Feuersbrünste und Hochwasser, schwere Unfälle und gestörte Trinkwasserversorgung, Havarien auf dem Bodensee und andere Großlagen: Das Technische Hilfswerk in Konstanz ist nun optimal aufgestellt für den Schutz der Bevölkerung und hat beste Voraussetzungen, das Gemeinwesen im Fall einer Krise funktionsfähig zu halten. Dieser anspruchsvolle Auftrag zieht sich wie ein roter Faden durch die Reden bei der Eröffnung der neuen THW-Gebäude am Rand des Konstanzer Stadtteils Wollmatingen.

Bund investiert 4,5 Millionen Euro in Standort Konstanz

Für rund 4,5 Millionen Euro hat das THW – eine Einrichtung des Bundes für den Zivil- und Bevölkerungsschutz – eine neue Unterkunft in Holzbauweise sowie eine großzügige Fahrzeughalle für seinen umfassenden Fuhrpark erhalten. Es ist eine „funktionale, nachhaltige und zukunftssichere“ Heimat geworden, sagt Brigitte Bourscheidt von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die den in ihrer Freiburger Dienststelle entworfenen und geplanten Gebäudekomplex errichtet hat.

Feierlicher Moment: Schlüsselübergabe mit Gästen aus der Politik und der Blaulicht-Familie. Vorne in der Mitte, links eben ...
Feierlicher Moment: Schlüsselübergabe mit Gästen aus der Politik und der Blaulicht-Familie. Vorne in der Mitte, links eben Landes-Innenminister Thomas Strobl, THW-Präsidentin Sabine Lackner | Bild: Hanser, Oliver

Und die Präsidentin des THW, Sabine Lackner, sowie der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der THW-Bundesvereinigung Martin Gerster haben noch ein besonderes Geschenk zur Einweihung mitgebracht: Nach ihren Worten ist die Beschaffung eines neuen Bergeboots für das THW Konstanz beim Bund politisch durch. Sobald die vorläufige Haushaltsführung aufgehoben sei, könne die 1,3 Millionen Euro schwere Investition auf den Weg gebracht werden.

„Ehrenamt ist unbezahlbar, aber...“

Da brandet Beifall auf unter den rund 200 Festgästen – es sind viele der rund 100 ehrenamtlichen Konstanzer THW-Mitglieder, aber Angehörige weiterer Blaulicht-Organisationen, auch aus Österreich und der Schweiz. Viel beachtet wird auch Lackners Bekenntnis zum Ehrenamt. 98 Prozent der THW-Kameradinnen und -Kameraden engagieren sich hier in ihrer Freizeit. „Ehrenamt ist unbezahlbar, aber Rahmenbedingungen können bezahlt werden“, so die THW-Bundeschefin. Dass es diesen Einsatz braucht, steht für sie außer Frage: „Die Welt verändert sich, und die Bedrohungslage verändert sich“, sagt Sabine Lackner auch mit Blick auf Desinformationskampagnen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg.

Führen durch das Eröffnungsprogramm: Jörg-Peter Rau aus der SÜDKURIER-Chefredaktion und THW-Ortsbeauftragter Wolfgang Rüdiger.
Führen durch das Eröffnungsprogramm: Jörg-Peter Rau aus der SÜDKURIER-Chefredaktion und THW-Ortsbeauftragter Wolfgang Rüdiger. | Bild: Hanser, Oliver

Thomas Strobl, Innenminister des Landes Baden-Württemberg, spannt den Bogen noch weiter. „Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr so richtig im Frieden“, sagt er. Der Einsatz des von Bürgern getragenen THW stehe für Zusammenhalt, Kameradschaft und Teamgeist – Dinge, die die Gesellschaft mehr brauche denn je. Und er spricht ein Thema an, das lange unter der Oberfläche gebrodelt hatte: Dass die Zusammenarbeit der Bundesanstalt THW und den örtlichen Feuerwehren inzwischen so reibungslos laufe, freue ihn ganz besonders, so der Innenminister.

