Für die Radolfzeller Fußballvereine ist dieses Schreiben eine Hiobsbotschaft. Das Regierungspräsidium Freiburg hat den Antrag auf Landesförderung eines neuen Kunstrasenplatzes in Radolfzell abgelehnt.
Die finanzielle Unterstützung durch das Land wäre maximal 120.000 Euro hoch gewesen, was in etwa sieben Prozent der Gesamtbaukosten von rund 1,6 Millionen Euro gewesen wären. Das mag nicht viel erscheinen. Doch ist der Radolfzeller Haushalt durch die Folgen der Covid-19-Pandemie und dadurch fehlenden Steuereinnahmen ohnehin schon mächtig in Schieflage geraten.
Der Platz war fest zugesagt
Der Kunstrasenplatz am Sportpark Mettnau war den Vereinen lange fest versprochen worden. Die Umsetzung stand ganz oben auf der Prioritätenliste, obwohl das Projekt einen Rattenschwanz an Folgeprojekten nach sich ziehen sollte.
Neben dem eigentlichen Bau des Kunstrasenplatzes müssten die Technischen Betriebe umorganisiert werden, Zufahrten verändert, bestehende Plätze verkleinert und neue Umkleidekabinen gebaut werden. Alles in allem wurden Kosten von etwa 5,5 Millionen Euro berechnet, die für die Vergrößerung und Sanierung des Sportparks ausgegeben werden sollten. Jahre hatten die Fußballvereine über mangelnde Trainingsmöglichkeiten, vor allem im Winter, geklagt. Dieses Problem wollte man nun endlich lösen.
Ist das Projekt noch realisierbar?
Doch dann kam die Pandemie, die alles verändert hat. Jetzt stellt sich die Frage: Ist so ein Projekt aktuell noch umsetzbar, vor allem wenn es dafür keine Fördermittel gibt? „Es gibt eine Zeit vor Corona und es gibt eine Zeit nach Corona„, beginnt Norbert Lumbe, Fraktionssprecher der SPD, seine Ausführungen über den aktuellen Stand.

Vor Corona sei er der Auffassung gewesen, man befinde sich auf einem guten Weg, den neuen Kunstrasenplatz schnell bauen zu können. „Doch jetzt ist alles offen“, sagt er. Man habe mit den Zuschüssen fest gerechnet, jetzt müsse man sich erst einmal einen Überblick über die finanzielle Lage der Stadt durch die Corona-Pandemie verschaffen.
Vorher könne er unmöglich eine Prognose stellen. Nur soviel: „Es besteht nach wie vor das Versprechen, der Gemeinderat hat die Dringlichkeit des Vorhabens erkannt“, sagt Stadtrat Lumbe.
Deutlicher wird Bernhard Diehl, Fraktionssprecher der CDU: „Ohne Zuschüsse sehe ich schwarz für das Projekt.“ Laut Diehl müsse der Gemeinderat die Prioritätenliste neu überdenken, schließlich habe man eine völlig neue Ausgangslage. Es stünde weitere wichtige Projekte an, wie zum Beispiel ein Hallenneubau in Markelfingen, der ebenfalls fest versprochen war.

Ähnlich sieht es auch Dietmar Baumgartner von den Freien Wählern. Er ermahnte, trotz aller Versprechungen, folgende Generationen nicht mit einer Überschuldung zu belasten. „Wir werden nicht alle Investitionen so tätigen können, wie wir das geplant haben“, sagt er. Auch er drängt auf einen schnellen Kassensturz der städtischen Finanzen. Land und Bund hätten Unterstützung für die Gewerbesteuer angekündigt, noch wissen man nicht, wie viel es gebe.

Eine Neuplanung des Projekts schlägt Siegfried Lehmann, Fraktionssprecher der FGL vor. Er sei ohnehin nie von dem Standort am Mettnau Sportpark überzeugt gewesen. Die vielen zusätzlichen Kosten durch Umorganisation und Umbau würden den neue Kunstrasenplatz für die Vereine nur unnötig teuer machen. „Nach der Ablehnung der Zuschüsse könnte man das ganze Projekt neu denken“, schlägt er vor. Ein anderer Standort, zum Beispiel am Gelände des BSV Nordstern, wäre eventuell besser geeignet.

„Die Vereine haben sich auf den Standort auf der Mettnau geeinigt, aber zu einer Zeit, da die Stadt noch mehr Geld hatte“, sagt Lehmann. Auch Jürgen Keck, Fraktionssprecher der FDP, kritisiert den Standort und die geplanten Baukosten von 1,6 Millionen. „Das geht sicher auch etwas günstiger an einem anderen Standort“, so Keck.

Auch er drängt auf eine Klärung der Finanzen. Doch dürfe auch nicht zu viel dem Rotstift zum Opfer fallen. „Es geht um die weitere Entwicklung der Stadt, da kann man nicht alles auf die Krise schieben“, sagt er. Aber man werde Abstriche machen müssen.
Für die Vereine spricht Axel Tabertshofer, Vorsitzender der IG-Sport. Man verstehe die besondere Haushaltslage der Stadt durch die Coronakrise, sagt er auf Nachfrage des SÜDKURIER. „Jetzt auf das Versprechen und den Bau des Kunstrasenplatzes zu pochen, würde die Sportler in keine gute Verhandlungslage versetzen“, formuliert er vorsichtig seine Antwort.
Es gebe sicher Wichtigeres als einen Kunstrasenplatz, deswegen wolle man sich von der IG-Sport erst einmal in der Diskussion zurückhalten, bis die Finanzlage klar sei. Laut Aussage der städtischen Pressestelle wolle man 2021 erneut einen Antrag zur Förderung des kommunalen Sportstättenbaus stellen. In der Hoffnung, dass man nächstes Jahr berücksichtigt werde. Denn dass die Stadt das Projekt alleine stemmen könnte, sei „sehr unwahrscheinlich“, schreibt Pressesprecherin Nicole Stadach.