Schwimm- und Freibäder befinden sich im Fahrplan des baden-württembergischen Landesregierung zur schrittweisen Lockerung der Corona-Beschränkungen in Phase fünf: Sie müssen weiterhin geschlossen bleiben. Ein Datum, ab wann sich diese Situation ändert, steht derzeit noch aus. Ein Umstand, der die Pächter und Betreiber der Badeanstalten in Radolfzell und auf der Höri hart trifft. Patrick Krauss, Bürgermeister von Moos, dessen Gemeinde zwei Strandbäder verpachtet, rechne damit, dass Spaß- und Freizeitbäder zunächst Anfang Juni öffnen dürfen – allerdings nur für Schwimmkurse und Schwimmunterricht.

Das könnte Sie auch interessieren

Auch Radolfzells Oberbürgermeister Martin Staab geht aktuell davon aus, dass ein Badebetrieb 2020 nur mit Einschränkungen möglich sein wird. „Denn wie in allen Lebensbereichen auch, geht es darum, dass Risiko der Übertragung zu reduzieren“, sagt er. Ein länger andauerndes Badeverbot hätte allerdings massive Auswirkungen auf alle weiteren touristischen und kulturellen Einrichtungen, die Anbieter von Unterkünften sowie die Gastronomie und den Einzelhandel in Radolfzell. Aus diesem Grund hat sich die Stadtverwaltung dazu entschieden, wenigstens die Grünflächen für Besucher zu öffnen. Baden bleibt jedoch weiterhin untersagt.

Ein Strandbad ist ein Bad, oder nicht?

Laut Bürgermeister Patrick Krauss werden die Strandbäder in der aktuellen Corona-Verordnung des Landes nicht explizit genannt. Deshalb haben sich die Bürgermeister der Gemeinden, die ein Strandbad am Bodensee im Landkreis Konstanz besitzen, ausgetauscht. „Jedoch gibt es einen Auslegungshinweis vom Städtetag sowie vom Regierungspräsidium, dass Strandbäder wie auch Badeseen, Bäder sind und somit ebenfalls durch die Corona-Verordnung eine Öffnung derzeit nicht zulässig ist“, so Krauss. Als Gemeinde könne man die Regelungen der Verordnung zum Beispiel durch eine Allgemeinverfügung verschärfen, jedoch nicht mildern.

Ob es 2020 einen Badesommer geben wird, steht noch nicht fest. Unser Bild zeigt eine Aufnahme aus dem Strandbad in Radolfzell aus dem ...
Ob es 2020 einen Badesommer geben wird, steht noch nicht fest. Unser Bild zeigt eine Aufnahme aus dem Strandbad in Radolfzell aus dem vergangenen Jahr. | Bild: Jarausch, Gerald

Laut Ob Staab fehle es an konkreten Vorgaben der Landesregierung zu Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen als zwingende Voraussetzung für die Öffnung: „Auch wenn Seebäder in der aktuellen Verordnung nicht ausdrücklich genannt sind, sind Badeseen im Stufenplan der Landesregierung explizit aufgeführt – und zwar in der Rubrik, in der Lockerungen momentan nicht einschätzbar sind.“ Uferparks und Badestellen ohne Infrastruktur seien seiner Einschätzung nach rechtlich nochmals anders zu bewerten.

Das könnte Sie auch interessieren

Bürgermeister Patrick Krauss nennt ein Beispiel hierfür: den Rheinuferpark in Gailingen. „Dieser ist zugänglich, da es sich um eine Parkanlage mit Schwimmmöglichkeiten handelt. Die Einrichtungen zum Schwimmen sind jedoch geschlossen“, so Krauss. So könne es vorkommen, dass Park- und Uferanlagen geöffnet und danebenliegende Strandbäder geschlossen sind.

Sonnenbaden ist erlaubt

„Zur Freizeitgestaltung in Radolfzell gehören zwingend die Seen. Auch wenn wir als Kommune keinen Handlungsspielraum bei der Öffnung der Bäder haben, wollen wir den Bürgern wieder mehr Raum für die Freizeitgestaltung geben und den Aufenthalt an den Seen wieder ermöglichen“, betont OB Staab. Dies bedeutet: Das zeitweise geschlossene Herzenbad ist bereits seit zwei Wochen wieder zugänglich. Ab dem Donnerstag, 21. Juni, kommen weitere dazu. So sollen ähnlich wie im Winterhalbjahr ein Aufenthalt auf der Liegewiese und im Uferbereich des Strandbades und des Seebades laut OB Staab über den Sommer möglich sein. „Die Gemeinschaftseinrichtungen müssen geschlossen bleiben“, so Staab.

Zwei Meter Abstand zählt auch auf der Liegewiese

Grundsätzlich sei beim Sonnenbaden der Mindestabstand von 1,5 Meter, besser zwei Meter, sowie die Kontaktbeschränkungen im öffentlichen Raum einzuhalten. „Das heißt im öffentlichen Raum dürfen sich Personen, die in einem Haushalt miteinander leben, mit anderen Personen aus einem weiteren Haushalt treffen“, erklärt der Radolfzeller Rathauschef. Baden im Wasser sei indes verboten.

