Knapp 29 Millionen Menschen engagieren sich in ihrer Freizeit nach Angaben der Bundesregierung für andere. Freiwillig, aber unentgeltlich, sind sie in den verschiedensten Bereichen tätig – und häufig unabdingbar. Auch im Hegau bringen sich zahlreiche Menschen ein: „Laut einer Untersuchung, die wir vor drei Jahren durchgeführt haben, hat jeder zweite Bürger sich ehrenamtlich engagiert oder tut es nach wie vor“, erklärt Achim Eickhoff als Pressesprecher der Stadt Singen. Dieses Engagement sei sehr wichtig. Das betonten im Jahr 1985 auch die Vereinten Nationen und erklärten den 5. Dezember zum Tag des Ehrenamtes.

In Deutschland werden aus diesem Anlass auch die Bundesverdienstorden an besonders engagierte Menschen verliehen. Doch auch ohne Orden zeigt ein Blick in die Region: Das Engagement ist groß.

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260 eingetragene Vereine und ehrenamtliche Organisationen gibt es in Singens Kernstadt und Ortsteilen, erklärt Eickhoff auf Nachfrage. „Im Bereich der Sport- und Kulturvereine ist besonders viel Ehrenamt gefragt. Es gibt 69 Sportvereine mit insgesamt 17.000 Mitgliedern.“ Im Sozialen sei beispielsweise der Verein InSi in den vergangenen Jahren stark gewachsen auf rund 200 Mitglieder. Doch auch Ehrenamtliche brauchen Unterstützung.

Bei manchen Themen können Experten helfen

Die Stadt Singen helfe nicht nur finanziell, sondern auch mit Fachwissen etwa bei der Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung. Auch bei der Suche nach Räumen habe die Stadt immer wieder mitgeholfen. Neuerdings würden auch Neugründungen und Auflösungen von der Stadtverwaltung begleitet.

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Ein Problem: Nachwuchsmangel. „Das ist eine große Herausforderung, der sich viele Vereine, aber auch andere Institutionen stellen müssen. Hier ist nach wie vor viel zu tun, damit die Vereinsarbeit auch weiterhin reibungslos funktionieren kann“, erklärt Achim Eickhoff.

Kampagne soll Ehrenamt bewusst machen

Die Stadt startete 2019 die Kampagne „Habe die Ehre“, um ehrenamtliches Engagement bewusster zu machen. „Die Kampagne soll Menschen dazu motivieren, ein Ehrenamt aufzunehmen. Und sie soll dafür sorgen, dass ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger in Singen eine größere öffentliche Wertschätzung erfahren“, sagt Eickhoff. Nach Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie solle die Kampagne im nächsten Jahr vorangebracht werden.

Menschen aus dem Hegau erzählen von ihrem ehrenamtlichen Einsatz und ihrer Motivation:

Ehepaar arbeitet je 600 Stunden pro Jahr für das DRK

Eine Oberministrantin macht Kirchengemeinschaft erlebbar

Eine Seniorenrätin unterstützt mit Herzblut Schwächere

Eine Tafel-Mitarbeiterin tut nach dem Job noch anderen Gutes

 

Sylvia Halamoda-Marschner und Gerald Marschner engagieren sich fürs Deutsche Rote Kreuz.
Sylvia Halamoda-Marschner und Gerald Marschner engagieren sich fürs Deutsche Rote Kreuz. | Bild: Ingeborg Meier

