29-jährige Kolumbianerin steht seit Montag, 4. September, mit ihrem Eiswagen vor dem Edeka-Markt in der Reichenaustraße. Was sie hier anbietet, ist für die meisten Konstanzer neu: Eis in kleinen Rollen, in mühevoller Handarbeit zubereitet.

Die Kunden haben die Wahl zwischen drei Grund-Zutaten: Milch, Zitrone oder vegan. Dazu dürfen sie zwei weitere Optionen aus einer Liste wählen. Eines der Mädchen bestellt Milch mit Oreo und Nutella. Kelly Winter legt die Zutaten auf eine Platte, die minus 25 Grad Celsius kalt ist. Dann schüttet sie ein Kännchen milchbasierte Flüssigkeit darüber.
Langsam friert die Masse an. Die Kolumbianerin zerhackt die Zutaten und schabt sie immer wieder zusammen, bis die Konsistenz stimmt. Dann streicht sie den Eisteig flach auf ihre Kälteplatte.
Wenn der richtige Moment gekommen ist, schabt die 29-Jährige die Masse zu kleinen Rollen.
Drei Minuten für eine Portion Eisrollen
„Die Zubereitung braucht pro Bestellung zwei bis drei Minuten“, sagt Kelly Winter und ergänzt: „Man benötigt dafür schon ein bisschen Übung. Wenn die Masse zu frisch ist, kann ich keine Rollen machen. Wenn sie zu kalt wird, bricht alles.“ Anfangs taten ihr nach einem Arbeitstag die Hände weh. „Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt“, sagt die fröhliche Frau und lacht.
Kelly Winter, ihr Mann Simon und zwei Angestellte haben erst vor vier Monaten mit ihrem Geschäft begonnen. Simon Winter, 34 Jahre, erzählt dem SÜDURIER: „Wir stammen aus Mönsheim bei Stuttgart. Dort gab es keine Eisdiele und wir haben uns immer beschwert. Schließlich entstand die Idee, den Einwohnern selbst Eis anzubieten – aber mit einem neuen Konzept.“
Das Ehepaar begab sich auf die Suche und stieß auf die thailändische Methode, Eisrollen herzustellen. „Mit unserer Auswahl haben die Kunden über 600 Möglichkeiten, ihren Geschmack zu bestimmen“, sagt Simon Winter. Am 1. Juli 2023 eröffnete das Ehepaar ihren ersten Winter‘s Roll-Wagen in Mönsheim, Ende August stellten sie einen zweiten in Wollmatingen auf. Nach zwei Wochen wechselten sie an die Reichenaustraße.
Warum Konstanz? „Es ist eine sehr schöne Stadt mit vielen Touristen“, begründet Kelly Winter. „Außerdem lebt Simons Schwester hier und ich kann bei ihr wohnen.“ Ihr Mann hat eine Vollzeitstelle im Vertrieb einer Logistikfirma und steht nach Feierabend oft im Eiswagen. An ihrem aktuellen Standort können sie nur einen Monat lang bleiben, sind aber schon auf der Suche nach einem dauerhaften Grundstück.

„Im Winter möchten wir auch in Konstanz bleiben und zusätzlich Crêpes anbieten“, sagt Simon Winter. Der Plan für die Zukunft? „Personal finden und weitere Wagen eröffnen“, so der 34-Jährige. Selin und ihre Mutter Serpil Balan aus Konstanz sind jedenfalls begeistert vom neuen Angebot: „Ich kenne die Eisrollen aus der Türkei“, sagt Serpil Balan. „Endlich gibt es was Cooles in Konstanz, denn wir hängen mit Trends oft hinterher.“
Die klassischen Sorten gehen am besten
Und was schlecken die Konstanzer am liebsten, wenn sie italienisches Eis kaufen? Die Nachfrage bei drei beliebten Eisdielen fällt eindeutig aus: Vanille, Schokolade, Haselnuss. Dies sagen Alfredo Nicoletti, Tiziano Pampanin und Silvia de Fanti übereinstimmend. Klar: Vanille ist die Grundlage vieler Eisbecher, wird aber laut den drei Eisspezialisten auch am Tresen oft bestellt.

