Der Traum vom perfekten Körper, Anerkennung und Respekt ist einem jungen Mann aus Singen und seiner Mutter zum Verhängnis geworden. Wegen unerlaubtem Besitz von Dopingmitteln in nicht geringer Menge mussten sie sich vor dem Amtsgericht Singen rechtfertigen.
Er wollte auf Wettbewerbe gehen
„Auf naturellem Wege habe ich keine Erfolge erzielen können“, schildert der 24 Jahre alte Angeklagte. Durch Freunde sei er auf Fitnesssport aufmerksam geworden, diese hätten jedoch keinen Bezug zu Doping gehabt. Um seine Leistungsfähigkeit und den Muskelaufbau zu steigern, informierte er sich zunächst im Internet über verschiedene Arten des Dopings. Dabei stieß er auf eine bulgarische Internetseite, die jegliche Arten von Aufputschmitteln verkaufte, sowie Medikamente zur Bekämpfung von Nebenwirkungen.
So sah die erste Bestellung aus
Der aus Bosnien stammende Mann, dessen Ziel es war, später an Bodybuilding-Wettbewerben teilzunehmen, startete im Jahr 2016 mit einem Gewicht von 70 Kilogramm. Knapp zwei Jahre trainierte er intensiv rund drei bis fünf mal pro Woche ohne Doping zu konsumieren - er konnte seine Ziele aber nie erreichen. Deshalb bestellte er im August 2018 zum ersten Mal bei dem bulgarischen Online-Händler.
Die Dopingmittel des ersten Pakets hatten einen Wert von circa 350 Euro. Dabei konsumierte der Angeklagte einen Cocktail aus verschiedensten Medikamenten. Die Menge der enthaltenen Dopingmittel entsprach insgesamt dem 16-fachen einer nicht geringen Menge, wie sie vom Bundesgerichtshof definiert wird und verstieß somit gegen das Anti-Doping-Gesetz. Wie die Staatsanwaltschaft erklärte, handelt es sich in den meisten Dopingfällen vor Gericht nur um die drei- bis vierfache Überschreitung der nicht geringen Menge.
Laut einer Studie der Welt-Anti-Doping-Agentur führen Bodybuilder die Liste der meisten Dopingfälle an. Dabei wird vor allem Testosteron, wie auch der Angeklagte es genommen hat, dem Körper zugefügt. Testosteron ist ein Sexualhormon und habe eine muskel- und kraftaufbauende Wirkung, erklärt Beschuldigte. Außerdem beschleunige es die Regenerationszeit, wodurch öfter und härter trainiert werden könne. Dadurch werde auch die Motivation für den Sport gesteigert. Jedoch kann der leistungssteigernde Stoff auch viele körperschädigende Nebenwirkungen hervorrufen, wie zum Beispiel Herzrhythmusstörungen, Nieren- und Lebertumore und Impotenz.
2000 Euro für Doping – Es gab Mengenrabatt
Nach etwa drei Monaten der kontinuierlichen Einnahme des Testosterons, habe er Erfolge mit dem Kraftsport erzielen können. Sein Gewicht erhöhte sich auf 85 Kilogramm, das Training wurde immer intensiver. „Jetzt aber richtig“, dachte sich der Angeklagte damals, wie er erzählt und bestellte ein weiteres Paket. Diesmal im Wert von 2000 Euro und dem mehr als 300-fachen einer nicht geringen Menge der Aufputschmittel.
„Auf die Bestellung gab es Mengenrabatt“, rechtfertigt der 24-Jährige seinen Einkauf. Außerdem sah er ein geringeres Risiko vom Zoll kontrolliert zu werden, wenn er alles auf einmal bestelle statt in mehreren kleineren Bestellungen. Auch dieses Paket konnte problemlos zugestellt werden. Einen Teil der Bestellung lagerte er in seiner eigenen Wohnung, den Großteil versteckte er jedoch auf dem Dachboden der Wohnung seiner Mutter. Diese habe davon nichts gewusst.
Auf dem Dachboden der Mutter versteckt
Dem exzessiven Doping-Missbrauch des jungen Mannes wurde in einer Nacht im November 2018 jedoch ein Ende gesetzt. Damals, so schildert der Angeklagte, habe er den Karton mit den Aufputschmitteln in die Wohnung der Mutter getragen, um sich seine wöchentliche Ration herauszunehmen. „Ich war einfach zu faul, ihn wieder auf den Dachboden zurückzustellen“, erklärt er. Deshalb stellte er den Karton in die Badewanne und bedeckte diesen mit Kleidern.
Beim Verlassen der Wohnung geriet der Mann jedoch in eine Kontrolle zweier Polizisten, die auf nächtlicher Streife waren. Die mitgenommenen Dopingmittel konnten sie schnell auffinden und beschlagnahmten sie ohne Widerstand des Beschuldigten. Weil der Mann angab aus der Wohnung seiner Mutter zu kommen, beschlossen die Polizeibeamten, auch diese zu kontrollieren. Dort fanden sie den Karton samt Dopingmittel in der Badewanne auf und beschlagnahmten auch diesen.
Das Absetzen führte zur Depression
Nach dem Absetzen der Aufputschmittel nahm die Leistungsfähigkeit des Angeklagten im Sport wieder ab. Auch das äußere Erscheinungsbild veränderte sich und erinnerte schnell an die Anfänge. „Ich habe mir nicht mehr gefallen, wenn ich in den Spiegel geschaut habe - ich war einfach unzufrieden“, beschreibt der Angeklagte. Das Ganze habe ihn schlussendlich bis in eine Depression geführt. Diese habe er mittlerweile besiegt, exzessiven Sport wolle der Angeklagte aber nicht mehr machen. „Vielleicht ein bis zweimal die Woche, wenn überhaupt“. Auch die Mitgliedschaft im Fitnessstudio sei seit Längerem gekündigt.
Der Prozess um die Mutter, die wegen Vorsatz und willentlichem Aufbewahren der Dopingmittel angeklagt war, wurde am Ende der Gerichtsverhandlung eingestellt. Da der angeklagte Sohn vor Gericht Reue zeigte, die Tat vollständig eingestand und keine Rückgabe der Mittel verlangte, fiel das Strafmaß auf zwei Jahre Bewährungszeit, sowie einer Geldauflage von 3000 Euro an das Kinderheim Sankt Peter und Paul.