Das Leben als Radfahrer auf der Konstanzer Straße in Radolfzell könnte so schön sein. Ein Streifen hüben und drüben ist für sie reserviert. Doch leider haben sich nicht alle mit der neuen Streifenwelt angefreundet. Die Radfahrer fühlen sich auf ihrem Feld bedrängt, die Autofahrer fühlen sich bei erlaubten 50 Stundenkilometern gebremst. Denn eigentlich passen sie beim Überholvorgang nicht so wirklich in die Lücke zwischen Radfahrer und den Mittelinseln, die mit ihren Bäumen der Konstanzer Straße das Flair einer Allee vermitteln sollen. Nun hat die Fraktion der Freien Grüne Liste erneut einen Anlauf unternommen, die Geschwindigkeit in dieser Straße auf 30 Stundenkilometer zu begrenzen.
Die Konstanzer Straße ist Schulweg
Die Diskussion über die richtige Verkehrsführung dauert an, seit die überarbeitete Konstanzer Straße Ende des Jahres 2019 eröffnet worden ist. Das Radfahren in dieser Straße ist nicht irgendein Thema, das SUV-Fahrer und Radikal-Pedalisten an irgendeinem Stammtisch entzweit. Die Konstanzer Straße ist der Zubringer für zwei weiterführende Schulen: die Gerhard-Thielcke-Realschule und das Friedrich-Hecker-Gymnasium. Von den zusammen rund 1400 Schülerinnen und Schülern dürften geschätzt täglich fast 1000 sich mit dem Rad auf den Schulweg machen. Und etwa die Hälfte davon fährt über die Konstanzer Straße.
Das ist eine relevante Größe. Der Statistik nach funktioniert der neue Radweg auf der Konstanzer Straße. Im Friedrich-Hecker-Gymnasium ist laut der stellvertretenden Schulleiterin Anne Doll kein Unfall auf dem Schulweg seit der Umgestaltung bekannt. Aus der Gerhard-Thielcke-Realschule berichtet Schulleiterin Gabriele Wiedemann von einem Unfall mit Schülerbeteiligung: „Eine Autofahrerin ist offensichtlich beim Ausweichen auf ein abgestelltes Auto gefahren.“ Ihre Beobachtungen sind: „Auf dem Schutzstreifen geht es zu Stoßzeiten sehr beengt zu. Die Schüler neigen dazu, nebeneinander zu fahren.“
Elternbeirat der Realschule äußert sich zurückhaltend
Die Beobachtungen von Gabriele Wiedemann können sicher viele bestätigen, die vor Schulbeginn zwischen 7.30 Uhr und 7.45 Uhr in der Konstanzer Straße unterwegs sind. Der Elternbeirat der Thielcke-Realschule, vertreten durch Daniela Lüer, Antje Hauck und Bernd Riemensperger, äußert sich dennoch zurückhaltend zur Situation in der Konstanzer Straße. Es habe keine Rückmeldungen von Eltern zu diesem Radweg gegeben. Auch zur vorgeschlagenen Tempo 30-Regelung sei eine Aussage schwierig, da dies immer eine persönliche Meinung sei und der Elternbeirat hier nicht für die Eltern sprechen könne.
Ganz anders sieht die Reaktion aus dem Friedrich-Hecker-Gymnasium aus. Elternbeiratsvorsitzende Kirstin Guduscheit-Ehe berichtet von durchweg negativen Erfahrungen von Eltern und Schülern zur Radfahrsituation in der Konstanzer Straße.
Als besonderer Gefahrenpunkt wird der Kreisverkehr vor der Neurohr-Brücke genannt. „Aus Richtung Schule in die Stadt endet der Radweg am Kreisverkehr, was zu gefährlichen Situationen führt. Autofahrer wollen noch schnell vor den Radfahrern einscheren und schneiden den Radfahrern den Weg ab“, beschreibt Kirstin Guduscheit-Ehe diesen Brennpunkt. Was die Sicherheit zusätzlich beeinträchtige: „Als Radfahrer muss man im Kreisverkehr mittig fahren, um gefährliche Überholmanöver der Autofahrer zu verhindern.“
Elternbeirat des Gymnasiums nennt Brennpunkte
In der Konstanzer Straße selbst gebe es immer wieder gefährliche Überholvorgänge an Stellen mit Mittelinseln aber auch davor und danach. Dort wollen Autofahrer schnell vor der nächsten Insel die Radfahrer überholen. Die Elternbeiratsvorsitzende nennt eine weitere Beobachtung, die viele Risiken birgt: „Radfahrer werden ohne Sicherheitsabstand überholt.“ Die Elternbeiratsvorsitzende nennt einen ganz konkreten Punkt: „Schüler aus Richtung Stadt müssen Höhe Hebelstraße nach links zur Schule abbiegen. An der Stelle können Autofahrer es aber kaum erwarten, die Radfahrer zu überholen. Das sorgt oft für gefährliche Situationen.“
Zudem fehlen aus Sicht der Eltern des Friedrich-Hecker-Gymnasiums Zebrastreifen oder sicherere Übergänge. Kirstin Guduscheit-Ehe hält für den Elternbeirat fest: „Tempo 30 in der Konstanzer Straße wird als längst überfällig angesehen!“ Jeder, der zur Hauptverkehrszeit mit dem Rad durch die Konstanzer Straße gefahren sei, werde das bestätigen können.
Auf diese Problematik zielt der Antrag, den Siegfried Lehmann für die Fraktion der Freien Grünen Liste im Gemeinderat eingereicht hat: „Allein das Anbringen von Hinweisschildern wird die Verkehrssicherheit der Radfahrer auf der Konstanzer Straße nicht gewährleisten können.“ Es gebe täglich viele problematische und unzulässige Überholvorgänge ohne Einhalten des Mindestabstands bei viel zu hohen Geschwindigkeiten. Dringend notwendig sei in der Konstanzer Straße eine Reduzierung der Fahrgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer im gesamten Straßenabschnitt mit den Mittelinseln. Über den Antrag entscheiden muss am Ende die Straßenverkehrsbehörde.