Felix Riegel, frisch gebackener Geschäftsführer des gleichnamigen Weinhandels, freut sich: „So wie wir bisher durch die Pandemie gekommen sind, hatten wir großes Glück. Unser Eindruck ist, dass die Menschen mehr darauf schauen, wie sie sich ernähren.“ Er blicke deswegen positiv in die Zukunft.
Die Pandemie habe den Alltag insbesondere für den Außendienst verändert. Anstatt sich an Weinmessen auszutauschen und die neuen Produkte vorzustellen, gab es 2020 vor allem Videokonferenzen. Das Unternehmen habe dadurch zwar seine gewohnten Pfade aufgebrochen, Riegel freue sich aber trotzdem auf eine Rückbesinnung zum Persönlichen, sobald das wieder möglich ist.
Das Problem an Online-Treffen: Die Möglichkeit, neue Weine vorzustellen, klappt im Internet nicht so gut wie an Messen. Riegel sagt: „Online bestellen Kunden dann doch eher das, was sie so oder so schon kennen und gut finden.“ Die Neugierde neue Weine auszuprobieren, sei gering. Im Jahr habe der Familienbetrieb etwa 100 neue Produkte im Sortiment, die dann darauf warten, vermarktet zu werden. Auch das Thema Homeoffice kam im vergangenen Jahr von heute auf morgen ins Gespräch: „Wir bieten zwar Homeoffice an, aber die Nachfrage ist sehr überschaubar.
Unsere Mitarbeiter wollen kommen, um vor Ort zu arbeiten.“ Deswegen habe der Betrieb unter anderem Konferenzräume umfunktioniert und Arbeitsplätze entzerrt, um für mehr Abstand zu sorgen. Außerdem gebe es seit dem Frühjahr 2020 in allen Büros Luftfilter. „Sogar Kinderbetreuung hatten wir für unsere Mitarbeiter eine Zeit lang angeboten“, erklärt Riegel. Das Betriebsklima sei gut. „Wir haben hier ein gutes persönliches Miteinander und in normalen Jahren essen wir immer alle gemeinsam zu Mittag oder veranstalten Mitarbeiterkochen.“ Seit dem vergangenen Jahr dürfen nur noch die zusammen essen, die auch zusammen arbeiten.
Die Hamsterkäufe während des ersten Lockdowns betrafen nicht nur Klopapier und Mehl, sondern auch Wein. „Zum Glück kam der Lockdown erst im März: Im Februar stocken wir unsere Produkte jährlich für das laufende Jahr nochmal auf.“ Wenig später seien die Grenzen dicht gewesen und der Handel zum Erliegen gekommen. Seine Erfahrungen mit Wein-Hamsterkäufen aus dem vergangenen Jahr untermauert der Geschäftsführer mit Zahlen: „Ich meine, der Pro-Kopf-Verbrauch von Wein in Deutschland ist 2020 auf 20,7 Liter angestiegen.“
Beim Sekt sei das nicht der Fall gewesen. „Die Menschen hatten ja schließlich nicht so viele Anlässe, um gemeinsam anzustoßen“, scherzt der 38-Jährige. Er geht davon aus, dass die Zunahme auch davon beeinflusst wurde, dass die Menschen weniger im Urlaub und mehr im eigenen Land konsumierten. Unter anderem deswegen hatte der Betrieb im vergangenen Jahr ein Absatz-Wachstum von rund 20 Prozent. Auch gesundheitlich sei sein Weinhandel gut über die Runden gekommen.

„Lediglich zwei Mitarbeiter hatten sich seit der Pandemie mit dem Corona-Virus angesteckt.“ Ein Mitarbeiter im Außendienst und ein Weiterer während des Urlaubs im Ausland. Um weiteren Ansteckungen vorzubeugen habe das Unternehmen Mitarbeiter ausgebildet, die seit dem vergangenem Jahr Schnelltests durchführen dürfen.
Corona habe auch den Online-Handel des Familienunternehmens beschleunigt. „Das Thema wurde aber bereits vor der Pandemie immer populärer“, erklärt Riegel. Die schweren Weinkisten würden sich die Kunden schon seit ein paar Jahren lieber nach Hause liefern lassen, als sie selbst zu schleppen: „Tierfutter und Wein sind das Online-Geschäft“, scherzt der 38-Jährige. Riegels Strategie liege dennoch vor allem auf dem stationären Handel.
Große Händler im Internet, wie Amazon beispielsweise, vermeide er. „Für uns spielen die Werte und Ausrichtungen des Unternehmens eine große Rolle. Da wollen wir nicht bei allem mitmachen“, merkt er an. Die Online-Angebote und auch der Direktverkauf an Privatpersonen vor Ort in Orsingen machen deswegen nur einen geringen Teil des Umsatzes bei Familie Riegel aus. Trotzdem wuchs er alleine im vergangenen Jahr von drei auf fünf Prozent.
Felix Riegel spricht dennoch von einem herausfordernden Jahr 2020: „Wie ein Unternehmen in unserer Branche über die Runden gekommen ist, hängt vor allem von der Vertriebsstruktur ab.“ Während der Direktvertrieb und größere Handelsstrukturen auf dem aufsteigenden Ast seien, liege der Gastronomievertrieb am Boden. Auch Exporteinbrüche gab es im vergangenen Jahr durch Corona. Er hält fest: „Pauschale Gewinner der Pandemie gibt es in unserer Branche einfach nicht.“