Gabriele steht auf einem Tisch unter dem Dach des Polizeipräsidiums Konstanz. Was sie dort macht? Gut aussehen natürlich, schließlich ist die alte Schreibmaschine eines von vielen interessanten Ausstellungsstücken in dem kleinen, aber feinen Polizeimuseum.
Doch sie ist nicht der einzige Stolz von Karl-Heinz Berger. Der 84-jährige Hauptkommissar im Ruhestand hat die kulturhistorische Sammlung zur Entwicklung der Polizei aufgebaut und hat die Schätze jetzt seinem Nachfolger Jürgen Kaiser (63), Erster Kriminalhauptkommissar im Ruhestand, anvertraut.
Sie waren unverzichtbar
Schreibmaschinen spielten während ihrer Dienstzeit eine wichtige und zugleich mühsame Rolle. „Nachtdienst. Unfall mit Alkohol und allem, was dazugehört. Dann musste man um 5 Uhr morgens die ganze Geschichte noch zu Papier bringen“, skizziert Karl-Heinz Berger.

Mit einer Schreibmaschine war das nicht so komfortabel wie heute mit Computer, denn sie verfügten weder über Rechtschreibprogramme, noch über eine funktionierende Korrekturfunktion. Und das hieß im Zweifelsfall: „Fehler waren automatisch drin und dann konntest du das Ganze nochmal schreiben“, so Berger.
Tricky waren die mechanischen Maschinen ebenfalls. „Bei Vorkommnisberichten hatten wir bis zu acht Durchschläge. Da musste man die Tasten kräftig anschlagen, aber nicht zu kräftig, sonst gab es Löcher im Papier“, erzählt Jürgen Kaiser. Und genau deshalb hieß die bekannte Schreibmaschine vom Fabrikat Adler „bei uns Adler-Hack“, so Kaiser.
Neben diesen Wunderwerken der Mechanik steht dort auch einer der ersten Computer. „Eine unförmige Kiste“, meint Karl-Heinz Berger und sinniert: „Wie schnell doch etwas musealen Charakter bekommt. Es liegen Galaxien zwischen den Schreibarbeiten der 1980er Jahre und heute.“
Dies ist nur ein Beispiel von vielen, wie in dem kleinen Museum die Veränderungen des Polizeidienstes anhand von Gegenständen erzählt wird. Da gäbe es noch unterschiedlichste Handschließen, eine Balkenkamera von 1920, die für den Erkennungsdienst benötigt wurde, das Lichtbilderbuch mit Portraits polizeibekannter Prostituierten bis hin zu Modell-Polizeiautos.
Wie kam es zu dieser nostalgischen Schatzkammer?
Auslöser war eigentlich der Einzug in das neue Polizeipräsidium am Benediktinerplatz. Mit diesem Gebäude habe die Polizei endlich Wertschätzung erfahren, so Berger. Zuvor war die Polizei in Konstanz verstreut. „Revier Mainaustraße, Direktion in der Konzilstraße, Verkehrsdienst in der Glärnischstraße, Kriminalpolizei am Lutherplatz“, skizziert Berger und meint: „Das war uneffektiv und für die Bürger auch nicht von Vorteil.“
Das ehemalige Kasernengebäude stand schon lange leer. Karl-Heinz Berger kannte es durch den Streifendienst, denn auch er schaute dort immer mal wieder nach dem rechten. Das Gebäude wurde saniert, für die Polizei entsprechend ausgestattet und endlich waren im Jahr 1995 alle unter einem Dach. Im Zuge des Um- und Einzugs wurde auch viel weggeworfen.

Der damalige Leiter der Polizeidirektion Konstanz, Jürgen Horn, hatte die Idee, vom Rest könne man ein kleines Museum gestalten – und er rief Karl-Heinz Berger an. Die Aufgabe reizte ihn, doch er bat um Bedenkzeit, denn er wollte erst mit seiner Frau Rücksprache halten, wohlwissend, dass diese Aufgabe nicht allein in der Dienstzeit zu bewältigen sein würde.
Dann hat er sich in die Materie festgebissen, wie Karl-Heinz Berger sagt, bekam dabei aber auch viel Unterstützung von seiner Frau, seinen Kollegen, aber auch weit darüber hinaus. Ziel war es, mit diesem Museum die Entwicklung der Polizeiarbeit in der Raumschaft Konstanz zu zeigen.

Jungen Kollegen sollte eine gewisse Identität vermittelt werden, für die älteren Kollegen ein Ort der Rückbesinnung geschaffen werden, schildert Berger. Gleichzeitig sollte aber auch Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden, weshalb kleine Gruppen Interessierter bis heute Führungen bekommen können.
Für das Museum hat er Opfer gebracht
Viel Arbeit steckt hinter dem Aufbau des Museums. „Ich habe Opfer gebracht“, meint Karl-Heinz Berger mit gespielter Ernsthaftigkeit, um dann loszulachen. „Ich habe meine Frau zu einer Damenmodenschau im Modehaus Lohrer begleitet“, erzählt er über sein Opfer, über das sich seine Gemahlin jedenfalls freute. Doch Karl-Heinz Berger hatte Hintergedanken: „Ich wollte eigentlich nur mit Herrn Lohrer ins Gespräch kommen, denn ich brauchte Schaufensterpuppen“, erklärt er mit einem Schmunzeln.
Jetzt ist Karl-Heinz Berger 84 Jahre alt und er hat beschlossen, sein Baby einem Jüngeren anzuvertrauen. „Es hat alles seine Zeit“, so Berger, der anfügt: „Ich wollte mich nicht als alter Tattergreis verabschieden.“ Jürgen Kaiser hatte erfahren, dass Berger einen Nachfolger sucht.
„Da ich jetzt im Ruhestand bin und mich für Geschichte interessiere, habe ich Karl-Heinz angesprochen“, so Kaiser. Die Herren besprachen sich und Berger ist glücklich über seinen kompetenten Nachfolger, der das kleine, feine Polizeimuseum hegen, pflegen und in die Zukunft führen wird.