Die Stadt Radolfzell will sich aktiv in die Findung eines Standorts für einen zentralen Klinikneubau des Gesundheitsverbunds im Landkreis Konstanz (GLKN) einbringen. Der Klinikstandort solle zentral zwischen Singen und Radolfzell sowie verkehrsgünstig mit einer Anbindung an den Seehas liegen. Das habe der Gemeinderat in einer nichtöffentlichen Sitzung so beraten und einstimmig beschlossen, wie OB Simon Gröger zusammen mit den Sprechern der Fraktionen gestern in einer Pressekonferenz bekannt gegeben hat.
Zudem verlangt der Gemeinderat wörtlich: „Das Radolfzeller Krankenhaus muss bis zum Einzug in den geplanten Klinik-Neubau in seiner aktuellen Struktur der stationären Grundversorgung mit seinem medizinischen Angebot in Betrieb bleiben.“ Adressat der Forderung sind der Kreistag und der Gesundheitsverbund. Im Gegenzug erkennen Verwaltung und Gemeinderat die Grundzüge des sogenannten Struktur-Gutachtens zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung im Landkreis Konstanz sowie zur Entwicklung des GLKN an.
Ein eigenes Krankenhaus kann sich Radolfzell nicht leisten
Der OB und alle Vertreter der Fraktionen bezeichnen einen Austritt aus dem Gesundheitsverbund als keine realistische Option. Ein eigenes städtisches Krankenhaus sei für Radolfzell finanziell nicht leistbar, „und wir würden von der Landesregierung dafür auch keine Zustimmung bekommen“, erläuterte Gröger: „Das Land will ganz klar nur noch ein Krankenhaus für einen Landkreis.“ Langfristig gehe es darum, die bestmögliche medizinische Versorgung im Kreis Konstanz sicherzustellen.
Verluste und andere Realitäten
SPD-Stadtrat Norbert Lumbe bezeichnete die Beschlüsse als deutliche und starke Position der Stadt Radolfzell: „In Kenntnis des Gutachtens müssen wir uns mit den Realitäten abfinden.“ Auch für Kreisrat und FGL-Sprecher Siegfried Lehmann sind die Ergebnisse eindeutig. Der Kreis finanziere ein jährliches Defizit von mehr als 20 Millionen Euro, die notwendigen Sanierungsinvestitionen in den bestehenden Häusern Singen und Radolfzell könne sich der Gesundheitsverbund nicht leisten. Für Lehmann lautet die zentrale Aussage, dass es nur ein zentrales Krankenhaus geben kann.
Dietmar Baumgartner (Freie Wähler) schlug vor, als Konsequenz aus dem Gutachten auch aus den zwei Betreibergesellschaften in Singen und Konstanz nur noch eine zu machen: „Auch das ist eine Doppelstruktur, die wenig Sinn macht.“ Dazu habe ihm eine Aussage im Gutachten gefehlt. Jürgen Keck (FDP) lobte Diskussion und Beschlüsse im Radolfzeller Gemeinderat: „Gesundheitsvorsorge ist ein Thema, in dem es nur Einigkeit geben kann.“ Der Stadtrat empfand es mehr als ärgerlich, dass man schon bei der Gründung des Gesundheitsverbunds vor zehn Jahren über den Abbau von Doppelstrukturen in Singen und Konstanz nur gesprochen habe. „Da ist offensichtlich aber nichts passiert“, so Keck.
Erreichbar muss die neue Klinik sein
OB Simon Gröger kündigte an, dass die Stadt eigene Vorschläge für den Standort der neuen Klinik auf Radolfzeller Gemarkung machen will. Die Rahmenbedingungen wie gute Erreichbarkeit und Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, vor allem an den Seehas, sind gesetzt. Dass es für den Klinikstandort auch 60.000 bis 70.000 Quadratmeter brauche, sei ihm bewusst. „Wir sind bereits in der Prüfung von Flächen“, sagte Gröger.
Kreisrat Siegfried Lehmann widersprach der Annahme, dass ein Standort auf der Gemarkung Singen für den Klinikneubau bereits beschlossene Sache sei: „Singen wird das nicht entscheiden, das entscheidet der Kreis, der zahlt auch das Defizit im Gesundheitsverbund.“