Die Corona-Pandemie hat das Leben vieler Menschen überschattet – und es in einem Ausmaß verändert, wie es sich niemand Anfang des Jahres hätte vorstellen können. Wir haben Menschen in systemrelevanten Berufen gefragt, wie sie das Jahr unter Corona-Bedingungen erlebt haben, was sie betroffen machte und was ihnen an 2020 trotzdem gefällt. Hier schildert Helmut Richter, Feuerwehrkommandant und Leiter des städtischen Fachbereichs für Feuerwehr und Bevölkerungsschutz, seine Eindrücke.

Das Jahr unter Corona

Helmut Richter mag weder beschönigen noch überdramatisieren. Wenn der Feuerwehrkommandant über Corona spricht, dann zeichnet er ein realistisches Bild und sagt Sätze wie: „Das Jahr hat uns stark belastet. Die Feuerwehr konnten wir nur mit Einschränkungen einsatzbereit halten.“ Oder: „Ich rechne damit, dass die Corona-Pandemie uns noch weitere Jahre beschäftigen wird. Einen geregelten Dienst- oder Ausbildungsbetrieb wird es frühestens ab Juni 2021 wieder geben.“ Die Corona-Pandemie ist schließlich auch an der Feuerwehr nicht spurlos vorübergegangen.

Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, waren sämtliche Ausbildungslehrgänge abgesagt worden. „Eigentlich hätten wir dieses Jahr 50 Atemschutzgeräteträger ausgebildet“, sagt Richter.

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Und eigentlich hätte es Führungs- und Sprechfunklehrgänge gegeben. Eine Ausbildung auf dem neuen Feuerwehrboot. Eine Ausbildung zum Bootsführer. Weiterbildungsangebote in der Landesfeuerwehrschule. Und Übungsdienste, bei denen die Feuerwehrmänner und -frauen Katastrophenszenarien simulieren. „Bis auf eine Grundausbildung, die wir mit Ach und Krach durchgebracht haben, mussten wir alles canceln. Das ist schon ein erheblicher Einschnitt.“ Online könne man die praxisbezogenen Lehrinhalte kaum vermitteln.

Auch die Einsatzfähigkeit konnte nur gewährleistet werden, „weil wir Einschnitte hatten“, wie Richter sagt. So dürfen die Feuerwehrhäuser kaum noch von jemandem betreten werden. Besuch von außen werde an der Tür abgefertigt. Die Freiwilligen Einsatzkräfte müssen bei Alarm im Zugangsbereich ihre Hände desinfizieren und eine Maske aufziehen. „Mit der Maske steigen sie in die Fahrzeuge, mit der Maske fahren sie raus auf die Einsätze“, sagt Richter.

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Für die Feuerwehr ist das Thema Atemschutz nichts Ungewöhnliches. „Wir hatten schon immer Partikelfiltermasken, Schutzanzüge und Einweghandschuhe.“ Das Schutzmaterial war also von Anfang an da. Die Routine auch. „Was sich geändert hat ist unser Verhalten, wir müssen jetzt rigoroser sein. Uns extremer vor dem Virus schützen.“ Um nicht selbst auszufallen.

„Die Jugendarbeit leidet“, sagt der Feuerwehrkommandant.
„Die Jugendarbeit leidet“, sagt der Feuerwehrkommandant. | Bild: Daniela Biehl

Denn Corona-Fälle habe es innerhalb der Feuerwehr schon gegeben, gesteht Richter. „Es gab bei uns Infizierte und Kontaktpersonen ersten Grades.“ Glücklicherweise aber noch keine Infektionsketten. Richter weiß auch, wie schwierig es ist, die Corona-Verordnung während der Einsätze umzusetzen. „Abstand halten, während man zu sechst in einem Feuerwehrauto sitzt und zu einem Notfall muss, ist nicht immer möglich“, sagt er.

Was der Feuerwehrkommandant vermisst

„Die Feuerwehr lebt von der Kameradschaft“, sagt Helmut Richter. Manchmal, wenn Einsätze besonders schwer seien, wenn das Erlebte sich nicht abschütteln lasse, säßen die Kameraden noch stundenlang zusammen. „Man bespricht den Ablauf des Einsatzes nach.“ Man trinke gemütlich etwas. „Und dieses Miteinander, das fehlt“, sagt Richter.

Wie sich Corona auf den Nachwuchs auswirkt

Weil aktuell keine Ausbildungen mehr durchgeführt werden, „leidet die Jugendarbeit“, sagt der Feuerwehrkommandant. „Normalerweise nehmen wir im Jahr zig neue, auch sehr junge Leute auf. Aber jetzt kann man nicht sagen, wir nehmen dich auf, aber du darfst nicht mitmachen, weil du noch keine Ausbildung hast.“ Deshalb werde im Grunde auch niemand mehr so richtig aufgenommen. „Uns gehen dadurch aber wichtige Neuzugänge verloren.“

Was gut war an 2020

Ob es auch Momente gab, die Mut gemacht haben? Die berührten? Helmut Richter schüttelt instinktiv den Kopf. „Das war schon eine Extrembelastung dieses Jahr.“ Viel zu oft habe er in der Anfangsphase der Pandemie noch Arbeit mit nach Hause genommen, nach Feierabend erledigt. Gerade, wenn es um das Schreiben von Berichten ging.

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Und viel zu oft habe er sich den Kopf zerbrochen, wie er „trotz Corona die Feuerwehr einsatzbereit halten kann“. Kaum hat Richter das gesagt, fällt ihm doch noch etwas Gutes ein: Sein Team. „Die vielen freiwilligen Feuerwehrmänner und -frauen, die noch immer dabei sind – trotz erhöhtem Risiko.“ Denn: 240 einsatzbereite Ehrenamtliche so motiviert zu sehen, das mache Mut.