Wer seine Bankgeschäfte in Bohlingen bei der Sparkasse in der Ledergasse abwickeln möchte, der sollte sich sputen. Denn das Kreditinstitut hat angekündigt, die Selbstbedienungs-Filiale im größten Singener Stadtteil dicht zu machen. Auf SÜDKURIER-Nachfrage bestätigt Nico Winter von der Sparkasse Hegau-Bodensee, dass man die Filiale zum 11. Oktober schließen werde. Als Grund nennt er eine deutlich erkennbare Veränderung im Nutzungsverhalten der Sparkassen-Kunden. Was so viel heißt, wie: Es kommen zu wenige Kunden in die Bohlinger Filiale.
„Derzeit stellen wir unsere Geldautomaten und die weiteren Selbstbedienungs-Geräte aufgrund der Abkündigung der bisherigen Systeme auf die neueste Generation um“, erläutert Winter. In diesem Kontext habe man auch die Nutzungszahlen an den Standorten beobachtet und ausgewertet. „Hierbei mussten wir jedoch feststellen, dass die Nutzungszahlen an den Standorten Bohlingen in den vergangenen Jahren nochmals deutlich abgenommen haben – deutlich stärker, als es bei anderen Standorten der Fall ist“, so Winter weiter. Ein Weiterbetrieb sei deshalb nicht mehr zu rechtfertigen.
Güttingen ereilt gleiches Schicksal
Gleiches komme auch auf die Güttinger zu. Auch im Radolfzeller Stadtteil werde die Filiale zum 11. Oktober geschlossen. „Selbstverständlich hätten wir gerne unsere beiden Standorte in Bohlingen und Güttingen weiterbetrieben. Dies ist mit den bestehenden Geräten jedoch leider nicht möglich, da diese Geräte altersbedingt zum 12. Oktober durch unser Rechenzentrum offline gestellt werden – ein Weiterbetrieb ist so faktisch also nicht möglich“, sagt Winter. Man sei bei der Sparkasse auch davon überzeugt, dass die Nutzungszahlen in den kommenden Jahren weiter mit starker Dynamik abnehmen werden. „Eine Neuinvestition wäre im Sinne all unserer Kunden nicht vertretbar gewesen“, so Winter weiter.
Bohlinger Bürger sind verärgert
Für die Bohlinger selbst kommt die Schließung der Sparkasse im Dorf nicht nur überraschend, bei vielen Kunden sorgte sie schlichtweg für Verärgerung. Eine von ihnen ist Brunhilde Dannenmann. In einem Schreiben an den SÜDKURIER macht sie ihrem Unmut Luft: Vor allem die Tatsache, dass die Sparkasse in einem Brief auf die nächstgelegene Filiale in Moos verweise, ärgere sie maßlos. „Völlig unverständlich für eine Vielzahl an Sparkassen-Kunden in Bohlingen, die aus verschiedenen Gründen kein Auto benutzen. Oder soll das ein indirekter Zwang zum Online-Banking oder bargeldlosem Zahlen sein?“, kritisiert sie. Laut Dannenmann sei die Busverbindung nach Moos „miserabel und unzumutbar“.

Selbst Bernd Häusler, der als Oberbürgermeister auch Verwaltungsratsvorsitzender der Sparkasse ist, kritisiert die Schließung scharf: „Auch ich wurde von der Schließung der SB-Automaten der Sparkasse in Bohlingen überrascht und zeitgleich mit der Bürgerschaft darüber informiert. Eine gute Kommunikation sieht aus meiner Sicht anders aus.“ Vor zwei Jahren habe der Singener Rathauschef der Schließung der Filiale in Bohlingen nur unter der Bedingung zugestimmt, dass dort auch zukünftig ein Geldautomat der Sparkasse stehen bleibe. „Ich habe mich vor zwei Jahren auf die Zusage des Vorstandes verlassen und bin von diesem Vorgehen zutiefst enttäuscht“, betont Häusler.
Ortschaftsrat zeigt sich irritiert
Ebenfalls harsche Kritik kommt vom Bohlinger Ortschaftsrat. In einer Stellungnahme des Gremiums heißt es dazu: „Wir wundern uns, nicht bereits im Vorfeld in diese Entscheidung mit eingebunden worden zu sein.“ Durch die Filial-Aufgabe verliere der Stadtteil ein weiteres Stück Infrastruktur. Und dies sei gerade durch das Neubaugebiet mit dem Zuzug von rund 200 Familien und die touristische Entwicklung ein harter Schlag.
Das Hauptargument: Vor circa einem Jahr sei den Bohlingern nach der Schließung der Präsenz-Sparkasse noch versprochen worden, zumindest die Automaten vor Ort zu erhalten. „So wurde suggeriert, dass dies zumindest ein paar Jahre Bestand hätte. Die nun getroffene Entscheidung ist für die Bevölkerung eine übereilig herbeigeführte Aktion“, heißt es in der Stellungnahme.
SB-Automat im Lebensmittelgeschäft als Lösung?
Auch für den Hinweis „Wir bleiben in Ihrer Nähe“ und den Verweis auf den nächsten Geldautomaten in Moos auf dem Schreiben der Sparkasse hagelt es Kritik. „Vielen älteren Menschen, die sich mit Bargeld versorgen möchten, ist aufgrund fehlender Mobilität oder einem unzureichenden öffentlichen Busverkehr in diese Richtung nicht geholfen“, so die Ortschaftsräte.
Der Vorschlag der Mandatsträger: Durch ein Gespräch mit dem Betreiber des Lebensmittelgeschäftes Landkauf und der Erweiterung möglicher Verkaufsfläche bestünde zumindest die Möglichkeit, den Geldautomaten zur Bargeldversorgung mit zu integrieren und vor Ort zu belassen. Der Ortschaftsrat hat die Meinungen der Bürger in einem Brief an die Sparkasse deutlich gemacht und einen Lösungsvorschlag gefordert.
Sparkasse weist Vorwürfe teils zurück
- Persönlicher Kontakt: Und wie geht die Sparkasse mit dem Vorwurf um, sie würde sich immer mehr aus dem ländlichen Raum zurückziehen? Laut Nico Winter von der Sparkasse Hegau-Bodensee könne man nachvollziehen, dass im ersten Schritt dieser Eindruck entstehe könne. „Wir sind allerdings auch nach Schließung der beiden SB-Standorte wesentlich breiter als alle anderen Kreditinstitute in der Region vertreten; und das wird so auch bleiben“, sagt er. Gleichzeitig sei man auch weiterhin an vielen Standorten persönlich zu erreichen.
- Nah an den Kunden: Die Sparkasse Hegau-Bodensee habe laut Nico Winter die Leistungen deutlich ausgeweitet. Als Beispiele nennt er etwa die Videoberatung, das Kundenservice- und Beratungscenter und den Bargeldbringservice. „Nah an den Kunden zu sein, bedeutet dabei allerdings nicht mehr zwangsläufig, in jeder Stadt, in jeder Gemeinde oder in jedem Dorf vertreten zu sein. Nah zu sein zeigt sich vor allem in einer schnellen und unkomplizierten Erreichbarkeit“, so Winter in der Stellungnahme weiter. Außerdem habe die Sparkasse Hegau-Bodensee in diesem Jahr circa eine dreiviertel Millionen Euro in neue Geldautomaten und Selbstbedienungs-Geräte an den verbleibenden Standorten investiert.