Wenn Unternehmer sich etwas von der Politik wünschen dürften, dann wären das weniger Bürokratie, mehr Flexibilität und trotzdem verlässliche Rahmenbedingungen. Das wurde beim Besuch der Landtagspräsidentin Mutherem Aras bei dem Familienbetrieb Wefa Inotec GmbH in Singen deutlich. Eingeladen hatte die Grüne Landtagsabgeordnete Dorothea Wehinger zum Austausch außerdem Thomas Conrady, Präsident der IHK, Werner Rottler, Präsident der Handwerkskammer Konstanz und Claudia Kessler-Franzen und Wilfried Trah vom Standortmarketingverein Singen aktiv. Es war nicht der einzige Termin der Landtagspräsidentin, am Abend sprach sie in Singen vor rund 200 Zuhörern zum Thema ‚Demokratie unter Druck‘.
Zuhören, was die Unternehmer zu sagen haben
Bei der Landtagspräsidentin stießen die Unternehmer mit ihren Anliegen auf offene Ohren. Mutherem Aras ist selbst Unternehmerin mit eigener Steuerkanzlei in Stuttgart. Sie sei vor allem gekommen, um zuzuhören und Anregungen mit nach Stuttgart zu nehmen. Im Hinblick auf die Unternehmen im Land sagte sie: „Es ist immer wieder faszinierend, was das Land zu bieten hat.“ Es gebe in Baden-Württemberg viele Weltmarktführer.
Damit das so bleibt, wünschen sich die beiden Geschäftsführer der Wefa, Oliver und Joachim Maier, von der Politik mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeiten. Wenn eine Bestellung hereinkäme, würde sie in zehn bis 14 Tagen abgearbeitet, dann habe der Kunde sein Produkt, berichtet Joachim Maier. Das heißt, es müsse schnell viel produziert werden. Mit starren Arbeitszeitgesetzen könnten sie nur schwer auf wechselnde Auftragsvolumina reagieren.
Fachkräfte bleiben Mangelware
Der Fachkräftemangel beschäftigt auch den Familienbetrieb Wefa und das Thema Ausbildung mit zwölf bis 15 Azubis im Betrieb liege ihnen am Herzen, sagt Joachim Maier. Doch sie haben die Erfahrung gemacht: „Der Ausbildungsstand wird nicht besser.“ Um an Nachwuchs heranzukommen und auch auf der Höhe der Forschung zu sein, kooperiert das Unternehmen mit der HTWG Konstanz, mit der TU Berlin und beteiligt sich auch am Schülerforschungszentrum in Singen.
Sie wünschen sich im Hinblick auf diesen Mangel an Arbeitskräften auch eine Migrationspolitik, die funktioniert und, dass Zugewanderte schneller in Arbeit kommen und nicht zig verschiedene Stellen zuständig sind. Dem stimmt die Landtagspräsidentin zu: Es brauche eine zentrale Ausländerbehörde. Eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich halten die Unternehmer vor dem Hintergrund, dass alle Betriebe Arbeitskräfte brauchen, für unrealistisch.
Gymnasiasten in die Betriebe bringen
Das Anliegen der Unternehme wäre, dass Gymnasiasten in der Schule nicht nur auf ein Studium vorbereitet werden, sondern in die Betriebe kommen und eine Ausbildung machen, sagte Werner Rottler als Vertreter des Handwerks. Die Berufe, die Unternehmen und auch das Handwerk anbieten würden, seien anspruchsvoll und böten gute Entwicklungsmöglichkeiten.
IHK-Präsident Thomas Conrady trat vor allem dafür ein, dass der Südwesten in Sachen Infrastruktur nicht abgehängt wird. Das betreffe zum Beispiel das Wasserstoffkernnetz, das an Singen bisher vorbeigeht, oder eine gute Internet- und Zugverbindung. „Wir befinden uns in einem internationalen Wirtschaftsraum mit Zürich und Stuttgart, konkurrieren beim Thema Fachkräfte mit der Schweiz und fühlen uns gerade etwas abgehängt“, erklärte Conradi.
Claudia Kessler-Franzen von Singen aktiv erklärte, dass beim Thema Wasserstoffnetz die Kommunikation nicht gegeben sei. Nur fünf Prozent aller Unternehmen seien für das Netz angefragt worden. Das Thema gehe komplett an vielen vorbei und auch Singen aktiv könne nicht informieren und die Entwicklung voranbringen, wenn der Verein keine Informationen bekomme. Wilfried Trah von Singen aktiv sprach sich auch für klare Rahmenbedingungen für die Unternehmen aus, sonst würden sie nicht investieren.
„Zeit, zu machen“ heißt eine Kampagne des Handwerks
Die Unternehmen wünschen sich außerdem weniger Bürokratie. Das Handwerk habe einen 40-Punkte-Katalog zur Entbürokratisierung vorgelegt, berichtet Handwerkskammer-Präsident Werner Rottler. „Zeit, zu machen“ heiße nicht umsonst eine Kampagne des Handwerks. „Das heißt auch, nicht alles bis ins Detail zu regeln, sondern den Unternehmern und Bürgern einen Spielraum zu lassen, selbst aktiv zu werden und mehr Anreize zu setzen“, sagte Rottler. Bürokratie sei nicht per se schlecht, entgegnete Mutherem Aras. Sie schaffe Verlässlichkeit und führe dazu, dass alle die gleichen Bedingungen hätten. „Aber wenn es zu viel wird, erstickt man“, sagte sie.
Im Hinblick auf die Energiewende und Klimaneutralität erklärte Thomas Conrady, dass die Energiewende kommen muss, das stehe außer Frage, nur die Vorgabe, bis 2045 klimaneutral zu sein, sei laut einer Studie nicht zu schaffen. Er spricht sich dafür aus, sich realistische Ziele zu setzen. Alles andere führe zu einer Überforderung und das wiederum zu Frust.