Herr Benz, die Narrenvereinigung Hegau-Bodensee fährt mit Vertretern der Mitgliedszünften nach Berlin. Wer kam auf die Idee, die Reise zu initiieren?
Wir waren bereits 2011 mit der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee mit 170 Narren in Berlin. So dachte ich 2017, wir könnten uns ja mal wieder bewerben. Es wird nur noch alle zwei Jahre eingeladen und nicht mehr jährlich. Das Jahr 2018 war bereits vergeben. So bewarb ich mich für die Narrenvereinigung für 2020. Daraufhin habe ich ein Jahr nichts gehört. Nach der Fasnacht 2018 habe ich nachgefragt, was aus der Bewerbung wird. Hier kam die Antwort sie können sich noch gut an 2011 an uns erinnern und es sehe gut aus, aber die finale Entscheidung finde erst im Frühjahr 2019 statt.
Und das Warten sich dann ja gelohnt.
Am 16. Mai kam die Zusage von Staatssekretär Volker Razmann, der Bevollmächtigte des Landes Baden-Württemberg beim Bund. Umgehend bedankte ich mich im Namen der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee für die Einladung. Nun teilte man mir Kontaktpersonen mit. So kam es zum ersten Gespräch. Doch hat sich seit 2011 vieles verändert, alles wird komplizierter. In der Landesvertretung wurde für solche Anlässe eine Projektleiterin für Veranstaltungen zuständig. Mit dieser fanden bereits im Juni 2019 regelmäßig Telefonate und Mails statt. Wie zum Beispiel Hotel-Belegung, Abendprogramm, Ablauf der drei Tage, sodass bis zum 29. Oktober das meiste abgeklärt war.

Wie wurden die Teilnehmer ausgewählt?
In den Herbstkonventen der sechs Landschaften wurde die Berlin-Reise vom 12. bis 14. Februar 2020 angekündigt und die Zünfte konnten sich bewerben in der Zeit vom 16. bis 30. Oktober 2019. Es haben sich darauf 44 Zünfte mit je zwei Personen als Maskenträger beworben. Alle Interessenten konnten wir aufnehmen.
Was steht in Berlin auf dem Programm und welches sind für Sie die Höhepunkte?
Auf dem Programm stehen eine Stadtrundfahrt, Besuch bei der Repräsentanz der EnBW Berlin am Schiffbauerdamm. Empfangen werden wir von Andreas Renner. Es gibt eine Probe aller Mitwirkenden für die Aufführung in der Landesvertretung Baden-Württemberg. Eine Gruppe geht in den Plenarsaal. Alle 160 Narren besuchen den großen Fraktionssaal der CDU im Bundeshaus. Es steht auch ein Foto-Termin am Brandenburger Tor. Anschließend machen wir einen Umzug um das Tor. Es folgt ein Festabend in der Landesvertretung Baden-Wüttemberg mit buntem Programm, Buffet, anschließend Tanz und Unterhaltung mit den Hannocken aus Radolfzell.
Bei Ihnen läuft die gesamte Organisation zusammen. Wieviele Telefonate haben Sie geführt und Mails versendet, bis die Reise am 12. Februar losgeht?
Die Telefonate habe ich nicht gezählt aber es waren sehr viele mit verschieden Stellen in Berlin. Rund 200 Seiten Papier wurden hin- und gemailt und Anträge bearbeitet. Es folgte auch ein Absprache Termin in Berlin am 4. Dezember 2019. Hier nahmen der Präsident Rainer Hespeler und ich teil. Bei der ganzen Arbeit ist Kanzelar Bernd Schuckert für die vielen Listen und Info- Schreiben eine große Hilfe für mich gewesen.

