Samstag, 13. Juni, am Bahnhof Tiengen: Irgendeiner hat behauptet: „Fahrrad und Bahn sind wichtige Bausteine für die Mobilität der Zukunft.“ Der Irgendeine ist Baden-Württembergs Vorzeigeradler und Verkehrsminister Winfried Hermann. Wie Mobilität, Fahrrad und Bahn zusammenhängen, kann jeder jeden Tag an irgendeinem Bahnhof entlang der Bodensee-Gürtelbahn beobachten. Wer etwa als Radfahrer den Interregio vom Hochrhein zurück nach Radolfzell nehmen will, um wenigstens auf dem Rückweg die Bergetappe hinauf nach Lotstetten zu sparen, braucht seine ganze Mobilität, um das Rad in den Zug zu hieven. Vier schmale, steile Treppen hat der Bundesbahnbähnler vor der Eroberung des Triebwagens neben dem gelb gestrichenen Rad gesetzt. Wehe, es hängen noch Satteltaschen am Rad und die Kinder können ihre Räder nicht über ihre Köpfe lupfen. Da wird der Lokführer ungeduldig. Geht alles noch, zwei Abteile weiter hat eine Familie einen Anhänger in den Zug gewuchtet. Das Bedauern bleibt nach dieser Trainingseinheit Räderstemmen im Hals stecken. Der Puls hämmert und der Sauerstoffbedarf zieht bei jedem Einatmen jeden Fetzen Mundnasenmaske Richtung Gurgelzäpfchen. Das kann passieren, wenn Bahn, Reisen mit Rad und Corona sich zu einer Leibesübung zusammenfinden. So sehen sie aus, die Bausteine der Zukunft, Herr Verkehrsminister.
Schreibt (leider) kein Minister vor: Schulbeginn nie vor 8.30 Uhr
Montag, 15. Juni, im Bett: Der Wecker klingelt viel zu früh. Ist denn schon wieder Schule? Brauchen Kinder tatsächlich warme Milch und geschnitten Brot auf dem Tisch? Das hätte ein Minister in die Corona-Regeln reinschreiben sollen: Schulbeginn nie vor 8.30 Uhr. Damit Mama und Papa die halbe Stunde mehr am Morgen haben, die sie abends nicht früher ins Bett gehen können.
Dienstag, 16. Juni, am Handy: Erfolgreich die Corona Warn-App installiert. Erste Meldung: „Unbekanntes Risiko – da Sie die Risiko-Ermittlung noch nicht lange genug aktiviert haben, konnten wir für Sie kein Infektionsrisiko berechnen.“ Bekannt dagegen ist: Noch ist die Stolpergefahr bei Bahnreisen mit Rad größer, als das Risiko, von der Corona-App gewarnt zu werden. Noch.
Die Kolumne: Das Corona-Tagebuch der Redaktion Radolfzell begreift sich als hoffentlich vorübergehende Erscheinung.