Bürokratie dürfte für viele Unternehmer eine ungeliebte Pflicht sein. Einer, der dabei helfen will, die unliebsamen Aufgaben im Griff zu behalten, ist der Singener Timo Heckel. Der breiten Öffentlichkeit unterm Hohentwiel ist er als Darsteller des Singener Erznarren Poppele bekannt, der zum Beispiel an Martini die Fasnet einläutet, den Narrenspiegel eröffnet und bei Rathaussturm und Umzügen eine tragende Rolle spielt. Doch im Berufsleben arbeitet Heckel mit Computern, Algorithmen und Künstlicher Intelligenz (KI). Wie man damit Unternehmen effizienter machen kann, will er mit seinem Kollegen Peter Keck beim Wirtschaftsforum in der Singener Stadthalle am Donnerstag, 18. April, zeigen.
Mit Computern den Papierkram in Schach halten
Für den Einsatz von KI bei seiner Arbeit hat Heckel gleich ein Beispiel aus dem Versicherungswesen parat. Statt blind alle zulässigen Kontakte anzuschreiben, habe ein Unternehmen einen anonymisierten Satz von Kundendaten auswerten lassen, und zwar mithilfe einer KI. Das Ziel: Herausfinden, wer wahrscheinlich eine bestimmte Versicherung abschließen wird.

Aus den Daten der Vergangenheit habe die KI teils überraschende Verbindungen herausfiltern können, etwa: Wer ein Haustier besaß, habe zuvor eher die Versicherung abgeschlossen. Die folgende Werbekampagne für das Versicherungsprodukt sei deutlich erfolgreicher gewesen als früherer Kampagnen. „Man hat keine Leute belästigt, die das Produkt ohnehin nicht wollen“, erklärt Timo Heckel. Das Unternehmen habe durch die Auswertung der Daten auch Kosten gespart.
Überhaupt, die Daten. „Überall, wo wir hinkommen, gibt es Daten, aber es wird meistens zu wenig daraus gemacht“, mein Heckel. Ein klassisches Beispiel sei der Verschleiß von Teilen an Maschinen. Die könne man nach festen Wartungsplänen tauschen, verschwende dadurch aber möglicherweise Laufzeit, wenn das Verschleißteil noch länger durchgehalten hätte. Eine Maschine könnte Daten des Geräts auswerten und beispielsweise charakteristische Änderungen bei Geräuschen, Drehzahlen oder Widerständen erfassen. Stecke eine selbst lernende KI dahinter, könne diese im Laufe der Zeit immer genauer bestimmen, wann ein Verschleißteil wirklich kurz vor dem Defekt stehe.
Automatisierung geht im Prinzip überall
Doch das Hauptfeld, auf dem die Beratungsagentur unterwegs sei, sei die Automatisierung, berichtet Heckel. Sein Arbeitgeber, die Agentur Avura, ist eine Tochtergesellschaft der Volksbank Gestalterbank mit Hauptsitz in Villingen und Offenburg, die größtenteils bei Banken und Versicherungen tätig sei. Und vor allem beim Mittelstand. Automatisierung sei häufig ein völlig unterschätztes Thema, sagt Heckel.
Denn automatisieren könne man nicht nur in der Produktion, sondern auch bei Verwaltungsaufgaben: „E-Mails, Büroprogramme oder Programme zur Planung von Unternehmensressourcen, die sogenannten ERPs: Im Prinzip kann man überall Teilprozesse oder auch alles automatisieren.“ Dadurch könne man Bürokratie leichter bewältigen und Menschen von den stumpfen administrativen Tätigkeiten entlasten.
Im Wesentlichen würde die Beratungsagentur dabei noch mit herkömmlichen Mitteln wie festen Arbeitsanweisungen, den Algorithmen, arbeiten, so Heckel. KI sei daher auch für die Agentur ein Schritt in die Zukunft. Sie könne aber helfen, die Automatisierung noch weiter voranzutreiben.
Darin ist sich Heckel mit dem Hauptredner der Abendveranstaltung beim Wirtschaftsforum, Philip Häusser, einig. Der promovierte Physiker, KI-Forscher und Wissenschaftsjournalist sagte im Vorfeld der Veranstaltung, durch KI könne man die nächste Stufe der Automatisierung erreichen. Die Abendveranstaltung beginnt am Donnerstag, 18. April, um 19.30 Uhr in der Stadthalle. Der SÜDKURIER ist Medienpartner des Wirtschaftsforums, Chefredakteur Stefan Lutz moderiert den Abend.
Es gehe nicht um weniger Arbeitsplätze
Werden menschliche Arbeitskräfte dadurch überflüssig? „Bislang sind noch nirgends, wo wir waren, Stellen weggefallen“, sagt Heckel dazu. Es gehe eher darum, den Verwaltungsanteil der Arbeit rascher zu bewältigen, sodass man die immer komplexeren Aufgaben mit dem vorhandenen Personal und bei leergefegtem Arbeitsmarkt bewältigen könne. Denn die stumpfe Verwaltungsarbeit komme in der Regel zur eigentlichen Arbeit hinzu. KI könne helfen, sich wieder auf diese konzentrieren zu können.