Eigentlich hätte im Prozess um Vorwürfe wegen Kinderpornografie nun ein Urteil fallen sollen. Doch das Verfahren gegen einen 46-Jährigen aus dem Raum Stockach geht noch weiter, ein Urteil fiel noch nicht. Und das hatte seinen Grund: „Es ist klar, dass wir heute nicht fertig werden können“, sagte der Vorsitzende Richter Arno Hornstein schon zu Beginn des zweiten Verhandlungstags. Denn ein wichtiger Zeuge, auf dessen Informationen man nicht verzichten könne, fehlte kurzfristig wegen einer Erkrankung: „Wir brauchen von ihm unbedingt bestimmte Informationen“, stellte Hornstein klar. Vor einer Woche hatte der Prozess gegen den Mann aus dem Raum Stockach wegen Erwerbs, Verbreitung und Besitz von kinderpornografischen Schriften vor dem Landgericht in Konstanz begonnen.
Nun gab es zumindest neue Erkenntnisse. Denn am zweiten Prozesstag haben zwei weitere Zeugen ausgesagt. Zunächst ein 35-Jähriger aus dem Raum Stockach, der den Beschuldigten im Jahr 2016 in seinem Haus aufgenommen hatte. Der Zeuge wusste, wie er selbst sagte, nichts von Vorstrafen des Angeklagten, die in Zusammenhang mit kinderpornografischen Schriften stehen – der Angeklagte saß deswegen sowie wegen sexuellen Missbrauchs bereits mehrere Jahre im Gefängnis. „Ich wusste nur von Vorstrafen wegen Körperverletzung„, sagte der Zeuge und ergänzte: „Bei der ersten Durchsuchung habe ich von Vorwürfen wegen Kinderpornografie von der Polizei erfahren. Er hat es damals gegenüber mir aber abgestritten.“
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft und auch der Richter befragten den Zeugen anschließend vor allem bezüglich seiner beiden Kleinkinder. Der 35-Jährige erzählte, dass der Beschuldigte „immer wieder alleine mit meinen Kindern sein wollte“ – vor allem mit seiner zu diesem Zeitpunkt etwa achtjährigen Tochter. „Zuerst dachte ich, er will einfach nur mit den Kindern spielen. Aber nach der Durchsuchung der Polizei haben wir ihm gesagt, dass er ausziehen soll.“ Außerdem soll der Angeklagte – so eine weitere Aussage des Zeugen – gesagt haben, dass er dessen Tochter liebe. „Das war natürlich ein Schock für mich. Er durfte dann nicht mehr alleine mit meiner Tochter sein. Meine Frau hat auch gesagt, dass er sehr fixiert auf unsere Tochter war“, berichtete der 35 Jahre alte Mann dem Richter.
Als zweiter Zeuge war ein 55 Jahre alter Polizeibeamter geladen, der Handy-Daten des Beschuldigten ausgewertet beziehungsweise kategorisiert hatte. Er bestätigte den Besitz kinderpornografischer Inhalte. Die Menge der Dateien schätzte der Beamte aufgrund seiner Erfahrungswerte „im mittleren Bereich“. Als auffällig stufte der Polizist das Alter der abgebildeten Personen ein. Laut dem Zeugen handle es sich um sehr viele Kleinkinder sowie auch Säuglinge. Dies sei seiner Ansicht nach so nicht die Regel. Auffällig sei zudem der Anteil an Bildern gewesen, bei denen es nicht nur um Posen, sondern auch um Penetration gegangen sei.
Mehrere einschlägige Vorstrafen
Im Anschluss an die Beweisaufnahme stellte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten mehrere Fragen zu seinen Vorstrafen. Auf die Vorhaltungen reagierte er entweder mit „ich kann mich nicht erinnern“ oder „das kann ich so jetzt nicht beantworten“. Dadurch konnte Richter Arno Hornstein, wie er selbst betonte, keine neuen Erkenntnisse gewinnen. Ob er nach dem dritten Verhandlungstermin im März ein Urteil fälle, könne er noch nicht abschätzen. Dies hänge von weiteren Zeugen ab.
Es steht also nach wie vor die Anklage der Staatsanwaltschaft im Raum: Bei zwei Durchsuchungen zwischen 2017 und 2018 seien auf sechs elektronischen Geräten Dateien mit entsprechenden Inhalten sichergestellt worden. Die kinderpornografischen Bilder und Videos haben sich allesamt im gelöschten Bereich befunden. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits beim Prozessauftakt neben der Verurteilung auch die Unterbringung des Angeklagten in einer Sicherungsverwahrung gefordert.
Dritter Verhandlungstag: Das Verfahren wird am Mittwoch, 4. März, ab 9 Uhr fortgesetzt
Die Rechtslage
- Definition: Laut Bundeskriminalamt (BKA) ist Kinderpornografie die „fotorealistische Darstellung des sexuellen Missbrauchs einer Person unter 14 Jahren“. Hinter Kinderpornografie steckt Kindesmissbrauch. Sind die Opfer zwischen 14 und unter 18 Jahren, gilt dies als Jugendpornografie.
- Strafbarkeit: Paragraf 184b des Strafgesetzbuches (StGB) stellt die Verbreitung, den Kauf und den Besitz kinderpornografischer Inhalte unter Strafe. Seit 2015 gilt das auch für Inhalte, in denen Kinder und Jugendliche aufreizend posieren. Das Strafmaß liegt bei einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. (mim)