Ein Stück regionaler Geschichte erstrahlt in neuem Glanz: 15 historische Zizenhauser Terrakottafiguren sind nach ihrer Restauration in das Kuriositätenkabinett im zweiten Obergeschoss des Radolfzeller Stadtmuseums zurückgekehrt. Sie geben dort nun nicht nur einen Einblick in die Ausstattung so manch bürgerlichen Haushalts im 19. und 20. Jahrhundert und die Handwerkskunst eines erfolgreichen regionalen Künstlers, sondern bergen auch so manches Geheimnis.
Beschädigt und dunkel verfärbt
Wie Museumsleiter Rüdiger Specht berichtet, stammen die Terrakotta-Figuren aus der Werkstatt von Anton Sohn, der im 19. Jahrhundert im heutigen Stockacher Ortsteil Zizenhausen eine Terrakottawerkstatt eröffnet hatte. Vier von ihnen gehören zum eigentlich zwölfteiligen Set „Kleines Orchester“, elf zum eigentlich 13-teiligen „Großen Orchester“.
Sie befinden sich bereits seit Ende der 1990er-Jahre im Besitz des Stadtmuseums Radolfzell. Damals seien sie mit Unterstützung des Fördervereins Museum und Stadtgeschichte Radolfzell angeschafft worden. Hergestellt worden seien sie bereits im 19. Jahrhundert. Durch das Alter seien sie zuletzt aber „stark verbraunt“, also dunkel gefärbt gewesen, wie Rüdiger Specht berichtet. Und: „Eine Figur hatte einen Schaden.“

Aus diesem Grund seien die Figuren im vergangenen Sommer einer Restaurateurin übergeben worden. Und diese habe noch einen weiteren Makel festgestellt: In der Vergangenheit sei die ursprüngliche Farbe der Figuren übermalt worden. „Zum Teil sind bei der Übermalung die Farben auch verändert worden“, so der Museumsleiter.
Figuren erstrahlen in neuem Glanz
Aufgabe der Restaurateurin sei nicht nur gewesen, die Verbraunung zu entfernen und die Figuren herzurichten, sondern auch die äußerste Farbschicht zu entfernen. Dadurch sei die originale Farbschicht wieder zum Vorschein gekommen, so Specht. Abschließend seien die Figuren mit einem Glanzfirnis, also einem Schutzanstrich, bemalt worden – so, wie das auch im 19. Jahrhundert üblich gewesen sei.
Im Stadtmuseum freut man sich über das Ergebnis der Restauration: „Die Details kommen wieder ganz anders raus. Zum Teil sehen die Figuren wieder aus wie neu“, lobt Rüdiger Specht. Zwar gebe es auch Fehlstellen, an denen die Farbe mit der Zeit von den Figuren abgeblättert ist. Diese sollen aber nicht ausgebessert werden: „Das wollen wir nicht ersetzen lassen“, sagt der Museumsleiter.
Einst waren sie ein „großer Erfolgsschlager“
Die restaurierten Figuren sollen nun im Kuriositätenkabinett wieder den Besuchern des Stadtmuseums präsentiert werden. Wie Rüdiger Specht berichtet, bestehe der Bezug zur Region nämlich nicht nur durch die Nähe zu Zizenhausen. Denn sicherlich haben auch bürgerliche Familien in Radolfzell einige Zizenhauser Terakottafiguren zur Zierde ihrer Wohnungen gekauft. „Das ist ein ganz typischer Dekoartikel der damaligen Zeit“, erklärt Specht.
Etliche Jahrzehnte lang seien die Figuren ein „großer Erfolgsschlager“ gewesen – nicht nur in Deutschland, sondern zum Beispiel auch in der Schweiz, in Belgien und Frankreich. Und durch Auswanderer seien sie sogar nach Amerika exportiert worden. „Das ist eine ganz bekannte Kunstform“, sagt Rüdiger Specht.
In der Zizenhausener Werkstatt entstanden zahlreiche Figuren oder Gruppen mit Darstellungen christlicher Motive, aber zum Beispiel auch der „Basler Totentanz“, das aus 13 Figuren bestehende „Große Orchester“, Napoleon oder Kaiser Ferdinand von Österreich.

Was steckt hinter den Figuren?
Vor allem die Figurengruppe des „Großen Orchesters“ sei berühmt, die nach Karikaturen des Malers Hieronymus Hess angefertigt wurden. Sie bergen „ein kleines bisschen ein Rätsel“, wie der Museumsleiter berichtet. Denn Hess habe zu seinen Karikaturen Namen vermerkt. „Aber niemand weiß, wer sich dahinter verbirgt.“ Auch ob tatsächlich reale Persönlichkeiten aufs Korn genommen wurden, sei nicht bekannt.