Millioneninvestitionen in den Fußball, aber Kegler müssen um knapp 154 000 Euro bangen? Dieses Szenario fände Oberbürgermeister Bernd Häusler ungerecht, wie er mehrfach im Gemeinderat betonte. Und nach erneuter Diskussion, stimmten 23 Räte für einen Zuschuss an den SKG 77 Singen. Dabei waren sich auch die Fraktionen teils nicht einig. „Ich kann nicht dafür stimmen, weil wir die Mittel momentan nicht haben“, sagte beispielsweise Isabelle Büren-Brauch (Grüne).

Gezahlt wird erst ab 2022 in Raten

Dem begegnete der Verein mit der Zusage, dass die Mittel erst ab 2022 in drei Raten zu je 51 314 Euro nötig seien. Dafür wird die Stadt sich an den Vorfinanzierungskosten beteiligen, das sind maximal 7390 Euro pro Jahr. Mit der nun gefallenen Entscheidung können nicht nur die Kegler bald wieder trainieren, sondern es zeichnet sich auch ein neues Sportvereinszentrum ab.

Im Mai hatten die Gemeinderäte lange und intensiv, aber ohne Ergebnis über den Zuschuss debattiert. In der Zwischenzeit hat die Stadtverwaltung die Vorlage überarbeitet, die Fraktionen haben das Thema nochmal besprochen.

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Einstimmig war das Ergebnis dennoch nicht: Es gab sechs Gegenstimmen und eine Enthaltung. Dirk Oehle (Neue Linie) störte sich wie Isabelle Büren-Brauch an dem Zeitdruck: „Die Dringlichkeit macht Sorge“, sagte er. Es sei eine Bauchentscheidung, der er angesichts eines möglichen Sportzentrums zustimmen könne. Dringend ist der Zuschuss, weil der Verein seine bisherige Kegelbahn in Twielfeld in Hilzingen räumen musste, weil der neue Eigentümer sie anderweitig nutzt.

Kellergeschoss des Clubheims ohne Sanierung nur als Lagerfläche brauchbar

Der Umbau des ESV-Clubheims schien alternativlos: Kein anderes Gebäude im Stadtgebiet biete ausreichend Platz und Möglichkeiten, schilderte die Verwaltung. Die Kegelbahn der Gartenstadt müsste ebenfalls umgebaut werden, außerdem müsste dort das gesamte Gebäude gekauft werden. Und auch wenn der ESV oder die Stadt das Kellergeschoss des Clubheims anderweitig hätten nutzen wollen, müsste es erst saniert werden. „Andernfalls könnte diese Fläche als Lagerraum genutzt werden, was nicht zweckmäßig und sinnvoll ist“, heißt es in der Vorlage von Fachbereichsleiter Bernd Walz.

Kegler investieren selbst 100.000 Euro

Um den Spielbetrieb zu ermöglichen, sollen in einem ersten Abschnitt 347 000 Euro investiert werden. Dabei geht es um Kauf und Einbau von Kegelbahnen, Elektrik, Sanitär und einen Notausgang. 30 Prozent davon übernimmt der Badische Sportbund (92 365 Euro), 50 Prozent der zuschussfähigen Kosten die Stadt Singen (153 942 Euro) und der Verein beteiligt sich mit knapp 100 000 Euro. Der Anteil der Stadt Singen richtet sich nach den Sportförderrichtlinien, die für alle Sportvereine gelten. Ein zweiter Abschnitt ist mit zusätzlichen 104 000 Euro kalkuliert.

1000 Arbeitsstunden sind schon geleistet für Umbau

Doch der zweite Abschnitt ist noch nicht in Sicht, wie Frank Altenau dem SÜDKURIER erklärt. Der Vorsitzende der SKG 77 Singen freut sich über den Beschluss des Gemeinderats: „Wir hätten sonst keine Zukunft gehabt.“ Nun wollen die Kegler mit viel Eigenleistung dafür sorgen, dass sie bald im ESV-Clubheim trainieren können. „Nachdem wir die Zuschusszusage vom Badischen Sportbund erhalten haben, konnten wir im März mit den Planungen, Umbau und Sanierungsmaßnahmen beginnen“, erklärt Altenau. Fliesen sind schon runter, auch Decken und sanitäre Anlagen werden erneuert. „Wir bringen da auch sehr viel Eigenleistung ein, schon jetzt sind es über 1000 Stunden“, erklärt Altenau und lobt seine Mitglieder.

Der Saisonabbruch sei sogar ein Glück gewesen, so konnte der SKG 77 Singen vorzeitig aus dem Mietvertrag in Hilzingen-Twielfeld. Momentan ist kein Training möglich, doch das soll sich bis September ändern. Dann wird auch die volle Pacht im ESV-Clubheim fällig.

Ein wirtschaftliches Nein und viel Verständnis

Besonders die FPD kritisierte den Zuschuss: Kirsten Brößke fürchtete einen Präzedenzfall, auf den sich weitere Vereine berufen könnten. „Singen ist Sportstadt und soll es auch bleiben“, betonte sie. Doch die FDP könne aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht zustimmen.

Andere taten sich weniger schwer: Die SPD stimmte geschlossen zu, auch die Freien Wähler und die SÖS unterstützen den Vorschlag. Walafried Schrott (SPD) mahnte, dass es hier nicht um das dritte oder vierte Stadion eines Vereins gehe, sondern um die einzige Möglichkeit, überhaupt weiter kegeln zu können. Laut Fraktionskollege Hans-Peter Storz sei das auch kein Präzedenzfall, sondern im Rahmen der Förderrichtlinien. Vielleicht könne man bei anderen Sportarten sparen. Zu den Befürwortern zählte auch Jürgen Schröder (CDU): „Ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass der Kegelverein nach über 40 Jahren vor dem Aus steht“, sagte er und appellierte an seine Ratskollegen. „Stellt euch vor, es wäre euer Verein.“

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In drei Jahren könnte ein Vereinszentrum entstehen. Dann ist die Stadt wieder Eigentümerin

In drei Jahren wird es einen grundsätzlichen Wechsel im ESV-Clubheim geben: Der Eisenbahner Sportverein Singen hat das Gelände aktuell von der Stadt gepachtet, doch die Erbpacht läuft im Jahr 2023 aus. Da der ESV Südstern seine Zukunft am Hardstadion sehe, könnte die Stadt als Eigentümerin das Gelände dann anderweitig nutzen: Die Infrastruktur für ein Vereinszentrum sei gegeben, heißt es in der Sitzungsvorlage von Fachbereichsleiter Bernd Walz. Fußballvereine könnten die Umkleiden im Erdgeschoss des Clubheims nutzen und der Türkische SV Singen habe bereits signalisiert, dass er im dortigen Vereinsheim eine eigene Heimat finden könnte. Auch der Jugendförderverein Singen könnte demnach dort unterkommen. Dann bräuchte es allerdings neue Investitionen.