Michael Dickgießer wartet bis seine Tochter Lillith und ihre Freunde in seinen Wagen eingestiegen sind. Dann platzt es aus ihm heraus: "Alle Vorurteile gegenüber der Bahn werden hier gerade vollumfänglich bestätigt." Der Familienvater ist verärgert. Dazu hat er allen Grund: Am Mittwoch kam es auf der Seehäsle-Strecke zwischen Stockach und Radolfzell zu diversen Zugausfällen. Verspätungen bei nervösen Schülern und verärgerten Pendlern waren die Folgen.

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Lillith Dickgießer und ihre Schulfreundin Selina Euschen sind zwei von ihnen. Die beiden besuchen die zehnte Klasse im Nellenburg-Gymnasium. Und sie hat es erwischt. Die Schülerinnen berichten davon, dass sie über eine Stunde zu spät zum Unterricht erschienen sind. Der Grund hierfür: der Ausfall des Seehäsles um 7.54 Uhr. Die beiden und weitere fünf Klassenkameraden hatten Geschichte in der ersten Stunde verpasst. "Wir mussten eine Stunde am Bahnhof stehen. Eine Durchsage kam nicht", sagt Lillith Dickgießer.

Selina Euschen, Lillith Dickgießer und Finn Trinkner (von links) greifen zum Handy und versuchen nach der Schule vom Stockacher Bahnhof ...
Selina Euschen, Lillith Dickgießer und Finn Trinkner (von links) greifen zum Handy und versuchen nach der Schule vom Stockacher Bahnhof nach Hause zu kommen. | Bild: Matthias Güntert

Damit stehen die beiden Schülerinnen nicht alleine da. Auch im sozialen Netzwerk Facebook häufen sich auf der Seite "Du bist aus Stockach, wenn..." die Meldungen von verärgerten Zugfahrern. Ein User spricht von "massiven krankheitsbedingten Ausfällen unter den Lokführern". Er behauptet, dass er mit einem Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe Hohenzollerische Landesbahn gesprochen habe: "Man weiß nicht, wie die Fahrpläne heute und die nächsten Tage eingehalten werden können. Stellt euch alle, die das Seehäsle nutzen, auf weitere Zugausfälle ein", teilt er in seinem Post mit.

Zu viele kranke Lokführer

Christoph Meichsner zuständig für den Öffentlichkeitsbereich bei der Südwestdeutschen Landesverkehrs-AG bestätigte auf Nachfrage des SÜDKURIER, dass es tatsächlich zu mehren Zugausfällen auf der Seehäsle-Strecke zwischen Stockach und Radolfzell gekommen sei. Auch den Grund für die ausgefallenen Züge, der auf Facebook kursierte, konnte Meichsner bestätigen: "Zum ohnehin schon hohen Krankheitsstand bei unseren Lokführern kam ein weiterer krankheitsbedingter Ausfall hinzu. Die Summe an Ausfällen war dann einfach nicht mehr zu kompensieren", teilt Christoph Meichsner weiter mit. So sei es am Morgen insgesamt zu sechs Zugausfällen auf der Seehäsle-Strecke gekommen. Drei davon in Fahrtrichtung Radolfzell, noch einmal so viele in die entgegengesetzte Richtung nach Stockach.

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Aber auch am Mittag verlief der Zugverkehr zwischen Stockach und Radolfzell nach Angaben von Christoph Meichsner nicht reibungslos. Im Gegenteil: Noch einmal sechs Züge konnten zur Mittagszeit nicht fahren. Einer davon war der Zug zu einer der Hauptstoßzeiten um 13.16 Uhr, den viele Schüler nach Schulschluss nehmen, um nach Hause zu kommen. "Als Ausgleich konnten wir bei den sechs ausgefallenen Zügen zur Mittagszeit aber einen Schienenersatzverkehr mit Bussen anbieten", so Meichsner weiter.

Keine weiteren Ausfälle

Wie geht es nun weiter? Laut dem Sprecher der Südwestdeutschen Landesverkehrs-AG sollen die Züge ab Morgen wieder uneingeschränkt fahren. Mit weiteren Ausfällen sei nicht zu rechnen. Im Gegenteil, wie Meichsner im Gespräch mit dem SÜDKURIER betont: "Zum jetzigen Stand fahren die Züge wieder", sagt er.

Die Fahrgastinfo macht Zugfahrer auf den Ausfall aufmerksam.
Die Fahrgastinfo macht Zugfahrer auf den Ausfall aufmerksam. | Bild: Matthias Güntert

Lillith Dickgießer und ihre Freunde hatten Glück, dass ihr Vater Michael Dickgießer nicht arbeiten musste und sie abholen konnte. Denn auch sie wissen: Nicht jeder hat diese Möglichkeit. "Viele von den Eltern unserer Freunde arbeiten", sagt Selina Euschen. Auch sie wisse noch nicht, wie sie morgen zur Schule kommen soll, wenn das Seehäsle weiter ausfällt. Michael Dickgießer lässt es ebenfalls auf sich zukommen. "Das ist ein reines Glücksspiel ob die Züge morgen wieder fahren. Mich nervt es heute schon ungemein, dass ich zum dritten Mal fahren musste", sagt er. Der Zorn hat sich zu diesem Zeitpunkt bereits ein bisschen gelegt. Dann steigen alle in das schwarze Auto ein und fahren nach Hause.