Sommerzeit ist Schnakenzeit und während die große Plage am Bodensee bislang noch ausbleibt, macht der Biologe und Mückenexperte Rainer Bretthauer aus Radolfzell keine großen Hoffnungen, dass das künftig auch so bleiben wird. Zumindest nicht, wenn die Temperaturen im Laufe des Sommers noch steigen. „Aufgrund des kühlen Wetters entwickeln sich die Larven der Bodensee-Schnake sehr langsam“, erklärt Bretthauer zur aktuellen Situation. Aber sobald es ein paar Tage lang wärmer werde, beschleunige sich die Entwicklung und die Zahl der Bodensee-Schnaken steigt an.
Allzu heiß muss es dafür nicht einmal werden, denn wie der Experte schon in der Vergangenheit erklärt hatte, schlüpfen die Larven der Bodensee-Schnake ab einer Wassertemperatur von 15 bis 16 Grad Celsius. Bei Temperaturen ab 20 Grad entwickeln sie sich noch besser. Und die ausgewachsenen Tiere seien ab einer Lufttemperatur von 18 Grad aktiv. Die soll laut Wetterbericht in den kommenden Tagen sowohl tagsüber als auch nachts immer wieder erreicht werden.
Warum noch viele Schnaken schlüpfen könnten
Dass derzeit Hochwasser am Bodensee herrscht, ist für die Schnaken von Vorteil. Denn wie Rainer Bretthauer erklärt, schlüpfen die Larven der Bodensee-Schnake, sobald ihre Eier, die sie im Uferbereich abgelegt hat, überschwemmt werden – und das auch noch Jahre nach der Eiablage. Los geht es ab einem Wasserstand von mindestens 3,90 Metern und der ist schon längst erreicht. Am Freitagmittag wurde in Radolfzell ein Wasserstand von 4,76 Metern gemessen.
Zwar schlüpfen nur Larven, deren Eier sich im flachen Wasser befinden. Im tieferen Wasser ist zum einen die Temperatur niedriger, zum anderen herrschen dort für die Eier auch aus anderen Gründen keine idealen Bedingungen. Denn wie Rainer Bretthauer schon in der Vergangenheit berichtet hatte, werden organische Nährstoffe im Boden bei Überschwemmung von Bakterien aufgearbeitet, dadurch sinkt der Sauerstoffgehalt. Das ist das Startsignal für die Schnakenlarven. Steht das Wasser zu hoch, können die Bakterien in der großen Wassermenge nicht ausreichend Sauerstoff verbrauchen.
Hilfe bei Schnaken
Sinkt allerdings der Bodenseepegel wieder, werden nach und nach immer weitere Bereiche zum Flachwasserbereich und das Wasser dort auch durch die Sonne schnell aufgewärmt, so Bretthauer. Heißt: Nach und nach schlüpfen immer mehr Schnaken aus ihren Eiern. Und immer mehr Schnaken können dann auch ihre Eier legen. Denn wie Rainer Bretthauer erklärt, entwickeln weibliche Schnaken sehr schnell Eier, sobald sie Blut zu saugen beginnen. Die Tiere können diese dann auch schon nach wenigen Tagen im Uferbereich ablegen.
Auch bei Regen drohen Stiche
Sind die Schnaken erst einmal geschlüpft, könne ihnen selbst ein erneuter Regeneinbruch nichts ausmachen, so Rainer Bretthauer. Außer: „Wenn das nicht mit einem Temperatursturz und Hagel verbunden ist.“ Denn die Schnaken würden notfalls auch bei Regen Blut saugen, sofern die Temperaturen über 18 Grad liegen. Allerdings hielten sie sich bei Regen nicht auf freien Flächen auf, sondern in Gebüschen. Sobald man sich diesen nähere, werde man trotzdem gestochen. „Die überwinden dann die kurze Distanz“, sagt der Experte.
Und auch wenn die Temperaturen über den Sommer mal wieder unter 18 Grad fallen, heißt das nicht, dass damit automatisch die Schnakensaison beendet ist. Denn die Insekten leben laut Bretthauer mehrere Wochen. Bei niedrigeren Temperaturen sind sie zwar vorübergehend inaktiv, stechen aber einfach weiter, sobald es wieder wärmer wird.
Übrigens profitiert nicht nur die Bodensee-Schnake, sondern auch die Hausmücke und mit ihr verwandte Arten von dem bislang sehr nassen Sommer. Wie Rainer Bretthauer erzählt, gibt es auch im Hinterland etwa durch Pfützen, überschwemmte Wiesen und weitere Wasserstellen sehr gute Bedingungen für die Insekten, die ihre Eier dort ablegen. Auch Hausmücken seien ab etwa 18 Grad aktiv.