Die DRK-Mitarbeiter: Ehepaar leistet je 600 Stunden pro Jahr

Es sind Zahlen, die aufhorchen lassen: Rund je 600 Stunden jährlich engagieren sich Sylvia Halamoda-Marschner und ihr Ehemann Gerald Marschner für den DRK-Ortsverein Hilzingen als Bereitschaftsleiter. Sylvia Marschner war zwölf Jahre alt, als sie Gründungsmitglied des Jugendrotkreuz in Freudenstadt wurde. Seitdem ist ihr Leben, abgesehen von Pausen während längerer Auslandsaufenthalte, immer eng mit dem DRK verbunden. Ihrem Ehemann hatte es eine andere Blaulichtorganisation angetan: die Freiwillige Feuerwehr. Ihr gehörte er ebenfalls erst in Freudenstadt, dann in seinen jeweiligen Studien- und Wohnorten an. Seit 2006 wohnen Marschners im Hilzinger Ortsteil Weiterdingen. Einer ihrer ersten Gänge in der neuen Heimat führte sie zur Weihe eines Feuerwehrfahrzeugs in den Kernort. Dort kollabierte ein Gast und die beiden leisteten mit den DRK-Sanitätern vor Ort Erste Hilfe. Das war der Beginn ihres Einsatzes beim Hilzinger Rotkreuz.

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Weil im Ortsverein Not am Mann war, entschieden sie sich für eine Mitgliedschaft und übernahmen schnell Ämter und Aufgaben. Seit 2011 sind Marschners als Doppelspitze im Einsatz, Gerald dazu mittlerweile auch als stellvertretender Vorsitzender. „Das ist unser Beitrag, um die Welt vielleicht ein bisschen besser zu machen“, nennt das Paar als Grund für sein enormes uneigennütziges Engagement, das es seit Jahrzehnten leistet. Mehr Unterstützung würden sie allerdings sehr willkommen heißen und wollen deshalb die Mitgliederwerbung für den kleinen Ortsverband verstärken. (drm)

Janine Rausch bringt Jüngeren die Kirchengemeinschaft.
Janine Rausch bringt Jüngeren die Kirchengemeinschaft. | Bild: Sandra Bossenmaier

Die Oberministrantin: Kirchengemeinschaft erlebbar machen

Schon als Grundschülerin merkte die heute 23-jährige Erzieherin Janine Rausch aus Rielasingen, dass sie Jesus näher sein möchte. Das Mädchen war mit Geschichten von Jesus aufgewachsen, oft hatte sie den Kindergottesdienst besucht und je älter sie wurde, umso öfters ging sie in den normalen Gottesdienst. Nach ihrer Erstkommunion wurde sie Ministrantin und dient seitdem am Altar. Sie macht vieles in der Katholischen Kirche, selbstverständlich ehrenamtlich. „Ehrenamt geht nur zusammen und Hand in Hand“, weiß sie. Doch es mache Freude, Kindern die Gemeinschaft in der Kirche erlebbar zu machen.

Seit über sieben Jahren ist sie Oberministrantin in Rielasingen, hilft bei Jugendgottesdiensten und Firmvorbereitungen mit. Und seit dem vergangenen Frühjahr ist Janine Rausch auch Mitglied im Pfarrgemeinderat. „Es macht mir einfach Spaß mit Menschen zu arbeiten“, erzählt sie. Besonders freue sie, wenn die ministrierenden Kinder mit einem strahlenden Gesicht in die Sakristei kommen und die Kirche nach dem Gottesdienst und einem großen Lob des Pfarrers wieder verlassen. „Dann merke ich, dass wir alles richtig machen.“

Als Oberministrantin kümmert sie sich um die Jüngeren. Dazu gehören nicht nur die Dienstplanung und Übungen, sondern auch mal miteinander zu spielen oder einen Ausflug zu organisieren. Erst vor ein paar Wochen ging es mit Pfarrer Steidle und den Ministranten gemeinsam in einen Freizeitpark. Besonders wegen der Einschränkungen durch die Pandemie sei das für alle eine große Freude gewesen. (bos)

Von Kindern bis zu Senioren ehrenamtlich im Einsatz: Sich für andere einzubringen gehört für Christl Löffler aus Gottmadingen seit ihrer ...
Von Kindern bis zu Senioren ehrenamtlich im Einsatz: Sich für andere einzubringen gehört für Christl Löffler aus Gottmadingen seit ihrer Jugendzeit dazu. | Bild: Christel Rossner

