Die Hoffnung lebt. Der Sinn für Realität auch. Das machen Franz Signer und Werner Wocher im schweizerischen Ramsen deutlich. Treffpunkt ist das Bahnhofsgebäude, das etwas als Mogelpackung herhalten muss. Denn: Es fiel vor etlichen Jahren einem Brand zum Opfer. Ein Güterschuppen eines Bahnhofes in der Nähe von Winterthur steht stattdessen da. Mit einem enormen Kostenaufwand verlagert und aufgebaut, wie Signer erklärt. Er führt zusammen mit Wocher den Verein zur Erhaltung der Eisenbahnlinie Etzwilen – Singen, VES, mit inzwischen mehr als 150 Mitgliedern. Ganz nach dem Vereinsgrundsatz ist es gelungen, viel Geld in die Sanierung der Strecke zu investieren und dafür auch tatkräftig Hand anzulegen. Signer und Wocher, der eine große Dokumentation der früheren Randenbahn veröffentlicht hat, wollen die Etzwiler Bahn für den Personenverkehr aufrüsten.

Signer hofft wie sein Partner, dass in näherer Zukunft sogar ein regulärer Personenverkehr auf der Etzwiler Bahn zum Einsatz kommt. Eine vom Land Baden-Württemberg initiierte und 90 Prozent bezuschusste Machbarkeitsstudie soll ausloten, ob eine solche Linie zum Einsatz kommen kann. „Wir müssen abwarten, was diese ergibt. Eines ist klar. Die Reaktivierung der Personenbeförderung, die seit 1969 ruht, würde viel Geld kosten, das weder der Verein noch die Stiftung nicht mal in Teilen stemmen kann“, betont Werner Wocher. Es müsste eine Gesellschaft für den Betrieb gegründet und die Finanzierung geklärt werden.
Mächtig Gegenwind erhalten die Pläne, die von der Stadt Singen und der Gemeinde Rielasingen-Worblingen durchaus eine positive Bewertung erhalten, durch eine Bürgerinitiative von Anwohnern. Sie hat sich mit Schwerpunkt in Rielasingen formiert. Die Gegner einer Reaktivierung der Etzwiler Bahn für den Personenverkehr argumentieren unter anderem damit, dass sie den Erhalt eines gut funktionierendes Busverkehrs in Gefahr sehen und auch eine schon lange angestrebte Umfahrungsstraße der Gemeinde, weil dort ein dichter Durchgangsverkehr herrsche. „Die Anwohner befürchten Lärm, wenn Züge in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft vorbeifahren“, sagt Signer.

„Mit neuen Techniken, wie über Akku-Antrieb von Triebwagen oder mit Wasserstoff-Zellen, würden die Züge fast geräuschlos passieren“, betont Signer. Er könne sich vorstellen, dass zwischen Rielasingen und Singen Personenzüge fahren könnten mit ein bis zwei Zusatz-Haltestellen im Singener Süden. Dies könne gefördert werden durch Anfahrten von Linien-Bussen. Auch der Bürgerbus von Rielasingen-Worblingen würde sich als Zubringer gut eignen. Er müsste aber etwas ausgebaut werden. „Auf Schweizer Terrain würde eine Zugverbindung wohl weniger möglich werden. Dort gibt es zu gute Busverbindungen“, betont Signer.
„Dass wir es bisher schafften, jährlich mehrmals eine Museumsbahn fahren zu lassen, verdanken wir einer Stiftung, die der Schaffhauser Giorgi Behr großzügig ins Leben gerufen hat“, betont er. Gut eine halbe Millionen Euro seien ausgeschüttet worden, um die Bahnstrecke zu reaktivieren, wie für die Sanierungen der Schienen, Stationen, Bahnübergänge, die Befestigung der Hemishofer Brücke und die Erneuerung der Gleise auf der Singener Georg-Fischer-Straße.
Das Gespräch mit Signer und Wocher verrät: Die beiden Rentner leben die Bahn, schon seit Kindheit an. „Die Züge haben uns schon immer magisch angezogen“, erklären beide im Einklang. Sie freuen sich mächtig darauf, dass die Museumsbahn am Sonntag, 15. Mai, drei Mal zwischen Stein am Rhein und Rielasingen verkehrt. Es gibt auch weitere Angebote am 4. September und 2. Oktober. Dann fährt sie die Museumsbahn wieder bis nach Singen, diesmal nur von Etzwilen bis nach Rielasingen und retour. Die am 15. Mai eingesetzte Dampflok sei technisch nicht so ausgelegt, dass sie bis zum Singener Bahnhof fahren kann.
Eine weitere Attraktion der Museumsbahn sind die Schienenvelos, die für die Strecke von Ramsen nach Hemishofen gemietet werden können. Mit Begleitung kann über die Rheinbrücke bei Hemishofen gefahren und von dort aus den Rhein und die Landschaft bewundert werden. An den Dampfzugfahrsonntagen können keine Schienenvelos vermietet werden. Sie finden einen guten Zuspruch, durch jährlich mehr als 800 Fahrten.
„2021 sorgten drei Hin- und Rückfahrten zwischen Etzwilen und Singen mit einer Dreiecksverbindung mit einer Linie von und nach Schaffhausen für eine Rekordteilnahme von an die eintausend Besucher“, verrät Signer.
Museumsbahn fährt
Erstmals ist die Dampflok 528055, Baujahr 1943, im Einsatz. Die modernisierte wurde nach neuestem Stand der Dampftechnologie umgebaut, mit Leichtölfeuerung, sowie besserer Wärmedämmungen und Rollenlager. Der Dampfzug verkehrt von Stein am Rhein über Etzwilen nach Rielasingen und zurück, dreimal am Sonntag, 15. Mai. Während des Zugaufenthaltes in Ramsen von 13.35 bis 14.20 Uhr wird noch eine Fahrt mit einem nostalgischen Postauto nach Hemishofen angeboten, wo das Bahnstations-Museum mit Führung besichtigt werden kann.
Weitere Infos und Buchungen: www. etzwilen-singen.ch, (0041) 52 743 14