Der tödliche Badeunfall am 18. Juli am Steißlinger See und die damit verbundene großangelegte Suchaktion hat Badegäste verunsichert und die Frage nach der Sicherheit im und am See aufkommen lassen. Beim Unfall war ein 73-jähriger Mann ertrunken, nach einer Suchaktion wurde er schließlich von Tauchern gefunden.
Manuel Seidel ist DLRG-Vorsitzender der Ortsgruppe Steißlingen und kennt den Steißlinger See und seine Gegebenheiten wie kein Zweiter. Er erklärt, was man beachten sollte, um das Baden im offenen Gewässer für sich und andere etwas sicherer zu machen. Die DLRG unterstützt in erster Linie an Wochenenden und Feiertagen in ehrenamtlicher Arbeit die Badeaufsicht am See und bietet zudem Schwimmkurse für Kinder an.
Naturgewässer haben ihre Tücken
Der Steißlinger See sei ein Naturgewässer und das sei immer mit mehr Gefahren verbunden, als das Baden im Schwimmbad. Wind und Wellen können das Schwimmen erschweren. Außerdem gibt es auch andere Bewohner am See, wie Fische und Ringelnatter, die Schwimmer erschrecken könnten.

Grundsätzlich gelte, dass Badegäste das Bad mit allen Spielmöglichkeiten auf eigene Gefahr benutzen. So steht es in der Badeordnung. Die Gemeinde hat das gesamte Bad, Kioskbetrieb und Bad verpachtet und damit die Badeaufsicht auf die Pächterin übertragen, die sie mit Unterstützung ihres Teams und der DLRG gewährleistet, wie Bürgermeister Benjamin Mors auf Nachfrage berichtet. Leider kämen gerade an heißen Tagen solche tragischen Badeunfälle, bei denen ältere, oft gesundheitlich vorbelastete Menschen in eine Notsituation gerieten, immer mal wieder vor, erklärt Mors.
Die Badeaufsicht überwacht dabei vor allem den abgegrenzten Nichtschwimmerbereich und die Steganlage mit der Sprungmöglichkeit. Dort tummeln sich an heißen Tagen besonders viele Kinder und Jugendliche, erklärt der DLRG-Vorsitzende Seidel. Sie hat auch die Aufgabe, die Badeordnung durchzusetzen. Das heißt, wenn jemand sich nicht daran halte, kann er auch des Bades verwiesen werden.
Aufsicht kann nicht den ganzen See überwachen
Eine Badeaufsicht könne vom Freibad aus unmöglich den ganzen See beaufsichtigen, stellt Manuel Seidel klar: „Den See vollständig zu überwachen, ist utopisch.“ Dazu bräuchte man drei, vier Stützpunkte rund um den See. Der Steißlinger See ist rund elf Hektar groß und die Badenden würden an verschiedenen Stellen ins Wasser gehen und kreuz und quer über den Steißlinger See schwimmen. In einem Schwimmbad sei das etwas anderes: Das Becken sei übersichtlich und man könne bis auf den Boden schauen.
Deshalb wird er nicht müde, auf die Gefahren des Badens in einem freien Gewässer hinzuweisen und darauf, dass Badende bestimmte Gegebenheiten des Naturgewässers beachten sollten. Der Steißlinger See falle vom Ufer her sehr schnell steil ab. „Man muss sich den See von der Form her wie eine Nierenschale vorstellen“, erklärt er. Auch Wind und Wellengang können Schwimmer beeinflussen und beeinträchtigen.

„Viele können nicht gut damit umgehen, wenn sie Wasser ins Gesicht, in die Nase und den Mund bekommen, deshalb fangen wir in unseren Schwimmkursen bei den Kindern auch mit der Wassergewöhnung an“, erklärt der DLRG-Vorsitzende. Sie lernten dabei auch, mit dem Kopf unter Wasser zu gehen, ohne Panik zu bekommen.
Aufblasbare Schwimmbojen helfen
Zudem könnten sich Badende laut Seidel mit einem einfachen Hilfsmittel absichern. Eine Auftriebshilfe etwa in Form einer aufblasbaren Schwimmboje sorge dafür, dass ein Schwimmer sich daran festhalten könne und vor allem, dass man vom Ufer aus seinen Standort sehe, erklärt Seidel.
Er zeigt auf den See, wo sich am anderen Ende zwei Schwimmer mit neonfarbener Boje gut sichtbar am Ufer entlangbewegen. Ein Mann schwimmt dagegen ohne Boje mitten im See. Wenn man ihn nicht ständig im Blick behalte, könne man seinen Standort im Notfall schwer lokalisieren, weil er ja inzwischen weiter geschwommen sein kann, erklärt Seidel.
Vor diesem Hintergrund sei die groß angelegte Suche mit vielen ausgebildeten Rettungskräften, Booten und Tauchern der DLRG vor wenigen Wochen aus seiner Sicht unumgänglich gewesen, erklärt Seidel. Badegäste und auch eine Badeaufsicht könnten wenig ausrichten, wenn jemand untergegangen ist.
Wer besonders gefährdet ist
Besonders gefährdet beim Baden seien Nichtschwimmer und dabei vor allem Kinder und ältere, gesundheitlich vorbelastete Menschen. Kinder, die nicht schwimmen können, dürfen sich nur im Nichtschwimmerbereich aufhalten. Seidel appelliert dabei auch an die Verantwortung der Eltern, bei Kleinkindern im Wasser zu bleiben und sie nicht nur vom Ufer aus zu beaufsichtigen.
Auch Kinder mit Schwimmflügeln oder anderen Schwimmhilfen dürfen nicht in den Schwimmerbereich. Grundsätzlich gelte laut Badeordnung, dass sich nur geübte Schwimmer im Schwimmbereich aufhalten dürfen, so Seidel. Menschen, deren Gesundheitszustand oder körperliche Verfassung Gefahren für sich und andere hervorrufen, sind laut Badeordnung vom Badebetrieb ausgeschlossen. Wichtig sei für alle Badegäste, ihren Begleitern oder Eltern Bescheid zu sagen, wenn sie ins Wasser gehen. Dann wisse man, wo man mit der Suche beginnen kann, wenn jemand vermisst wird.
Tipp: Rutschige Treppen rückwärts heruntergehen
Einen Tipp hat Seidel noch für ältere Menschen: Die Treppe in den See neben dem Nichtschwimmerbereich rückwärts heruntergehen. Denn wenn man ausrutsche, falle man dann nicht nach hinten auf den Kopf, sondern gehe automatisch in die Knie und falle nach hinten ins Wasser. Im Großen und Ganzen freut sich der DLRG-Vorsitzende, dass so viele Menschen gerne im Steißlinger See baden – an manchen Sommertagen sind es über 3000 Gäste. Mit dem Schwimmen würden sie auch etwas für ihre Gesundheit tun. Und mit Rücksicht auf andere und ein paar Regeln klappt das auch.