Frau Lusin, Tanzen ist ihre große Leidenschaft. Wie kam es dazu?
Meine Mama hat mich zum Tanzen gebracht, da war ich sechs. Aber dann habe ich gesehen, dass Paare tanzen. ‚Mama, ich will nicht mit einem Jungen tanzen‘, habe ich gesagt und bin ich nach zwei Trainings nicht mehr gegangen. Vier Jahre später hat es mein Opa nochmal probiert. Er hat früher an der Uni getanzt und Tanzen war seine Leidenschaft. Mit zehn Jahren habe ich ok gesagt und schon mit 13 bin ich zum Tanzen nach Moskau gezogen. Valentin hat im Alter von sechs Jahren in einer Tanz-AG an seiner Schule in Sankt Petersburg mit Polka und Kindertänzen begonnen. Mit siebeneinhalb Jahren ist er nach Deutschland gekommen und hat gleich in Dresden an einem Turnier teilgenommen, den ersten Platz und ein Spielzeugauto gewonnen. Das hat ihn sehr motiviert.
Sie tanzen seit 2003 miteinander. Wie gelingt es, Berufliches und Privates voneinander zu trennen?
Mit 16 Jahren bin ich nach Deutschland gekommen, seitdem tanzen wir zusammen. Als wir uns getroffen haben, war es Liebe auf den ersten Blick. Trotzdem haben wir es geschafft, die Schule zu beenden. Wir haben Abitur und Studium absolviert. Wir kennen es nicht anders, als zusammen zu sein. Streit gibt es meistens nur beim Training. Da sind schonmal Schuhe und Taschen geflogen. Aber zurück zu Hause gibt es ein Küsschen von Valentin – wir sind nicht nachtragend.

Wie viel Training ist nötig, um auf diesem Niveau zu tanzen?
Bei den Amateuren war unser Pensum enorm, drei bis vier Stunden täglich und zusätzlich Fitnesstraining am Abend – manchmal also insgesamt fünf bis sechs Stunden pro Tag. 2018 kam der Wechsel zu den Professionals, dann mussten wir nicht mehr täglich trainieren. Und nach unserem Weltmeistertitel Showdance Standard 2021 haben wir den Turniertanz beendet. Jetzt beginnen wir kurz vor Shows mit dem Training. Aber auch mit 25 Jahren Tanzerfahrung geht es darum, die Fitness zu erhalten. Joggen, Radfahren oder Besuche im Fitnessstudio gehören dazu. Auch durch ‚Let‘s Dance‘ und die ‚Let‘s Dance‘-Tour bleiben wir natürlich in Form.
Erfordern größere Shows mehr Training?
Oh, wir haben ja zum Glück viel Erfahrung. Für den Eröffnungstanz bei ‚Let‘s Dance‘ haben wir ja nur zwei Stunden Zeit für das Training am Mittwochabend. Für Shows, die wir schon gemacht haben, braucht es weniger Training, für eine neue Show dann schon mehr – wie beispielsweise die ‚Spicy Margerita‘ für den ‚ZDF-Fernsehgarten‘. Aber eine Show ist glücklicherweise kein Turnier, da geht es mehr um Ausstrahlung und Präsenz als um Technik.
Waren Sie schon mal am Bodensee und können Sie sich dieses Mal Zeit nehmen, um etwas von der Region zu sehen?
Wir sind aufgrund unserer Shows öfters in ganz Deutschland unterwegs und waren auch schon am Bodensee. Aber dieses Mal können wir leider die Gegend nicht genießen. Wir kommen an, machen unsere Show, geben Autogramme und am Sonntag geht es schnell wieder nach Hause.
Tanz ist ja ein Hochleistungssport. Ist es da schon mal zu größeren Verletzungen gekommen?
Größere Verletzungen gab es zum Glück nicht, eher mal beim Skifahren wie bei Valentin oder beim Bouldern wie bei mir – aber das war zum Glück in der Corona-Zeit, wo wir eh kaum auftreten konnten. Einmal ist Valentin beim Jive umgeknickt, hat sich aber nichts gebrochen, bis zur Genesung hat es aber doch lange gedauert. Ansonsten muss man sich einfach eingestehen, dass langes Training den Körper fordert – das merkt man im Rücken, der Schulter oder den Füßen. Leistungssport ist Mord.
Aber es gibt ja auch die schönen Seiten. Was waren besondere oder aufregende Momente?
Über 25 Jahre gab es natürlich viele wunderschöne und aufregende Momente. In Erinnerung ist uns beispielsweise die erste Reise nach Schanghai 2003 als deutsche Jugendmeister geblieben. Wir sind direkt ins Finale gekommen, was vor uns 17 Jahre lang kein anderes deutsches Paar geschafft hat. Ein anderer Moment war unsere Avatar-Kür in Peking 2013. Wir wurden Vizeweltmeister, haben uns aber wie Weltmeister gefühlt. Krönender Abschluss war die Weltmeisterschaft 2021 in Leipzig vor heimischen Publikum.
Sie sind im März Mutter einer kleinen Tochter geworden. Wie wird man so schnell wieder körperlich fit?
So schnell? Ich hatte erwartet, dass ich viel schneller wieder fit werde, weil ich auch während der Schwangerschaft Sport gemacht habe. Ich habe zwar 16 Kilo während der Schwangerschaft zugenommen und die Geburt war so hart. Aus medizinischer Sicht sollte ich eigentlich noch gar nicht tanzen. Aber ich kann nicht ohne. Klar, der Körper ist jetzt da, um Mama zu sein und zu stillen. Aber wenn wir zugesagt haben, sagen wir nicht ab.

Apropos Familie, wer betreut Ihr Kind hinter den Kulissen. Zum Beispiel, wenn sie jetzt die Show in Singen tanzen?
Valentins Mama kommt mit zu den Shows – wie zuletzt auch beim ‚Fernsehgarten‘. Da haben glücklicherweise alle viel Verständnis. Bei der anstehenden ‚Let‘s Dance‘-Tour kommt dann meine Mama aus Russland, um unsere Stella zu betreuen.
Sie sind ja aus der Sendung „Let‘s Dance“ gar nicht mehr wegzudenken. Wie ist es, sich immer wieder auf einen neuen Tanzpartner einzulassen?
Es wird immer ja erst im Dezember oder Januar entschieden, wer bei der nächsten Show dabei ist. Wir sind sehr dankbar, dabei sein zu dürfen und würden uns natürlich freuen, wenn wir nächstes Jahr wieder dabei sind. Bis jetzt hat uns das Produktionsteam immer mit ganz tollen Partnern verpaart. Ich habe kein Problem, mich darauf einzulassen. Wir sind ja nicht nur Trainer, sondern auch ein Stück Psychologen – und der Ehrgeiz kommt dazu.
Gerade in dieser langen, intensiven Zeit mit einer anderen Person kommt man sich ja sehr nah. Wie grenzt man sich davon ab, damit es professionell bleibt?
Man hat so viel Druck und so wenig Zeit, da bleiben keine Gelegenheiten, über etwas anderes nachzudenken als das Training. Es herrscht großes Vertrauen zwischen mir und Valentin. Eifersucht kennen wir nicht. Aber es entstehen tolle Freundschaften wie beispielsweise mit Rurik Gislason.