Ein Mann soll in Stockach seine Frau geschlagen, die gemeinsame Tochter verletzt und den Sohn getreten haben. Den Strafbefehl dafür wollte er nicht akzeptieren. Deshalb kam es zur Verhandlung vor dem Stockacher Amtsgericht. Diese endete ganz anders als gedacht und in den entscheidenden Punkten blieben noch einige Fragen offen.
Die Vorwürfe gegen den 39 Jahre alten Mann beziehen sich auf mehrere Vorfälle, die sich bereits am 15. Juni 2023 ereignet haben sollen. Laut der Staatsanwaltschaft soll der Mann am Morgen dieses Tages seiner Frau im Streit mit der Faust gegen den Kopf geschlagen und sie so fest am Oberarm festgehalten haben, dass dadurch Verletzungen entstanden sind. Am Abend desselben Tags soll es erneut zu einem Streit gekommen sein, bei dem der Mann die Frau zuerst mit der Faust geschlagen, dann mit beiden Händen gewürgt, und ihr schließlich die Finger der rechten Hand gewaltsam umgedreht haben soll.
Nur in einem Punkt geständig
Als die 15-jährige Tochter der beiden ihrer Mutter zu Hilfe kommen wollte, soll der Mann sie an den Haaren gezogen und ihr dabei sogar Haare ausgerissen haben. Außerdem wurde dem Mann vorgeworfen, seinen elfjährigen Sohn im Zeitraum vom 10. bis 15. Juni mehrfach getreten zu haben.
Der Angeklagte selbst bestritt nahezu alle Vorwürfe. Er habe seine Frau nicht geschlagen, erklärte er mithilfe eines Dolmetschers vor Gericht. Es habe lediglich einen „Wortaustausch“ gegeben, so der Angeklagte. In einem Punkt zeigte er sich jedoch geständig: Er habe seine Tochter tatsächlich an den Haaren gezogen. „Sie war mir als Vater gegenüber unhöflich. Sie hat sich in den Wortaustausch eingemischt, als wäre sie eine erwachsene Person“, erklärte der Angeklagte, der aus dem arabischen Raum stammt.
Angeklagter schildert andere Version der Geschichte
Nachdem er sie mehrfach aufgefordert habe, auf ihren Platz zurückzukehren und sich nicht einzumischen, habe er zu dieser Maßnahme der Züchtigung gegriffen. Die anderen Anschuldigungen bestritt er.
Als ihn der Staatsanwalt damit konfrontierte, dass aus den Gerichtsakten hervorgeht, dass bei seiner Frau im Nachgang der mutmaßlichen Tat geschwollene Fingerknöchel festgestellt worden seien, erklärte er, dass das davon komme, dass sie ihn im Laufe des Streits mit der flachen Hand geschlagen habe. Ursache des Streits soll ihm zufolge eine Uneinigkeit in Erziehungsfragen gewesen sein.
Mutmaßliches Opfer kommt als Zeugin zu Wort
Die 37 Jahre alte Ehefrau des Angeklagten war als Zeugin vorgeladen. Sie ist derzeit in einem Frauenhaus untergebracht und erklärte, ebenfalls mithilfe des Dolmetschers, dass es bei dem Streit um eine Passverlängerung gegangen sei.
Der Wortstreit sei eskaliert und ihr Mann habe sie schließlich angegriffen. „Er hat mich am Arm festgehalten und mir 17 Mal gegen den Kopf geschlagen“, so die Frau. Ihr Sohn habe mitgezählt, erklärte sie auf Nachfrage der Richterin, wie sie auf die genaue Anzahl komme. Im Anschluss daran sei sie zu Freunden geflüchtet.
„Es gehört sich nicht, den Ehemann anzugreifen“
Als sie abends zurückkam, sei der Streit jedoch weitergegangen und ihr Mann habe sie gewürgt. Gewehrt haben will sie sich nicht. „Es gehört sich in unserem Herkunftsland nicht, den Ehemann mit den Händen anzugreifen“, erklärte sie. Als ihre Tochter den Vater dann weggeschubst habe, habe dieser an ihren Haaren gezogen.
Die Tochter sei bis heute traumatisiert von diesem Erlebnis. Der Vorfall sei auch nur deshalb zur Anklage gekommen, weil einer Lehrerin aufgefallen sei, dass es der Tochter nicht gut ging und sie darauf ansprach. Dann habe die Tochter ihr von dem Vorfall berichtet.
In einem Punkt gibt die Frau ihrem Mann recht
Als Zeugin vor Gericht aussagen wollte die Tochter nicht. Sie machte als nahe Verwandte von ihrem Schweigerecht Gebrauch. Die Mutter gab dem Angeklagten jedoch in einem Punkt recht. Dass er einen der Söhne getreten haben soll, davon wisse sie nichts.
Höhere Strafe trotz weniger Anklagepunkten
Richterin und Staatsanwaltschaft verständigten sich daher darauf, die Anklage in diesem Punkt fallen zu lassen und die Strafe von 80 auf 60 Tagessätze zu reduzieren. Doch dann wurde es kurios, denn mit einem Urteil vor Gericht würde eine neue Berechnung der Tagessatzhöhe erforderlich. Und da sich die Lebensumstände des Angeklagten seit dem Strafbefehl verändert haben, würde anstatt der ursprünglichen Strafe in Höhe von rund 1600 Euro nach der Neuberechnung eine Strafe von 5400 Euro fällig – obwohl die Zahl der Tagessätze reduziert wurde.
Vor diesem Hintergrund entschied sich der Angeklagte am Ende der Verhandlung, seinen Einspruch gegen den ursprünglichen Strafbefehl doch wieder zurückzuziehen und die Strafe von 80 Tagessätzen zu insgesamt 1600 Euro anzunehmen.