Zwei Bahnübergänge der Ablachtalbahn in Hindelwangen sind derzeit weder durch Schranken noch Lichtsignale gesichert. In der Tuttlinger Straße hält stattdessen seit einem Autounfall, bei dem die Anlage beschädigt worden war, der Zug bei der Durchfahrt an. Entweder der Lokführer oder ein Zugbegleiter steigt aus und sichert den Übergang, den der zweimal wöchentlich verkehrende Zug in Schrittgeschwindigkeit dann passiert. Die Berlinger Straße passieren die Züge hingegen mit Langsamfahrt und lauten Pfeifsignalen.
Wolf-Dieter Karle, der Ortsvorsteher von Hindelwangen, sieht das kritisch. Die Situation dort sei „problematisch und gefährlich.“ Laut Protokoll des jüngsten Ortstermins seien für beide Übergänge vorgeschriebene Lichtzeichen- und Schrankenanlagen in Übereinstimmung mit dem Bahnbetreiber vorgesehen. Zudem kritisierte er den Betreiber der Ablachtalbahn Anfang des Jahres, weil dieser nichts tue und Absprachen nur sehr zäh erfolgten – wenn überhaupt.
Kommunikation lasse zu wünschen übrig
Auf erneute SÜDKURIER-Nachfrage schreibt Karle, die Kommunikation mit dem Betreiber lasse nach wie vor zu wünschen übrig. „Dies gilt besonders für den Kontakt mit den betroffenen Ortschaftsverwaltungen“, berichtet er. Von der Stadt habe er dazu nichts anderes gehört. Deren Ordnungsamts- und Baurechtsleiter Carsten Tilsner spricht hingegen zumindest von einem „ganz konstruktiven Umgang“, man sei immer wieder in Kontakt.
Die genauen Regelungen
Technikchef der Ablachtalbahn widerspricht
Das sind Behauptungen, die Frank von Meißner, Technikchef der Ablachtalbahn, nicht nachvollziehen kann. Zum einen sieht er an den Übergängen kein Sicherheitsproblem, lediglich ein Komfortproblem für die Anwohner durch die Pfeifsignale. „Diese Art der Sicherung ohne Schranken und/oder Lichtzeichen ist gesetzlich aber erlaubt und wird dort schon seit Jahrzehnten praktiziert“, so von Meißner. Vergleichbare Bahnübergänge mit Pfeifsignalen gebe es an vielen anderen Bahnstrecken, Stockach sei daher keine Ausnahme.

Auch werde der Übergang alle zwei Jahre im Zuge einer Verkehrsschau von der Eisenbahnaufsichtsbehörde, der Verkehrsbehörde, der Polizei und der Ablachtalbahn in Augenschein genommen. „Auch hierbei wurde der Bahnübergang inspiziert und für in Ordnung befunden“, stellt er klar.
Zudem kenne er die Stelle genau. „Ich fahre dort selbst oft. Eine gefährliche Situation oder einen Beinahe-Unfall hat es hier noch nicht gegeben“, sagt von Meißner. Für die Sicherheit in der aktuellen Situation sei die jetzige Regelung ausreichend. Schranke und Lichtzeichen brauche es aus Sicherheitsgründen erst ab 2030, wenn Personenzüge im Stundentakt verkehren.

Auch Carsten Tilsner stellt klar: „Verkehrssicher und zulässig ist grundsätzlich jede dieser Formen der Sicherung.“ Zwar hätten laut Tilsner viele Menschen das Empfinden, dass ein Bahnübergang ohne Schranken nicht sicher sei. „Dabei gehen sie aber von falschen Annahmen aus“, vermutet Tilsner. Der Übergang sei eine Kreuzung, an der durch das Andreaskreuz und das Vorfahrtsschild klar beschildert sei, wer Vorrang hat.
Hat die Stadt dem Betreiber eine Anschubfinanzierung zugesagt?
Doch für Uneinigkeit zwischen Stadt und Ablachtalbahn sorgt noch eine andere Frage. Es geht um eine vermeintliche Zusage über 10.000 Euro durch die Stadt als Anschubfinanzierung für die Modernisierung der Anlage in der Berlinger Straße. Laut von Meißner sind per Gesetz Betreiber und Kommune für Bahnübergänge zuständig.
„Wir haben bereits bei einem Vorort-Termin im Juni 2023 angeboten, die Planung zum Bau einer technischen Sicherungsanlage mit Lichtzeichen und Halbschranken vorzuziehen, wenn uns von der Kommune ein kleiner Planungskostenanteil vorgeschossen wird“, berichtet von Meißner. Carsten Tilsner sei vor Ort gewesen und habe sich alles notiert. Ortsvorsteher Wolff-Dieter Karle habe zugesagt, die Finanzierung werde geprüft. „Seitdem haben wir nichts mehr von der Stadt gehört“, zeigt von Meißner sich enttäuscht.

Tilsner und Karle widersprechen: Eine solche Zusage habe es nicht gegeben. Zwar sei die Stadt als Straßenbaulastträger an den Kosten beteiligt, so Tilsner. Auch vermute er, man könne die Priorisierung der Beschrankung durch den Betreiber mit einer Anschubfinanzierung beeinflussen. „Eine konkrete Zusage über die Zahlung von 10.000 Euro gab es in dem Termin aber nicht. Dafür benötigen wir ein Angebot und je nach Höhe der Kosten entscheidet darüber die Bürgermeisterin oder der Gemeinderat“, sagt Tilsner.
Auch Wolf-Dieter Karle stimmt zu, von einer Zusage eines städtischen Zuschusses über 10.000 Euro als Anschubfinanzierung sei in seinem Beisein bei den beiden Ortsterminen nie die Rede gewesen. Außerdem hätte diese im Gemeinderat beschlossen werden müssen. „Das war nicht der Fall. Woher diese Aussage stammt, ist mir unerklärlich“, so Karle. Seiner Meinung nach müsse der Betreiber hierfür erst einmal getätigte Zusagen zur Ertüchtigung von Bahnübergängen einhalten.
Die Ablachtalbahn hat den Bau wegen der fehlenden Anschubfinanzierung bislang in jeden Fall aus finanziellen und personellen Gründen nicht priorisiert, sodass mit einer Fertigstellung erst Ende der 2020er-Jahre zu rechnen ist, so von Meißner. „An uns soll es aber nicht scheitern. Aber mit dem Finger auf die Eisenbahn zu zeigen, ist Populismus“, sagt er. Sobald es eine feste Zusage für die Anschubfinanzierung gibt, könne die Ablachtalbahn den Übergang in etwa zwei oder zweieinhalb Jahren fertigstellen. Es gehe aber nur in Partnerschaft mit Einsatz der Kommune.