Wie groß ist die Vorfreude bei den Teilnehmern der Berlin-Reise? Gibt es schon eine Resonanz?
Riesig. Manche können es kaum erwarten, bis es losgeht. So wie ich dies beispielsweise von der Reichenauer Grundel-Garde erfahren habe. Sie treten beim Programm auf.
Sie gelten ja ohnehin als Organisationstalent sowohl bei der Gerstensack-Zunft Gottmadingen als auch bei der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee. Was treibt sie an, auch im Alter von 76 Jahren, einen derart großen Einsatz zu zeigen?
Ich bin nach wie vor ein Vollblut-Narr beim Verband und bei der Narrenzunft Gerstensack Gottmadingen. Ich kann sagen: einmal Narr, immer Narr. Und das Organisieren macht mir einfach Spaß. Auch heute noch.
Die Narrenvereinigung trifft ja auch in Berlin Politiker, wie den regionalen Bundestagsabgeordneten Andreas Jung. Gibt es auch ernste Themen zu besprechen, wie die zunehmend strengeren und kostspieligen Auflagen für Fasnachtsveranstaltungen?
Sicher wird es am Rande des Besuches auch Gespräche wegen der vielen Auflagen und Vorschriften bei der Fasnacht geben. Im Vordergrund steht aber der Spaß und die Freude, auch mit Auftritten, einen bunten Farbtupfer nach Berlin zu bringen.
Es gibt auch ein Treffen mit zahlreichen Diplomaten aus allen Herren Ländern der Welt. Verstehen sich die Vertreter der Narrenvereinigung auch als Botschafter im Narrenhäs, wie für die Völkerverständigung?
Sicher sehen wir uns auch als Botschafter für Integration, es gibt ja in vielen Zünften aus anderen Ländern Leute, die Spaß an Fasnacht haben und sich deshalb in vielen Zünften als Mitglieder angeschlossen haben.

Wieviele Jahre sind Sie schon bei der Narrenvereinigung in der Führung tätig und wie lange wollen Sie die doch auch anstrengenden Aufgaben noch ausführen?
Seit 1973 bin ich im Präsidium der Narrenvereinigung Hegau-Bodensee als Landvogt der Landschaft Rosenegg tätig. Auch wirke ich zudem als Anzeigenleiter an der Narrenzeitung der Vereinigung mit.
Ab den 90-er Jahren war ich Kanzelar und heute noch Ehrenkanzelar und Senator der Narrenvereinigung. Die Senioren werde ich weiter betreuen und andere Aufgaben übernehmen, wenn ich gebraucht werde und mir die Gesundheit es erlaubt.
Sie sind auch ein SÜDKURIER-Urgestein. Was verbindet Sie heute noch mit dem SÜDKURIER, auch in Bezug auf die Fasnacht?
Bis 2005 war ich aktiv als stellvertretender Anzeigenleiter tätig. 2005 begann der Unruhestand. Ich mache heute noch Betriebsführungen für Gruppen und Schulklassen. Beim Umbruch der Narrenzeitung der Narrenvereinigung bin ich jährlich dabei. Außerdem organisiere ich den närrischen Druckerei-Abend für die Zeitungsmacher.

Kaum einer lebt die Fasnacht wie Sie. Gibt es auch Dinge, die Ihnen missfallen?
Die zunehmende Anzahl von Hexengruppen bereitet uns bei der Narrenvereinigung Sorgen. Da stimmt oft das Verhältnis zu den anderen Gruppen nicht mehr. Ein solcher Trend ist vor allem im Schwarzwald zu erkennen. Bei unserem großen Umzug am Fasnetmäntig in Gottmadingen müssen wir immer wieder Hexengruppen absagen, damit es nicht zu viele werden. Es tauchen auch immer mehr Perchter-Masken auf, die mit Fasnacht im eigentlichen Sinn nichts zu tun haben. Diese gruseligen Gesellen und bösen Geister haben ihren Ursprung in Österreich, wo sie den Winter austreiben wollen.
Was mögen Sie besonders an der Narretei?
Es ist ganz einfach der Spaß und der Frohsinn, den die Menschen an der Fasnacht haben. Das ist bei den Jungen, aber auch bei den närrischen Senioren-Nachmittagen spürbar. Gerade die älteren Menschen sind sehr dankbar, wenn sie in die Narretei miteinbezogen werden. Das Brauchtum macht die Fasnacht aus. Und es ist auch eine Zeit, in der das Rügerecht ausgeübt werden darf, wie an der Politik.
Was wünschen Sie sich für die anstehende Fasnacht?
Eine fröhliche und friedliche Fasnacht mit viel Spaß und ohne Unfälle.
Zur Person
Walter Benz ist 76 Jahre alt, verheiratet mit Charlotte Benz. Sie haben einen Sohn und den Enkel Paul. Benz besuchte acht Jahre die Volksschule Gottmadingen, anschließend die höhere Handelsschule Singen. Es folgten die Ausbildung zum Textilkaufmann bei der Modehaus Schuler in Singen und ein Textildiplom in Schloss Hohenstein. Danach war der gebürtige Gottmadinger Walter Benz als Verkaufsleiter bei Strohmeyer-Bekleidung in Konstanz, zwei Jahre bei der Intersport-Zentrale Heilbronn und ab 1975 beim SÜDKURIER in Konstanz tätig. Er macht dort heute noch Führungen.