Die Seniorenrätin: Mit den Jahrzehnten wandeln sich Rollen

Über die Frage, warum sie sich ehrenamtlich engagiert, hat sich Christl Löffler aus Gottmadingen noch nie Gedanken gemacht: „Seit meiner Pfadfinderzeit in den 1960er Jahren gehört das einfach dazu“, sagt sie ganz selbstverständlich. Im Ehrenamt könne man auch Fähigkeiten in sich entdecken, in jede Aufgabe wachse man hinein. Mit Herzblut unterstütze sie Schwächere und bekomme auch etwas zurück. Und mehr noch: „Im Ehrenamt kann man etwas bewegen und mitgestalten.“

Ihr Weg dahin sei klassisch gewesen. Los ging es als Leiterin bei den Pfadfindern, als ihre Söhne zur Schule gingen war sie Vorsitzende im Elternbeirat. Seit 2005 engagiert sie sich im Sozialverband VDK, wo sie die Pressearbeit übernahm. Seit Gründung des Seniorenrates im Jahr 2012 ist sie mit dabei, drei Jahre war sie dort auch stellvertretende Vorsitzende.

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Der Seniorenrat liege ihr besonders am Herzen – nicht nur, weil sie selbst zu den Senioren zähle. „Ich setze mich gern für andere ein und weiß, wo die Bedürfnisse dieser Altersgruppe liegen“, erklärt die 72-Jährige. Es seien kleine, aber wichtige Hilfen, das habe sich bei der Terminvergabe für Corona-Impfungen gezeigt. „Ohne die Unterstützung des Seniorenrates wären ältere Mitbürger bei der Online-Anmeldung total überfordert gewesen.“ Der Dank, der zurück kam, habe gezeigt, dass sich der Einsatz lohne. Christl Löffler ist in Gottmadingen geboren und aufgewachsen und kann durch ihren langjährigen ehrenamtlichen Einsatz sagen: „Eine Gemeinde wird erst lebendig durch die Menschen, die sie mitgestalten.“ (ros)

Susanne Hendricks engagiert sich ehrenamtlich als Helferin im Engener Tafelladen.
Susanne Hendricks engagiert sich ehrenamtlich als Helferin im Engener Tafelladen. | Bild: Kerle, Helene

Die Tafel-Mitarbeiterin: Nach dem Job anderen Gutes tun

Vor sieben Jahren hat Susanne Hendricks ihren Buchladen in neue Hände übergeben. Für die Zeit nach dem Arbeitsleben war für sie eins klar: „Ich wollte mich sozial engagieren. Uns ging es immer gut. Ich dachte, da kann man auch mal was zurückgeben“, beschreibt die 69-Jährige. Schon als Buchhändlerin hatte sie Kontakt zur Tafelleitung und gab Kalender und Ähnliches aus ihrem Laden an die Einrichtung ab. Seit der Rente macht sie sich für die Tafel in Engen stark und arbeitet aktuell einmal die Woche im Laden: Sie wiegt Obst und Gemüse, sortiert Waren in Regale oder bedient die Tafelkunden an der Kasse. „Man braucht eine Übersicht im Verkauf und muss dafür sorgen, dass es gerecht zugeht“, erklärt sie ihre ehrenamtliche Arbeit.

Eine wichtige Grundvoraussetzung dafür sei der positive Umgang mit Menschen und Offenheit. „Die Dankbarkeit von vielen Kunden trägt das Engagement“, findet Susanne Hendricks. Momentan gebe es 23 ehrenamtliche Mitarbeiter bei der Engener Tafel, die sich die Arbeit aufteilen: „Drei davon fahren die Bäcker, von denen wir Ware vom Vortag bekommen, an und holen die Backwaren ab“, so Hendricks.

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Doch für den Tafelladen brauche viele helfende Hände. Pro Öffnungstag, und davon gibt es zwei in der Woche, sind fünf Helfer gefragt. „Wir sind ein tolles Team“, konstatiert die engagierte Rentnerin. Doch das könnte Verstärkung brauchen: „Es werden immer Helfer gesucht. Das Personal, was da ist, soll nicht überfordert werden“, sagt sie. Dabei sei von Vorteil, dass Helfer ihre Schichten frei eintragen können. (ker)