Eigentlich dürften nach der aktuellen Corona-Verordnung Schwimmkurse wieder stattfinden, nachdem sie lange Zeit nicht möglich waren. Radolfzeller Kinder müssen aber weiterhin auf den Unterricht warten – denn der DLRG Radolfzell, die die Ausbildung organisiert, fehlt ein Ausrichtungsort. Trotz Erlaubnis vom Land müssen Schwimmkurse in der Stadt also erst einmal ausfallen.
Nur für Reha-Patienten geöffnet
Grund dafür ist laut Stephan Wien und Steffen Bauer vom DLRG eine strenge Corona-Verordnung, die für das Kurbad auf der Mettnau, in dem normalerweise die Kurse stattfinden, gelte. Weil dort viele Hochrisikopatienten unterwegs seien, sei es der DLRG derzeit nicht möglich, dort zu unterrichten. Darüber informiert auch die Mettnaukur auf ihrer Internetseite: „Das Kurmittelhaus und der Bäder- und Saunabetrieb sowie die Nutzung der Sporthallen in unseren Einrichtungen ist derzeit für die Öffentlichkeit inklusive aller Vereine und Institutionen weiterhin geschlossen“, heißt es dort.
Die Vorsichtsmaßnahme ist nachvollziehbar – für die DLRG führt sie dennoch zu einem Problem. Denn es gibt einen riesigen Stapel an Anmeldungen, berichtet Stephan Wien: „Es sind knapp 100.“ Hinzukommen 24 Kinder, die im Frühjahr 2020 bereits einen Kurs begonnen hatten, diesen aber wegen der Pandemie nicht abschließen konnten. Die große Anzahl wäre selbst dann schwierig, wenn die Schwimmkurse in Radolfzell bereits wieder starten dürften. „Pro Jahr konnten wir bisher ungefähr 50 Kinder durchschleusen“, erinnert sich Wien – abhängig von der Anzahl der zur Verfügung stehenden Schwimmlehrer. Aber je länger kein Kurs stattfinden kann, desto mehr staut sich der Ablauf.

Alternativen zum Kurbad gibt es laut den Verantwortlichen derzeit keine. Hallen- und Freibäder in der Region würden bereits durch andere DLRG-Ortsgruppen und andere Vereine genutzt, für die Radolfzeller sei es da schwer, Zeiten zu bekommen, sagt Steffen Bauer. Und in den See ausweichen ist auch nicht möglich, betont Stephan Wien: „Das Hallenbad ist ein abgeschlossener Bereich, da habe ich immer alle Kinder im Blick. Im See ist das schwierig.“
Dabei könnten die fehlenden Schwimmkurse ernste Folgen haben: Denn nachdem die Kinder bereits seit mehr als einem Jahr nicht von der DLRG lernen können, wie sie sich über Wasser halten, drohen am See Gefahren. Bisher sei der Ortsgruppe aber glücklicherweise noch kein Unglück gemeldet worden, bei dem ein Kind beteiligt war, sagt Stephan Wien. Aber: „Das Problem wird sich verlagern“, ist sich Steffen Bauer sicher. Denn momentan seien die Kinder, die im vergangenen oder in diesem Jahr die Schwimmkurse besucht hätten, noch so jung, dass sie mit ihren Eltern Frei- und Strandbäder besuchen. Werden sie jedoch älter und haben immer noch keine Möglichkeit gehabt, einen Kurs zu belegen, seien sie auch mal alleine unterwegs – und damit einer größeren Gefahr ausgesetzt.

Und es gibt noch mehr Probleme: Denn nicht nur die Anfängerkurse, sondern auch die der Fortgeschrittenen können nicht stattfinden. Dabei werde das zuvor erlernte Wissen dort vertieft, „bis es in Fleisch und Blut übergeht“, so Bauer. „Schwimmen ist ja auch etwas, das man immer ergänzen und trainieren sollte.“ Nur das ist jetzt nicht möglich, Steffen Bauer befürchtet, dass Kinder daher einen Teil ihrer Schwimmfähigkeiten wieder vergessen. „Es wäre wichtig, dass man das gerade zum Beginn vertieft.“
Rettungsschwimmerkurs im See
Außerdem wirken sich die fehlenden Fortgeschrittenenkurse auch auf die DLRG aus. Denn früher seien Kinder, die besonders viel Spaß am Schwimmen fanden, danach der DLRG beigetreten und hätten ab zwölf Jahren an Rettungsschwimmerkursen teilgenommen. Doch das fällt nun weg. „Uns fehlen auf lange Sicht die Leute, die vielleicht über das Jugendschwimmen zum Rettungsdienst gekommen wären“, sagt auch Stephan Wien. Allerdings konnten mit den Kindern, die sich bereits für eine Mitgliedschaft entschieden hatten, immerhin Rettungsschwimmkurse durchgeführt werden – zwar nicht im Winter, da das Kurbad ebenfalls nicht genutzt werden konnte, aber dafür im Sommer. Denn die angehenden Rettungsschwimmer seien so routiniert beim Schwimmen, dass Übungen im Sommer im See stattfinden konnten.
Corona-Bedingungen erschweren Kursbedingungen
Wie es jetzt weitergeht, ist noch unklar. Zunächst einmal müsste natürlich das Kurbad für die Schwimmkurse wieder öffnen. Dann stellt sich die Frage, wie die vielen angemeldeten Kinder möglichst schnell an die Reihe kommen. Womöglich könnte man zusätzliche Kurse anbieten, überlegt Stephan Wien – doch dafür müsste es erst einmal genügend Lehrer geben. Und unter Corona-Bedingungen könnten ohnehin viel weniger Kinder pro Kurs unterrichtet werden, da es eine Personenbegrenzung gibt.
Zudem stünde weniger Zeit zur Verfügung, da zwischen den Kursen alles desinfiziert werden müsste und die Teilnehmer verschiedener Kurse sich beim Umziehen nicht vermischen dürfen. „Wir haben locker ein Drittel Kinder weniger, die wir reinlassen dürften“, sagt Steffen Bauer. Und es brauche auch mehr Personal, um etwa Abstände und Tests zu kontrollieren. „Ich weiß noch nicht, wie man das hinbekommt“, sagt Stephan Wien.
Immerhin finanziell sieht es trotz der ausfallenden Schwimmkurse bei der DLRG nicht schlecht aus: Wie Steffen Mengele, Vorsitzender der Radolfzeller Ortsgruppe, mitteilt, fehle zwar ein Teil an notwendigen Einnahmen, glücklicherweise gebe es aber mehrere Standbeine, über die die DLRG sich finanziere – etwa Mitgliedsbeiträge, Spenden oder Sponsorenbeiträge oder abrechenbare Einsätze.