Für viele Menschen sind es Träume auf vier Rädern, die an der Automeile an der Georg-Fischer-Straße in Singen stehen. Und zumindest bei den Fahrzeugen der Marken Ferrari, Lamborghini, Bentley und Maserati heißt der Händler Autohaus Gohm. Es ist eine Welt, in die die meisten Menschen nicht so ohne Weiteres hereinschauen können. Thorsten Gohm, Chef der Autohäuser, gewährt einen seltenen Einblick in die Welt der Luxusautos.

Eigentlich gebe er nur sehr selten Interviews, sagt er. Lieber sei ihm, diskret seinen Job zu machen. Vor allem Luxusmarken machen praktisch keine Werbung und kaum Öffentlichkeitsarbeit, die Hersteller erlegen ihren Händlern mitunter strenge Regeln auf, wie beim Pressetermin deutlich wird.

Das könnte Sie auch interessieren

Gohm empfängt den Besucher in einem Nebengebäude, in das ein Teil der Verwaltung vor Kurzem umgezogen ist. Und er kommt ins Erzählen. Zum Beispiel darüber, wer nach Singen kommt, um eines der Luxusautos zu kaufen, von denen die meisten den Gegenwert einer Immobilie haben. Warum es nicht unbedingt einfach ist, auch für klangvolle italienische Marken Werkstattpersonal zu finden. Oder wie es überhaupt dazu kam, dass ein Autohaus, das seinen Ursprung in einem Fahrradhandel mit Werkstatt in Aach hat, mit Luxusautos in ganz Südwestdeutschland und Österreich handelt.

Ein Traum in Rot: Blick in das Autohaus für edle Sportwagen von Ferrari.
Ein Traum in Rot: Blick in das Autohaus für edle Sportwagen von Ferrari. | Bild: Freißmann, Stephan

Den Fahrradhandel gründete Josef Gohm laut Firmenangaben im Jahr 1906. 1931 ging es demnach mit dem Automobilsektor weiter, als Erwin Gohm eine Fahrschule gründete. Das Unternehmen wuchs in Aach, es kamen Autos der Marke DKW und Traktoren der Firma Allgaier hinzu. 1977 folgte der Sprung nach Singen und 1981 ist das Unternehmen in den Handel mit Luxusautos eingestiegen, Thorsten Gohms Onkel Ewald war in diesem Bereich der Pionier im Familienunternehmen.

Mit Ferrari ging es bei den Luxusautos los

Erste Marke war Ferrari, derzeit verkaufen Autohäuser der Firma Gohm außerdem Sportwagen von Lamborghini und Maserati und Luxuslimousinen von Bentley. Für jede dieser Marken gibt es Standorte in Singen und Böblingen. Und: „In Österreich sind wir der einzige Ferrari-Händler“, sagt Thorsten Gohm. 2016 wurde die Scuderia Gohm in Vösendorf, einem Vorort von Wien, eröffnet, das Hegauer Unternehmen hält laut eigenen Angaben eine Mehrheit von 70 Prozent daran.

Schicke Fahrzeuge in Reih und Glied: Ferrari an der Singener Automeile in der Georg-Fischer-Straße.
Schicke Fahrzeuge in Reih und Glied: Ferrari an der Singener Automeile in der Georg-Fischer-Straße. | Bild: Freißmann, Stephan

Im Luxussegment macht das Unternehmen auch große Umsätze. Die aktuellste Firmenbroschüre von 2021 weist für die Unternehmen, die für die vier Luxusmarken zuständig sind und an denen die Gohm-Gruppe zu 100 Prozent beteiligt ist, einen Umsatz von etwa 240 Millionen Euro bei knapp 120 Mitarbeitenden aus. Für die Beteiligung in Österreich werden 50 Millionen Euro Umsatz bei 20 Mitarbeitenden aufgelistet.

Doch die Gohm-Gruppe ist auch am Volumengeschäft mit Autos beteiligt, vor allem über eine 30-Prozent-Beteiligung an den Autohäusern von Gohm und Graf Hardenberg, die Partner für die Marken VW, Audi, Skoda und Seat ist. Laut der Firmenbroschüre erzielte Gohm und Graf Hardenberg 2021 einen Umsatz von 200 Millionen Euro bei 417 Mitarbeitern. Darüber hinaus verkauft Gohm Autos der Marken Fiat, Jeep, Alfa Romeo und Abarth und ist Service-Partner für Citroën. Bei diesem Geschäft, das ebenfalls zu 100 Prozent der Gohm-Gruppe gehört, erzielen 14 Mitarbeiter 7 Millionen Euro Umsatz.

