Wenn der Begriff nicht so negativ besetzt wäre, könnte man ihn fast als „den Berufsjugendlichen“ der Stadt Radolfzell bezeichnen. Nach über zwei Jahrzehnten im Dienst der Stadt Radolfzell als Jugendarbeiter verabschiedet sich jetzt Rolf Weishaupt in den vorzeitigen Ruhestand. Der 64-Jährige hat damit die Chance ergriffen, etwas früher als üblich in den Rentenstand zu wechseln. Die so gewonnene Zeit möchte er dazu nutzen, vermehrt sportlichen Tätigkeiten nachzugehen.
Denn der künftige Ruheständler ist alles andere als reif für die Rente. Das könnte durchaus an dem engen Kontakt zu ganzen Generationen von Radolfzeller Kindern und Jugendlichen liegen. Rolf Weishaupt trat am 1. Dezember 2001 seinen Dienst in der Kinder- und Jugendarbeit im Kinderkulturzentrum Lollipop an. „Man hat mich schon damals gefragt, ob ich nicht zu alt wäre“, erinnert sich Weishaupt schmunzelnd. Doch der studierte Soziologe und Politologe hatte keinerlei Berührungsängste. Zuvor hatte er bereits in der Jugendarbeit in Trossingen gearbeitet.
Die Jugendarbeit im Wandel der Zeit
Im Laufe seiner Arbeit in Radolfzell hat sich sein Arbeitsumfeld gleich mehrfach verändert. Während man zu Beginn im Lollipop sowohl Kinder als auch Jugendliche gleichzeitig mit insgesamt fünf Mitarbeitern betreut hatte, arbeiten heute insgesamt 20 Personen in der städtischen Abteilung Kinder und Jugend. Damals organisierte Rolf Weishaupt vor allem Punk-Konzerte und Breakdance-Veranstaltungen für und mit den Jugendlichen.
Während die Konzerte heute aus organisatorischer Sicht zu aufwendig und teuer sind, ist die Mode des Breakdance weitestgehend von der Bildfläche verschwunden. Gleiches gilt für den Tischkicker, mit dem viele der Jugendlichen damals noch etliche Stunden ihrer Freizeit verbrachten.
In der Disziplin konnte Rolf Weishaupt so manchen sogar noch etwas vormachen, was für heutige Freizeitaktivitäten nur noch eingeschränkt gilt: „Was früher der Tischkicker war, ist heute die Konsole“, sagt er. Genau deshalb ist diese heute im Café Connect einer der größten Anziehungspunkte der Einrichtung. Per Beamer werden die spielerischen digitalen Wettstreite dort auf eine Wand projektiert und machen so ein ganz besonders intensives Erlebnis möglich.
Sein Arbeitsplatz ist dort, wo sich die Jugendlichen treffen
Das Jugendcafé in der Bahnhofstraße ist nach dem Lollipop und der Bahnkantine bereits der dritte Standort für die Tätigkeiten von Rolf Weishaupt. Gleichwohl war er in den vergangenen Jahren im Bereich der Mobilen Jugendarbeit tätig. Soll heißen, er hat vor allem den Kontakt zu den Jugendlichen an ihren Wahltreffpunkten gehalten.
Das waren zuletzt unter anderem die Jugendhütte in Böhringen und die Skateanlage im Herzenareal. Dabei habe er nie versucht, wirklich dazuzugehören: „Als Jugendarbeiter ist man nicht der Kumpel. Ich habe mehr versucht, das Sprachrohr der Jugendlichen zu sein und ihre Interessen gegenüber der Stadt und der Gesellschaft zu vertreten“, sagt er.
Auch wenn sich die Themen teilweise geändert haben – „im Grunde hat sich nicht wirklich etwas verändert. Jugendliche wollen andere Dinge, als die Erwachsenen von ihnen erwarten. Sie durchleben eine schwierige Zeit und sie konnten mich immer ansprechen“, führt er aus. Am Ende hätten die meisten dann doch die Kurve gekriegt.
Radolfzell hat erfolgreiche Jugendarbeit
Mittlerweile haben einige seiner ehemaligen Jugendlichen selber Kinder und freuen sich, wenn sie Rolf Weishaupt auf der Straße begegnen. Das bestätigt ihn auch in der Einschätzung, dass Radolfzell mit seiner Jugendarbeit erfolgreich ist. „Ich habe die Zeit genossen, denn die Stadt bemüht sich“, bilanziert er.
Er selbst verlässt seinen Beruf jetzt mit Vorfreude auf seinen Ruhestand, der vermutlich keiner werden wird. Auch wenn er noch keine Pläne für Reisen oder ähnliches gemacht hat, will er in Zukunft mehr Zeit auf dem Wasser und am Schienerberg verbringen. „Jetzt kann ich Windsurfen gehen, wenn der Wind da ist und nicht, wenn ich frei habe“, sagt er. Und auch seine Mountainbike-Touren, die er schon immer am Schienerberg unternommen hat, möchte er ausdehnen. Da kann man ihm nur wünschen, dass er noch lange seinen jugendlichen Elan erhält, um viele Höhenmeter zu schaffen.