Bäder hängen in der Warteschleife

Laut Derya Yildirim, Pächterin des Strand- und Seebades in Radolfzell, ist die Badesaison zumindest für den Mai gelaufen. Sie rechne damit, dass die beiden Radolfzeller Bäder noch bis Ende Juni geschlossen bleiben. Ohnehin könne sie den Betrieb in den Bädern nicht von heute auf morgen hochfahren. „Wir brauchen eine Vorlaufzeit von zwei bis drei Wochen“, sagt Yildirim. Für sie sei jeder Tag, an dem die Strandbadtüren weiterhin für Besucher geschlossen bleiben, ein verlorener Tag. Ein weiteres Problem, das Yildirim beschreibt: Viele ihrer Mitarbeiter über den Sommer seien Saisonkräfte aus dem benachbarten Ausland. „Diese Servicekräfte fehlen uns diesen Sommer voraussichtlich“, so Yildirim.

Darf seinen Kunden und Besuchern Speisen am Tresen verkaufen, aber niemanden in das Strandbad Moos lassen: Cem Gül von der ...
Darf seinen Kunden und Besuchern Speisen am Tresen verkaufen, aber niemanden in das Strandbad Moos lassen: Cem Gül von der Betreiberfamilie Gül. | Bild: Jarausch, Gerald

Auch Deniz Gül, Pächter des Strandbades in Moos, sieht der Saison mit gemischten Gefühlen entgegen. Zwar sei man mit der Gemeinde Moos als Verpächterin in engem Kontakt, aber die Entscheidung fälle die Landesregierung. „Sicherheit ist aber das erste Gebot“, sagt Gül. Im Moment sei er damit beschäftigt, das Bad fit für einen möglichen Start zu machen. „Wir halten alles instand“, so Gül weiter.

Pächter stehen in den Startlöchern

Ismail Aktas, Pächter des Strandbades in Iznang, ist froh, dass er seit Montag zumindest den Gastronomiebereich wieder öffnen kann. „Die Terrasse“, betont er. Andere Bereich wie etwa die Duschen oder Umkleidekabinen bleiben zu. Badegäste sind ebenfalls nicht erlaubt. „Wir sind aber bereit, richtig loszulegen“, sagt er.

Das könnte Sie auch interessieren

Am Böhringer See sieht die Situation ähnlich aus. „Aktuell bereiten wir uns gar nicht vor, wir warten auf die Erlaubnis von der Stadt, dass wir aufmachen dürfen“, erklären die beiden Pächter Gülcin und Muharrem Ünal. Sobald grünes Licht komme, können sie innerhalb der nächsten Tage, nach einer gründlichen Reinigung, aufmachen. „Natürlich weiß man dann trotzdem nicht, ob und wie viele Menschen sich zutrauen zu kommen“, geben sie zu Bedenken. Ohnehin glauben die beiden Pächter, dass nicht das Baden ein Problem darstelle, sondern das Verhalten davor und danach in den Umkleidekabinen und im Duschbereich. „Vielleicht sollte jeder zuhause duschen“, geben sie zu bedenken. Eine weitere Möglichkeit, wäre das Zählen der Badegäste am Eingang – dies würde nur eine bestimmte Anzahl an Badegästen erlauben. „Das ist ungerecht für die, die nicht rein kommen können, aber vertretbar für den Schutz und die Sicherheit aller“, sagen die Ünals.

Pack die Badehose ein

Noch fehlt es an klaren Bestimmungen, welche Sicherheitsvorkehrungen die Pächter für einen Saisonstart erfüllen müssen. Darin sieht auch OB Martin Staab mitunter das größte Problem: „Da noch keine konkreten Vorgaben der Landesregierung zur Wiedereröffnung der Bäder vorliegen, können die Pächter auch noch kein tragbares Sicherheits- und Hygienekonzept erstellt haben.“

Das könnte Sie auch interessieren

Höri-Bürgermeister Patrick Krauss rechnet vor, dass auch die Anwendung der Hygieneregelung für die Outdoorsportflächen (fünf Personen für je 1000 Quadratmeter Fläche) keine Ideallösung sei. „Dies würde etwa bedeuten, dass maximal 55 Personen ins Strandbad nach Iznang dürften“, so Krauss. Ein weiterer Problempunkt: „Wenn man die Strandbäder öffnen würde, ein Badetourismus entstehen könnte, welches aus epidemischen Gesichtspunkten konterproduktiv wäre.

Die Sache mit der Pacht

Laut OB Staab wurde in Radolfzell mit allen Saisonbetrieben eine Stundung der Pacht bis 15. August vereinbart. „Die Notwendigkeit der Pachtreduzierung ist momentan nicht abschätzbar, da die Badesaison noch nicht richtig begonnen hat“, sagt er. In Moos könne man laut Krauss die finanziellen Schäden ebenfalls noch nicht abschätzen. „Die nicht eingenommenen Eintritte hakten sich zu den nicht verbrauchten Ausgaben wie etwa Wasser, Strom oder Heizung derzeit noch die Waage. Dies aber nur, weil wir noch am Anfang der Saison stehen.“ Genauere Berechnungen können erst gemacht werden, wenn der Zeitpunkt der Öffnung bekannt wird.