Das Streuhau muss bleiben. Das forderten die engagierten Jugendlichen von Fridays for future in den sozialen Netzwerken. Und das forderten sie auch bei der Demo am Samstagmittag in Radolfzell. Rund 150 klimabewegte Menschen nahmen an dem Protestzug gegen eine Bebauung und Nutzung des Streuhaus teil.
Der Zug der Demonstrationsteilnehmer bewegte sich dabei vom Seetorplatz durch die Altstadt bis hin zum Marktplatz, wo abschließend eine Kundgebung stattfand. Die von der Bewegung Fridays for future angeführte Veranstaltung stellte sich gegen ein Hotelbauvorhaben, dass den geschützten Bereich des Streuhaus nutzen möchte.

Die Argumente der Demonstrationsteilnehmer wurden bei der Kundgebung auf dem Marktplatz durch einige Redner noch einmal auf den Punkt gebracht. So sprach Thomas Giesinger vom BUND im Zusammenhang mit den Plänen von einem „besonders traurigen Kapitel beim Umgang mit den Naturschätzen unserer Stadt“. Aus seiner Sicht handelt es sich um eines der landesweit wertvollsten Vogelrastgebiete. Diesem drohe eine „Verrummelung“ auf den Landflächen und dem Wasser.
Seine Kritik richtete sich deshalb an die Verantwortlichen: „Bis heute halten der OB und Gemeinderat an diesen naturvernichtenden Projekt fest – wie Drogensüchtige an ihrer Droge“, erklärte er. Einen größeren Zusammenhang stellten die Vertreter der Fridays for future-Bewegung her. „Klimaschutz fängt zu Hause an. Wir werden dafür kämpfen, dass das Streuhau bleibt“, sagte Carolina Gross, gleich zu Beginn der Veranstaltung.

Auf den Erhalt des Streuhaus hoben auch die meisten Transparente der Demonstrationsteilnehmer ab, die sie am Samstag durch die Radolfzeller Altstadt trugen. Sie forderten den uneingeschränkten Schutz des Gebietes und stellten sich gegen eine weitere Bebauung.
Einen humorvollen Umgang mit dem Thema führte Teilnehmerin Dagmar Beck mit sich. Auf ihrem Plakat war nur der Hinweis „Heute Heimattag“ zu lesen. Sie nannte es eine „wichtiges Signal das jetzt etwas passiert, da sonst eines des letzten Wassergrundstücke für alle Zeit verloren“ ginge, wie sie im Gespräch mit dem SÜDKURIER erläuterte.

Genau diese Sorge treibt die meisten Gegner des Projektes um, die hier ein weiteres Beispiel für den unverantwortlichen Umgang mit dem Schutzgut Natur sehen. So erklärte Teilnehmer Wolfram Lang sein Erscheinen mit den Worten: „Ich bin gekommen, weil ich es für unvernünftig halte, dass hier Flächen für alle Zeiten versiegelt werden. Das ist völlig Gaga – gegen alle Vernunft“, sagte er. Alfred Kutter sprach in dem Zusammenhang mit dem Gebietstausch von einem „Kuhhandel“, wie er sagte.
Seine Kritik richtete sich dabei allerdings teilweise gegen andere Umweltaktivisten, die auf der Demonstration dabei waren: „Auf diesen Deal hätten sich Nabu und BUND niemals einlassen dürfen“, erklärte er. Die Umweltverbände hatten dem Gebietstausch zugestimmt, weil so zumindest ein größeres zusammenhängenderes Schutzgebiet entstehen konnte. Dennoch sprach auch er von einer erfolgreichen Veranstaltung. Besonders die Tatsache, dass hier „Jung und Alt zusammen“ gegen das Projekt demonstrieren, beeindruckte den Radolfzeller.
Selbst wenn die ursprünglichen Pläne von einen weiteren großen Gebäudekomplex, einem mehrstöckigen Parkhaus sowie etlicher Ferienhäuser so am Ende vielleicht nie Wirklichkeit werden, droht dem Gebiet eine Umnutzung, die den bisherigen Charakter vollkommen negiert. Denn laut Flächennutzungsplan ist dieses Areal für die touristische Nutzung vorgesehen. Genau dies ist den Demonstrationsteilnehmern ein Dorn im Auge.
Nachdem sich der Gemeinderat mittlerweile seit Jahren mit dem Thema beschäftigt, ist bisher nicht abschließend geklärt, was im Streuhau tatsächlich einmal umgesetzt wird. Den Grundstein zu der Veränderung hat in jedem Fall der Gemeinderat selbst gelegt. Praktisch durch alle vertretenden Fraktionen stimmte man seinerzeit einem Tauschhandel zu, der die touristische Nutzung des Streuhaugebietes zulässt, wenn gleichzeitig der Bereich des ehemaligen Bodenseereiters dem Naturschutzgebiet der Aach zugeschlagen wird.
Mit der Demonstration wollten die Teilnehmer das geplante Vorhaben noch verhindern. Der Zeitpunkt war gut gewählt. Denn bei der bevorstehenden Oberbürgermeisterwahl im Oktober wird von den Kandidaten erwartet, sich in jedem Fall zu dem Projekt zu positionieren.
Mit etwas Glück schlägt sich einer der Kandidaten auf ihre Seite, so die Hoffnung der jungen Aktivisten. Während vom Amtsinhaber Martin Staab bekannt ist, dass er die Weiterentwicklung des touristischen Angebots im Streuhau befürwortet, hat sich der einzig bisher in Erscheinung getretene Gegenkandidat, Simon Gröger, noch nicht in der Sache geäußert.