„Das wundert mich nicht“, sagt Alfredo Nicoletti von der gleichnamigen Eisdiele. „Viele Kunden haben vor Jahrzehnten begonnen, Eis zu essen, und dabei Vanille gewählt. Diese Sorte ist einfach eine Kindheitserinnerung.“ Beliebt war im Sommer 2023 in der Eisdiele seiner Familie aber auch Joghurt-Ingwer-Eis sowie Zitrone-Minzblätter-Ingwermarmelade.
Eis mit Öl, schmeckt das?
„Erstmal schauen die Leute skeptisch, wenn sie diese Sorten lesen“, sagt Alfredo Nicoletti und lacht. „Doch wer sie einmal probiert, kommt immer wieder.“ Seit dem vergangenen Sommer sei auch Pistazieneis mit Olivenöl der Renner. Dabei wird die Eiskugel im Becher serviert und mit einem Schluck Olivenöl übergossen. „Das Öl als Geschmacksträger bringt die nussige Note noch mehr zum Vorschein“, schwärmt Alfredo Nicoletti.

Sein Bruder Dario, aber auch die anderen drei Söhne und Vater Aniello Nicoletti hätten immer wieder kreative Ideen. „Manches kommt aber auch nicht so gut an, zum Beispiel Lakritz-Eis und Kaktusfeige.“ An diesem Morgen produzieren Davide und Dario Nicoletti die Sorten Zuppa Inglese, Amaretto und ein rotes Fruchteis.
Die traditionellen Eismaschinen laufen am besten, findet Familie Nicoletti. Im Café steht sogar noch ein uraltes Modell von 1895.
Durchschnittliche Eissaison
Tiziano Pampanin hält sich generell eher an die klassischen Sorten. „Bei uns gingen dieses Jahr neben Vanille auch Zartbitterschokolade und Yogurette sehr gut“, erzählt er. „Wir sind nicht die Eisdiele für extravagante Sorten.“ Auch die Saison 2023 war nicht extravagant: Tiziano Pampanin bezeichnet sie als durchschnittlich.
„März bis Mai waren kalt und regnerisch, diese Monate blieben weit unter der Erwartung“, sagt Pampanin. Dies bestätigen Alfredo Nicoletti und Silvia de Fanti. Doch der warme Sommer und der schöne Spätsommer versöhnen die Konstanzer Eismacher. „Die Eisdiele ist mein Leben“, sagt Tiziano Pampanin. „Aber nach einer Saison ist man müde. Ich freue mich jetzt auch auf ein bisschen Ruhe in Italien, bevor die Vorbereitungen fürs nächste Jahr beginnen.“

Ähnlich geht es Familie de Fanti mit ihrem Eiscafé Dolomiti an der Marktstätte. „Wir treffen uns immer im Winter, um uns neue Sorten und Eisbecher zu überlegen“, sagt Silvia de Fanti, Frau von Christian de Fanti. Auch bei ihnen liefen Vanille, Schokolade und Haselnuss 2023 am besten. „Viele Kunden fragen aber auch nach Salzbutter-Karamell, das haben wir seit etwa zwei Jahren im Programm“, sagt Silvia de Fanti.

Dann muss sie weiterarbeiten, die ersten Gäste nehmen in der Morgensonne Platz. Auch schräg gegenüber bei den Nicolettis füllen sich die Tische. „Derzeit kommen viele Bustouristen“, sagt Alfredo Nicoletti. „Die haben es immer sehr eilig, obwohl es Senioren sind, schließlich haben sie ein festes Reiseprogramm“, ergänzt er lachend. „Aber für ein Eis ist zum Glück immer Zeit.“