Feuerwehr und THW: Rot und Blau sind sich inzwischen grün

Das bestätigt auch der stellvertretende Kreisbrandmeister Hans-Jürgen Oexl. Zwischen Rot und Blau läuft es gut vor Ort, so seine Botschaft. Ob beim Gasalarm in Singen, bei einer wegen eines Biberbisses vor dem Kollaps stehenden Hochspannungsleitung oder beim Großbrand mitten in der Konstanzer Altstadt: Das THW mit all seinem schweren Gerät ist ihm zufolge nicht wegzudenken.

Wenn Menschen sich zusammentun, um im Inland wie im Ausland anderen zu helfen, die um ihre Existenz bangen müssen, stiftet das einen besonderen Sinn, sagt auch Martin Gerster, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der THW-Bundesvereinigung. Bei der Eröffnungsfeier – vom Musikverein Wollmatingen unter Leitung von Georg Herrenknecht mitreißend begleitet – betont er: Beim THW geht darum, „Probleme zu lösen, statt rumzujammern“. So trage es auch zum gesellschaftlichen Kitt bei. Dazu trage auch das neu beschlossene Sondervermögen des Bundes bei, sagt die Angeordnete Lina Seitzl. Es könne auch für den Katastrophen- und Bevölkerungsschutz eingesetzt werden.

Die Bedeutung des THW vor Ort hebt Oberbürgermeister Uli Burchardt hervor. Auch er zeigt sich beeindruckt vom neuen Standort, wo auch ideale Bedingungen für die Arbeit mit den etwa 15 Jugendlichen herrschen, die sich bei der Organisation engagieren. Gerade für die Ehrenamtlichen sei der neue Standort auch ein Stück Heimat, so der OB.

Ohne THW wäre das Stadler-Haus verloren, schätzt der OB

Und Burchardt erinnert nochmals an den Brand des Stadlers-Hauses. Damals habe das THW mit Messungen am einsturzgefährdeten Giebel Entscheidendes geleistet: „Ohne den Beitrag des THW würde das Gebäude heute wahrscheinlich nicht mehr stehen“, so Burchardt. Und Landrat Zeno Danner ergänzt, worauf es im Notfall ankommt: „In der Krise Köpfe kennen“. Dieses Miteinander zahle sich jedes Mal aufs Neue aus.

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Wie eng Menschen mit dem THW verbunden sind, zeigen dann noch einige besondere Momente. Julian Bayer, stellvertretender Ortsbeauftragter, ist seit seinem zwölften Lebensjahr dabei. René Ebert übernimmt seit über 20 Jahren aktiv Verantwortung, wie sein Kamerad laut Laudatio „über jedes erwartbare Maß hinaus“. Beide erhalten das Ehrenzeichen des THW in Bronze. Und dann übergeben Herbert und Roswitha Wolff auch zwei Bände einer liebevoll gestalteten Chronik über die Aktivitäten des Ortsverbandes in den Jahren 1977 bis 2002.

Große Freude über die Chronik über die Arbeit des Technischen Hilfswerks in Konstanz: Oberbürgermeister Uli Burchardt, ...
Große Freude über die Chronik über die Arbeit des Technischen Hilfswerks in Konstanz: Oberbürgermeister Uli Burchardt, Landesinnenminister Thomas Strobl, Ortsbeauftragter Wolfgang Rüdiger, die Ersteller Herbert und Roswitha Wolff, THW-Präsidentin Sabine Lackner, Martin Gerster als Vorsitzender der THW-Bundesvereinigung sowie THW-Landesbeauftragter Dietmar Löffler. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Und schließlich wird zumindest mit lang anhaltendem Beifall auch der Mann geehrt, ohne den das THW Konstanz bei weitem nicht dort stünde, wo es jetzt ist: Wolfgang Rüdiger. Bei einem ersten Engagement im Afrika vor 30 Jahren habe er gemerkt, wie gut es sei, sich für andere Menschen in extremen Notlagen einzusetzen und dabei auch bis an die eigenen Grenzen zu gehen, sagt er.