Die Anklagepunkte, wegen der sich der 21-Jährige vor dem Landgericht Konstanz verantworten muss, wiegen schwer: Der Mann soll im Juni des vergangenen Jahres eine zum Tatzeitpunkt 49-jährige Konstanzerin im Stadtgarten brutal vergewaltigt haben. Der Fall hatte im vergangenen Sommer große mediale Aufmerksamkeit erlangt, unter anderem auch deshalb, weil die Polizei erst zehn Tage nach der Tat an die Öffentlichkeit gegangen und der mutmaßliche Täter zu diesem Zeitpunkt noch auf freiem Fuß gewesen war.
Dem 21-Jährigen aus Syrien wird aber nicht nur das Sexualdelikt im Stadtgarten zur Last gelegt. Er soll in einer Flüchtlingsunterkunft in Konstanz außerdem im April 2024 ein damals zehn Jahre altes Mädchen bedrängt, belästigt und sexuell missbraucht haben. Genauer wird dem Angeklagten vorgeworfen, das Mädchen in der Nacht auf den 6. April in einem Waschraum der Unterkunft an den Brustbereich gefasst, ihr den Mund zugehalten und sie mit dem Wunsch nach sexuellen Handlungen in eine Toilette zurückgedrängt zu haben. Das Mädchen hatte sich gewehrt und in der Folge fliehen können.
Am ersten Verhandlungstag des lang erwarteten Prozesses vor dem Landgericht zeigt sich: Die Beweislast bei beiden mutmaßlichen Taten scheint erdrückend. Der 21-Jährige selbst äußert sich vor Gericht nicht, strafbar sind seine Taten als sexueller Übergriff von Kindern, Körperverletzung und Vergewaltigung.
Brutale Vergewaltigung im Stadtgarten
Der Angeklagte, der 2019 aus Syrien geflohen und nach einem längeren Aufenthalt in einem Flüchtlingscamp in Griechenland am 19. Februar 2022 in die Bundesrepublik eingereist war, soll in der Nacht zum 4. Juni 2024 eine 49-Jährige in der Nähe des Konzils angesprochen haben. Die 49-Jährige, die zu dem Zeitpunkt auf dem Nachhauseweg war, sagte ihm daraufhin, er solle sich entfernen und drohte mit der Polizei.
Der Angeklagte soll sich in der Folge von hinten genährt und die Frau gewaltsam zu Boden gebracht haben. Als sie versuchte, wieder aufzustehen, warf er sie laut Anklageschrift erneut zu Boden und versuchte, gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr mit ihr zu vollziehen. Die genauen Schilderungen der Vorkommnisse vor Gericht sind überaus verstörend.
Trotz der heftigen Gegenwehr des mutmaßlichen Opfers drang der Mann schließlich mit den Fingern und der Hand in sie ein, während er sie immer wieder mit Schlägen traktierte und ihr den Mund zuhielt, heißt es. Zum Schluss ejakulierte er auf den Oberschenkel der 49-Jährigen. Die Spermaspuren, die unmittelbar nach der Tat sichergestellt werden konnten, sollten ihm zum Verhängnis werden. Mithilfe eines DNA-Tests konnten die Proben eindeutig dem 21-Jährigen zugeordnet werden.
Als der mutmaßliche Täter vom Opfer abließ, flüchtete er. Das mutmaßliche Opfer konnte sich Hilfe bei der Bundes- und Landespolizei im Bereich des Konstanzer Bahnhofs suchen. Ihre Kleidung sei durch den heftigen Kampf – der laut Angaben des Opfers gegenüber den Beamten knapp eine halbe Stunde gedauert haben soll – überall zerrissen gewesen, auch ihre Unterhose. Die Frau erlitt darüber hinaus mehrere Schürfwunden, Kratzer und Hämatome.
Zeugen und Mobiltelefon belasten den 21-Jährigen
Mehrere Zeugen, darunter vier mit den Vorgängen vertraute Polizeibeamte, schildern die Geschehnisse weitestgehend – und mit weiteren Details – so wie in der Anklageschrift festgehalten. Eine der Beamtinnen hatte darüber hinaus das Mobiltelefon des Angeklagten ausgewertet; samt Standortdaten und Bilddateien, die aufzeigen, dass das Gerät zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Taten am jeweiligen Ort des Verbrechens gewesen war.
Das Mädchen, das ebenfalls zum Opfer geworden sein soll, wird per Video-Konferenz zu der mutmaßlichen Tat befragt und schildert diese im Groben so, wie sie bereits verlesen und von anderen Zeugen angegeben worden war. Die heute 11-Jährige hat inzwischen laut eigenen Angaben eine Therapie begonnen. Bis heute habe sie Angst, allein auf die Toilette oder im Dunkeln nach draußen zu gehen. Auch in die Schule habe sie sich in der Zeit nach der Tat erst einmal nicht allein getraut, schildert das Mädchen, das von einer Dolmetscherin übersetzt wird.
Der Angeklagte ist kein Unbekannter
Ein weiterer, interessanter Umstand: Wie sich beim Auszug aus dem Bundeszentralregister (BZR) zeigt, ist der Angeklagte bei den Strafverfolgungsbehörden kein Unbekannter. So war er auch Teil der Herosé-Räuber, die im Sommer 2022 mehrmals für Aufregung und Verunsicherung in Konstanz gesorgt hatten. Der SÜDKURIER berichtete umfassend über die Taten, bei denen eine Gruppe junger Männer mehreren Geschädigten Wertgegenstände und Bargeld abgenommen sowie ihnen darüber hinaus auch mit Waffen gedroht hatte.
Der Angeklagte ist aufgrund seiner Taten bereits vom Amtsgericht Konstanz unter anderem wegen des gemeinschaftlichen schweren Raubes mit Waffen in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Körperverletzung vorbestraft und verbüßte bereits eine Haftstrafe nach dem Jugendstrafrecht.
Am kommenden Freitag, 17. Januar, soll im Prozess um die Stadtgarten-Vergewaltigung und den Missbrauchsfall in der Flüchtlingsunterkunft ein Urteil gesprochen werden. An diesem Tag soll außerdem das mutmaßliche Opfer der Stadtgarten-Vergewaltigung aussagen. Ob sie vor Gericht erscheinen und vernehmungsfähig sein wird, bleibt zunächst offen. Offenbar leidet die damals 49-Jährige bis heute stark unter den Folgen der mutmaßlichen Tat. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung für den 21-jährigen Angeklagten.