Wo heute Autos parken, haben schon die Römer, später auch die Bürger der Stadt Konstanz ihre Toten begraben: Der Stephansplatz wurde lange Zeit als Friedhof genutzt. So hieß er noch nicht vor mehr als 2000 Jahren, als auf dem heutigen Münsterhügel und angrenzenden Areal bis zum Rhein zuerst eine keltische, danach eine römische Siedlung entstand.

Gräber aus der Römerzeit wurden an der Südostecke des Stephansplatzes und entlang der Römerstraße, heute Wessenberg- und Hussenstraße, gefunden. Um das Jahr 300 nach Christus errichteten die Römer unter der Regierung des Kaisers Constantius Clorus eine militärische Befestigung, das Kastell. Um das Jahr 400 wurde die römische Truppe von hier abgezogen.

Die Allemannen werden zum Christentum bekehrt

Die Alemannen rückten nach und breiteten sich nach Süden aus. Es war der Wille des Merowinger-Königs Dagobert, diese zum Christentum zu bekehren. Deshalb entsandte er um 600 einen Bischof nach Konstanz und überließ ihm das leerstehende Kastell als Bischofssitz.

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Damit begann die 1200 Jahre lang andauernde Epoche des Bistums Konstanz. Spätestens seit damals stand südlich der Bischofsburg eine kleine, dem heiligen Stephan geweihte Kirche. Nach ihrer Zerstörung 926 im Ungarnsturm hat man sie wieder aufgebaut und 1123 zu einer dreischiffigen Säulenbasilika erweitert.

Die heutige Kirche mit Turm im spätgotischen Stil entstand nach 1428, bis zu ihrer Fertigstellung dauerte es mehr als 50 Jahre. Unter dem Schutz mächtiger Bischöfe siedelten sich seit dem Jahr 800 immer mehr Kaufleute in der Niederburg an. Wegen des anhaltenden Zustroms erweiterte man die Stadt bis zum Obermarkt.

Knochen ausgegraben und in einem Beinhaus aufbewahrt

St. Stephan wurde nun die Pfarrkirche für die Bürger, der Platz vor ihrer Südseite der städtische Friedhof. Er war von einer Steinmauer umgeben und musste bei steigender Bevölkerungszahl immer wieder erweitert werden.

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Als der Platz nicht mehr ausreichte, wurden die Gebeine ausgegraben und in einem Beinhaus aufbewahrt. Bei der Großen Pest 1439 mit 4000 Toten hat man aus Platzmangel viele in Kreuzlingen zu fünft oder sechst in einer Grube begraben.

In der Reformationszeit wurde der Friedhof ganz zerstört, die Grabsteine herausgerissen und die Friedhofsmauer abgetragen. Das Gelände diente danach als Marktplatz. Erst 1561 widmete man ihn wieder zur Begräbnisstätte um.

Ende des 18. Jahrhunderts entsteht ein neuer Friedhof

1785 wurde der Friedhof endgültig aufgehoben, als Ersatz diente der Schottenfriedhof am heutigen Humboldt-Gymnasium. Die dort stehende Kapelle hat man 1589 als Friedhofskapelle erbaut. Das blieb so bis 1870, nachdem die Stadt an der Wollmatinger Straße einen großen städtischen Friedhof neu angelegt hatte.

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Im Jahr 1895 wurde der Friedhof bei St. Stephan ganz abgeräumt, ein großer, freier Platz entstand. Er dient nun seit damals als zentraler Ort für vielfältige Anlässe: den Wochenmarkt, das Weinfest, andere Feste und Ereignisse, vor allem aber auch als Parkplatz für die Fahrzeuge von Anwohnern, Einkäufern, Lieferanten sowie den Stadtbesuchern.

Und wie steht es um den Platz heute? Ein mit Autos vollgestellter Platz erscheint manchem nicht mehr zeitgemäß, andere pochen darauf, dass es in der Innenstadt mindestens an einem Ort Stellplätze für jene geben muss, die lange Wege für unzumutbar halten.

Unser Gast-Autor Johannes Hof hat Geschichte studiert, war im Schuldienst, ist jetzt Historiker und Stadtführer. Von ihm gibt es ...
Unser Gast-Autor Johannes Hof hat Geschichte studiert, war im Schuldienst, ist jetzt Historiker und Stadtführer. Von ihm gibt es zahlreiche Veröffentlichungen zur Lokal-, Regional- und Kunstgeschichte. | Bild: Johannes Hof