Die Kerzen sind weg. Auf der Verbindungstreppe zwischen Café und Warenhaus des Voglhauses stehen noch Windlichter. Doch die Zeit, in der darin Kerzenflammen flackern durften, sind vorbei. Denn dreimal in jüngster Zeit seien darin Prospekte zerrissen und verbrannt worden, berichten Betriebsleiter Michael Hertlein und Inhaberin Martina Vogl.
Davor ist ein Ständer angebracht, mit Karten und Flyern zum Thema Tierwohl, Nachhaltigkeit und Gemeinwohl. Das war kein böser Scherz, ist Hertlein sicher. Er vermutet, dass die Mischung aus dem Einsatz für Tierrechte, Veganismus und Demokratie jemanden in Rage gebracht hat. Der Betriebsleiter geht von gezielten Sabotageakten gegen das Geschäft aus.
Die Windlichter stehen im Inneren auf einer Treppe neben den Toiletten, die vom Café des Voglhauses in dessen Warenhaus führt. Dazu kommt: Am 1. Mai sei das Pissoir des Cafés mit Handtüchern aus Papier verstopft worden – mit hoher Wahrscheinlichkeit mutwillig.

Nachfrage bei der Polizei: Was wissen sie?
Auf den Bänken im Freien seien zudem häufiger Papiere und Aufkleber mit rechtsradikalen Inhalten zu sehen, berichtet Hertlein. Das Team räume diese dann halt weg. Immer wieder komme es vor, dass Betrunkene oder Randalierer Blumenkästen im ganzen Straßenzug zertrümmern oder verwüsten. Doch vor allem die verbrannten Prospekte hätten eine ganz andere Qualität. „Wir halten die Augen offen“, sagt er.
Die Polizei sei eingeschaltet worden. Diese sagt auf Anfragen, zum Voglhaus gebe es einen Eintrag, aus diesem sei aber keine politische Motivation zu erkennen. „Der Geschädigte hatte hier wohl kein Verfolgungsinteresse“, schreibt Sprecherin Katrin Rosenthal.
Man habe es noch offen gelassen, ob man Strafantrag stellen wolle, erklärt Michael Hertlein. „Wenn das nochmal vorkommt, dann machen wir das.“ Das Voglhaus steht seit 25 Jahren für Tierwohl und Nachhaltigkeit. Im Schaufenster hängt ein Plakat, auf dem ein Schwein und ein Hund nebeneinander gehen. Darüber steht: „Glück für Mensch und Tier“.
Ist der Einsatz für Demokratie der Auslöser?
An der Tür prangt ein Poster in EU-blau. Im Kreis von gelben Europa-Sterne steht: „Es ist einfacher, für die Demokratie zu kämpfen, solange es sie noch gibt. Danach wird es erheblich schwieriger.“ Am Eingang und zu den Toiletten finden Besucher Stände mit Prospekten und Karten zu den Themen Tierrechte, Nachhaltigkeit und Demokratie.
Inhaberin Martina Vogl vermutet, dass die Verbrennungen im Zusammenhang stehen mit dem Europa-Plakat, in dem zur Verteidigung der Demokratie aufgefordert wird, und ihren bekannten politischen Haltungen etwa zur Dringlichkeit der Klimakrise. Ein überwiegender Teil der Menschen freue sich über das Engagement. „Bei vielen lösen wir Begeisterung aus.“
Mache fühlten sich aber durch den Einsatz „getriggert“. Sie bedauert, dass der oder die Täter nicht den Mut hatten, sich mit ihr oder dem Team des Voglhauses zum Thema auseinander zu setzen. Sie wie Hertlein betonen, sie wollten sich nicht einschüchtern lassen. Martina Vogl sagt: „Wir fühlen uns wohl, mit dem, was wir machen.“ Sie verstehe sich als Pionierin.
Täglich beweise das Voglhaus, wie eine Gastronomie vegan und bio und dennoch wirtschaftlich erfolgreich sein könne. „Es wird eine Frage der Zeit sein, wann Gastronomien es sich nicht mehr erlauben können, anders zu arbeiten. Wir bekommen fast ausschließlich Lob und Bewunderung für unsere vegane Bioküche.“ Das Publikum sei gemischt, und bestehe nicht nur aus Veganern.
Angepöbelt, weil er kein Fleisch anbietet
Bei anderen Anbietern von veganen oder vegetarischen Speisen gab es nach deren Aussagen keine Übergriffe. Musa Cebe vom Kervan-Imbiss sagt, er sei zwar mal blöd angemacht worden, weil er kein Fleisch anbiete. Er habe zum Kritiker gesagt, es gebe so viel Auswahl, er müsse nicht zu ihm kommen. Andere seien enttäuscht gewesen, dass er kein Fleisch im Sortiment habe. Bei Musa Cebe gibt es pflanzliche Alternativen zum klassischen Döner und auch den Käse-Kebab.
Er sagt, er würde sich wünschen, dass sich mehr Menschen mit der Frage auseinandersetzen, wie Tiere gehalten werden und welche Stoffe in Lebensmittel stecken. Sein Motto: „Man kann die Tiere in Ruhe lassen. Es geht auch ohne.“ Der Ka.f pflanzlicher Produkte sei allerdings teurer. „Ich muss jetzt mehr in die Waren investieren als früher.“
Andererseits spare er an anderer Stelle. Seit er seinen Imbiss vor fast drei Jahren auf vegan und vegetarisch umgestellt habe, gebe es zum Beispiel keine Gluthitze mehr am Fleischspieß und kein Umherspritzen von Fett. Er selbst lebe schon seit langer Zeit nach dem Motto: „Wenn ich es nicht muss, esse ich kein Fleisch.“ Der 66-Jährige sagt, er sei zusammen mit Nutztieren aufgewachsen. Schon damals habe er diese nicht essen wollen.
Tiberius Triff vom Konstanzer veganen Selbstbedienung-Restaurant und Café Sol sagt: „Wir haben noch nie Probleme gehabt.“ Zu seinen Stammgästen zählten auch Nicht-Veganer und Menschen, die sich nicht mit veganem Essen beschäftigt haben. „Häufig passiert es, dass Gäste bei uns völlig erstaunt an den Tresen kommen, wenn ihnen – oft erst nach einigen Besuchen – auffällt, dass Sie vegan gegessen haben.“