Am Ende könnten es mehrere hundert Kilometer an Leitungen sein, die unter den Gehwegen und Straßen in Singen und den Stadtteilen verschwunden sind: Mit dem flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes soll in Singen der nächste Schritt in eine digitale Zukunft gelingen werden. Bei einem Mediengespräch im Rathaus wurde über die mögliche Zusammenarbeit der Stadt mit LilaConnect GmbH als Betreiber und dem Schwesterunternehmen und Projektentwickler VX Fiber informiert. Dabei wurde deutlich: Die Bauarbeiten könnten schon sehr bald beginnen – vorausgesetzt es entscheiden sich genügend Singener für einen Hausanschluss. Für die Stadt soll der Ausbau kostenlos sein. Das Vorhaben ist ein Mammutprojekt im Eiltempo, aber am Ende könnte eine Leistung von bis zu 2,5 Gigabit pro Sekunde stehen.
Keine Kosten für die Stadt Singen
Laut Projektleiter Maik Zappe ist das Verfahren hin zum kompletten Glasfaseranschluss ein einfaches: Die Stadt Singen stellte die Gehwege und Straßen zur Verfügung, die Firma VX Fiber übernimmt den Ausbau – und dies quasi zum Nulltarif. Denn auf die Stadt kommen keinerlei Kosten zu. Cengiz Temur, in leitender Funktion bei LilaConnect, beziffert die Investitionssumme auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Gestemmt werden solle dies von einem Investor.
Oberbürgermeister Bernd Häusler freut‘s, wie er in einer Stellungnahme mitteilt: „Die Digitalisierung schreitet voran, unser Leben verändert sich. Das haben uns auch die vergangenen eineinhalb Jahre gezeigt. Und genau dafür braucht es eine schnelle Datenautobahn, damit Singen und seine Einwohner nicht im Datenstau stecken bleiben.“

Die Bauarbeiten werden laut Projektleiter Maik Zappe in zwei Bauabschnitte unterteilt. Die Projektphase 1 umfasst die Nordstadt, Beuren, Friedingen und Schlatt. Laut Zappe könnten dort rund 18.000 Haushalte mit Glasfaser versorgt werden. In einer zweiten Projektphase sind dann die Südstadt sowie Bohlingen, Hausen und Überlingen am Ried dran, was etwa 11.000 Haushalten entspricht. Zappe rechne damit, dass für den flächendeckenden Ausbau in ganz Singen mehr als 450 Kilometer an Glasfaserleitungen unterirdisch verlegt werden müssen.
„Wir stellen uns der Herausforderung, Deutschland Gigabit-fähig zu machen“, betont Jan Backman, in leitender Funktion bei VX Fiber. Gerade die Themen Fernunterricht und Homeoffice hätten gezeigt, dass hier noch Nachholbedarf bestehe. Bereits in nichtöffentlicher Sitzung wurde der Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt informiert.
40 Prozent lautet das Ziel
Zeitlich sieht das weitere Vorgehen wie folgt aus: Seit dieser Woche laufen Haushaltsbefragungen zunächst für die Haushalte der Projektphase 1. In einer zweiten Haushaltsbefragung im ersten Quartal 2022 sollen dann die Haushalte der Projektphase 2 an der Reihe sein. Aber ganz ohne Bedingung wird der Glasfaserausbau nicht funktionieren. Denn das ausgegebene Ziel lautet: 40 Prozent. So hoch müsse laut Backman die Vermarktungsquote zum Stichtag am 1. Januar 2022 ausfallen.
Haben sich entsprechend viele Singener für einen Anschluss entschieden, könnte der Baubeginn schon im kommenden Jahr erfolgen. Auch die Bauarbeiten selbst scheinen überschaubar: Erst sollen die Hauptverteiler aufgestellt werden, dann folgen die Tiefbauarbeiten und die abschließenden Hausanschlüsse. Dabei sollen laut Backman Synergien genutzt werden. „Wir wollen keine Überbauung. Auch in Singen gibt es schon Bereiche, wo Glasfaser im Boden liegt“, sagt er. Die Bauphasen selbst könnten sich dann auf sechs bis 24 Monate erstrecken.
Aufspringen auf die Datenautobahn
Für OB Bernd Häusler genießt der Glasfaserausbau einen hohen Stellenwert, wie er gegenüber dem SÜDKURIER betont: „Die Glasfasertechnologie ist schnell und stabil und somit für die künftigen Anforderungen der Haushalte wie der Unternehmen von Vorteil.“ Dass ein Anbieter ohne den Einsatz von Steuergeldern oder Fördermitteln diese Infrastruktur bauen wolle, komme der Stadtverwaltung Singen natürlich sehr gelegen. „Das zeigt ja auch, dass in Singen Potenzial gesehen wird“, so Häusler.
Er verdeutlicht aber auch, dass der Anbieter von sich aus auf die Stadt zugegangen sei und er seine Beweggründe dafür haben werde. „Aufgrund der Erfahrungen mit Homeschooling und Homeoffice wissen wir aber spätestens seit Corona, dass schnelles Internet hierfür hilfreich ist. Die Stadt Singen hat deshalb die Gymnasien und weiterführenden Schulen ans Glasfasernetz angeschlossen, um hier noch bessere Voraussetzungen zu schaffen“, so Häusler weiter. Claudia Kessler-Franzen, Geschäftsführerin von Singen aktiv, ergänzte: „Früher waren es Wasserstraßen, heute sind es Datenautobahnen und Glasfaser, die für einen Aufschwung einer Stadt sorgen.“
Technik stößt bald an ihre Grenzen
Obwohl Jan Backman den „Verzweiflungsgrad in Singen“ mit Blick auf die Versorgung als gering bezeichnete, sieht Häusler Handlungsbedarf. So seien weite Teile der Kernstadt zwar mit Vectoring-Technik ausgestattet, die auf Kupferkabeln basiere. „Das heißt, die Geschwindigkeit ist aktuell noch akzeptabel. Diese Technik stößt aber in ein paar Jahren zunehmend an ihre Grenzen, wenn die Entwicklung zu immer mehr Daten anhält“, sagt er. Einige Bereiche sind mit Kabelanschluss ausgestattet.
Informationen zum Ausbau: Ein erster digitaler Infoabend soll am Dienstag, 26. Oktober, per Zoom stattfinden. Ein zweiter am Dienstag, 2. November. Beginn ist jeweils um 19 Uhr.