Es ist ein Pilotprojekt, das aus der Not heraus entstand: Weil die Wände der Fußgängerunterführung an der Kläranlage, die den Schießhüttenweg mit der Allensbacher Straße verbindet, immer wieder beschmiert wurden, hat die Stadtverwaltung Radolfzell im vergangenen Jahr ein besonderes Kunstprojekt in Auftrag gegeben. Die Güttinger Künstlerin Fatin Rahmouni verzierte die Wände der Unterführung mit zahlreichen, dicht an dicht gedrängten kleinen Monstern.

Das Ziel war, mit den legalen Graffitis illegale zu bekämpfen. Denn Ferdi Cihan, Leiter der Technischen Betriebe Radolfzell (TBR), hatte von Vertretern anderer Gemeinden gehört, dass derartige Kunstprojekte die Hemmschwelle für Schmierereien erhöhen. Rund acht Monate lang gibt es das Pilotprojekt in Radolfzell mittlerweile. Hat es Wirkung gezeigt?

„Ganz klares Erfolgserlebnis“

Ja, sagt Ferdi Cihan, es gebe ein „ganz klares Erfolgserlebnis“. Denn es habe in den vergangenen Monaten tatsächlich wesentlich weniger Schmierereien gegeben als zuvor. Nur ein paar Kritzeleien verunzieren die Unterführung. „Der ganz große Vandalismus ist komplett ausgeblieben“, sagt Cihan erfreut. Dabei sei der Vandalismus früher enorm gewesen – fast direkt, nachdem die Technischen Betriebe die Wände der Unterführung neu gestrichen hätten, seien sie wieder beschmiert worden.

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Nicht nur die Wände seien nun weitestgehend verschont worden. Auch der Verkehrsspiegel, der am Eingang der Unterführung angebracht ist und eine bessere Einsicht ermöglicht, musste seit Beginn des Pilotprojekts nur einmal ausgetauscht werden. Früher sei er etwa jeden Monat besprüht oder zerschlagen worden, schildert Ferdi Cihan.

Das führe nicht nur dazu, dass auf Dauer Kosten gesenkt werden können, weil die Wände der Unterführung nicht mehr wie früher immer wieder neu gestrichen und ständig Spiegel ausgetauscht werden müssen. Sondern die Mitarbeiter der Technischen Betriebe können ihre Zeit nun anders nutzen. Und motivierend sei es für die Mitarbeiter auch nicht gewesen, wenn sie früher ständig Schmierereien beseitigen mussten, nur damit sofort wieder neue entstanden.

Blick in die Unterführung am Klärwerk: Vereinzelt sind Schmierereien zwischen der Kunst zu finden, allerdings nicht mehr in dem Ausmaß ...
Blick in die Unterführung am Klärwerk: Vereinzelt sind Schmierereien zwischen der Kunst zu finden, allerdings nicht mehr in dem Ausmaß wie früher. | Bild: Marinovic, Laura

Wie geht es nun weiter?

Das positive Ergebnis könnte nun zu einer Ausweitung des Projekts führen. Denn Uwe Negraßus, Leiter des Fachbereichs Tiefbau, und Ferdi Cihan möchten gerne weitere Unterführungen in Radolfzell und den Ortsteilen verschönern und damit auch dort Schmierereien verhindern oder zumindest eindämmen.

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Bedarf gebe es jedenfalls. An der Bahnhofsunterführung in Böhringen seien häufig fremdenfeindliche Parolen zu finden, berichtet Uwe Negraßus. „Da haben die Schmierereien eine andere Qualität“, sagt er. Und auch anderswo gebe es Vandalismus in Unterführungen, etwa zwischen der Schlesierstraße und dem Dammweg. „Schritt für Schritt wollen wir da rangehen“, kündigt Ferdi Cihan schon einmal an. Zunächst einmal müsse über die Möglichkeit aber intern gesprochen werden, konkrete Pläne gebe es noch nicht.

Die Bahnhofsunterführung bleibt weiß

Fest steht: Ein Kunstprojekt in der Bahnhofsunterführung, die täglich sehr viele Menschen passieren, kann sich Uwe Negraßus nicht vorstellen. Sie wurde erst 2021 neu gestaltet und erhielt in diesem Zug strahlend weiße Wände.

Allerdings hatte Ferdi Cihan schon in der Vergangenheit berichtet, dass die Technischen Betriebe dort sehr darum bemüht seien, Schmierereien so schnell wie möglich zu beseitigen. In anderen Unterführungen in der Stadt sei das allerdings nicht möglich, dort werden Graffitis aus Kapazitätsgründen nur zweimal im Jahr überstrichen.