Das könnte Sie auch interessieren

Der Einzugsbereich der Gohm-Autohäuser im Luxussegment ist groß: „Unser Markt in Süddeutschland umfasst ganz Baden-Württemberg bis an die östliche Seite des Bodensees“, sagt Gohm. Kunden habe das Haus durchaus auch in Singen. Doch er sagt auch, dass für Hersteller von Luxusautos die Metropolregionen natürlich die interessanteren Märkte sind.

In diesem Segment mache man daher inzwischen den Großteil des Umsatzes in Böblingen. „Aber wir fühlen uns sehr heimatverbunden und halten am Standort Singen fest“, sagt Thorsten Gohm.

Sportwagen der Marke Lamborghini gehören seit 2007 zum Sortiment des Unternehmens am Standort Böblingen, seit 2019 gibt es sie auch in ...
Sportwagen der Marke Lamborghini gehören seit 2007 zum Sortiment des Unternehmens am Standort Böblingen, seit 2019 gibt es sie auch in Singen. | Bild: Freißmann, Stephan

Darüber ist auch Hansjörg Blender glücklich, der für viele Jahre Obermeister der Kraftfahrzeug-Innung Bodensee-Hochrhein-Schwarzwald war und derzeit als ihr Pressesprecher fungiert. „Die Häuser mit den Luxusmarken sind ein überregionaler Leuchtturm“, sagt Blender. Es sei gut, dass der Standort im Landkreis sei, denn das ziehe Kunden an: „Es ist ein Glück, dass sich das Ganze in Singen entwickelt hat.“

Die gesamte Automeile sei ein bestimmender Faktor für den Autohandel im Landkreis. Doch bei allem Luxus: Die mit Abstand meistverkaufte Automarke im Landkreis Konstanz sei VW, sagt Blender auch noch.

„Wir denken: Luxus wird eine bleibende Rolle spielen“

Warum manche Menschen sechsstellige Beträge für ein Auto ausgeben, dafür hat Thorsten Gohm mehrere Erklärungen. Teilweise seien die Fahrzeuge Sammlerobjekte, teilweise gehe es um Spaß am Fahren, teilweise aber auch um die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Dazu passt auch seine Beobachtung, dass ein Luxusauto in der Regel nicht aufgegeben und zerstört wird – außer durch Unfälle oder Unglücke. Das belegt ein Blick in die Werkstatt. Da stehen Autoklassiker, die mehrere Jahrzehnte alt sind, einträchtig neben top-modernen Fahrzeugen.

Das könnte Sie auch interessieren

Und genau diese Bandbreite sei auch die Herausforderung bei der Personalsuche: „Unsere Werkstattmitarbeiter müssen einen Vergaser einstellen, aber auch mit top-moderner Hybridtechnik aus der Formel Eins umgehen können“, sagt der Firmenchef. Ferrari Mitteleuropa ist mit einem Zukunftstag Mitte März auf die Suche nach Nachwuchs-Mechatronikern gegangen, wie es in einer Pressemeldung des Herstellers für die Aktion heißt. Auch die Firma Gohm hat sich an der Aktion beteiligt.

So werden Bentleys präsentiert: Blick in das Autohaus für den Hersteller edler und sportlicher Limousinen, die Gohm seit 1986 in Singen ...
So werden Bentleys präsentiert: Blick in das Autohaus für den Hersteller edler und sportlicher Limousinen, die Gohm seit 1986 in Singen im Programm hat. | Bild: Freißmann, Stephan

Vor der Zukunft hat Thorsten Gohm keine Sorgen: „Das Auto ist nach wie vor ein aktuelles Verkehrsmittel“, sagt er und stellt die rhetorische Frage: „Ohne Auto geht es vielleicht in Berlin-Mitte, aber im ländlichen Raum wie in unserer Region?“ Und auch bei hochpreisigen Luxusautos ist er zuversichtlich: „Wir denken: Luxus wird in der Gesellschaft eine bleibende Rolle spielen.“ Schließlich habe es Luxus in allen menschlichen Kulturen gegeben.

E-Mobilität werde auch für die Hersteller luxuriöser Sportwagen eine Rolle spielen, sagt Gohm. Wie der genau aussieht, werde sich zeigen: „Jeder der vier Hersteller verfolgt eine andere Strategie auf dem Weg in die Zukunft.“