Wenn die ersten Folgen der neuen ZDF-Krimiserie Obersee über die Bildschirme des Landes flimmern, dann werden die Stockacher und die Menschen aus der Umgebung dort ein markantes Gebäude aus dem Gewerbegebiet Blumhof wiedererkennen. Im Film sitzt dort ein Hersteller von Kampfdrohnen. Die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus.

Doch auch bei der Quantus Informatics AG, die im echten Leben ihren Sitz in dem Gebäude hat, geht es um Hightech und den Schutz von kritischer Infrastruktur. Wenngleich auf eine ganz andere Art und Weise: Seit einigen Jahren wird dort an neuer Technologie zum Öffnen und Schließen von Türen getüftelt. Was das Besondere daran ist und welche Rolle dabei zukünftig die Künstliche Intelligenz (KI) spielen könnte, berichten die Firmengründer der Quantus Informatics AG Heinz und Daniela Roth im Gespräch mit dem SÜDKURIER.

Türschloss kann mit anderen Geräten kommunizieren

Im Grunde ist die Idee nicht neu: Die Quantus Informatics AG entwickelt Lesegeräte für Chips, mit denen Türen aufgeschlossen werden können. Das Besondere an den Geräten aus Stockach ist jedoch nicht nur ihr modularer Aufbau, sondern auch die Tatsache, dass sie nicht nur Türen öffnen, sondern auch mit anderen Geräten kommunizieren können, erklären die Verantwortlichen.

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Heinz Roth, Vorsitzender des Aufsichtsrats des Unternehmens, erklärt es so: „Wenn ich mit meinem Chip das Gebäude an der Eingangstüre betrete, kann das System bereits während ich auf dem Weg zu meinem Büro bin, dort das Licht einschalten und die Jalousien öffnen.“ Doch das System kann noch mehr und könnte in Zukunft sogar weitere Fähigkeiten bekommen.

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Möglich wird das durch das Internet of Things (IOT), zu Deutsch, Internet der Dinge, das es Geräten, Maschinen oder Fahrzeugen, die mit Sensoren, Software und einer Internetverbindung ausgestattet sind, ermöglicht, untereinander zu kommunizieren.

Gebäude könnte zukünftig selbst erkennen, wer rein darf

„Uns als Nutzern soll das dabei helfen, dass wir möglichst wenig selbst tun müssen“, erklärt Daniela Roth, Geschäftsführerin der Quantus Informatics AG. Ausgestattet mit einer Kamera und Künstlicher Intelligenz, könnte das Haus zukünftig seinen Besitzer selbst erkennen und ihm die Tür öffnen. „Es könnte sogar erkennen, in welcher Stimmung man das Haus betritt und gleich schon passende Musik einschalten“, sagt Daniela Roth.

Die Zutrittskontrollprodukte der Quantus Informatics AG können mit anderen Geräten im Gebäude kommunizieren.
Die Zutrittskontrollprodukte der Quantus Informatics AG können mit anderen Geräten im Gebäude kommunizieren. | Bild: Dominique Hahn

Das System mit Kamera sei aber auch ohne Gesichtserkennung schon praktikabel und beispielsweise für Vermieter von Ferienwohnungen interessant. Diese können ihren Gästen etwa einen QR-Code zuschicken, der für die Zeit des Urlaubs gültig ist und von der Kamera am Eingang gescannt werden kann, um Zutritt zu erhalten.

Momentan sei die Ausrüstung des Systems mit KI zwar noch Zukunftsmusik, ein entsprechendes Patent sei allerdings schon angemeldet. Insbesondere im Bereich der kritischen Infrastruktur hätte ein solches System durchaus auch sicherheitsrelevante Vorteile, betont Heinz Roth.

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„Die KI kann normales Verhalten lernen und einen Alarm geben, wenn Unregelmäßigkeiten auftreten. Zum Beispiel, wenn eine Tür öfter als gewöhnlich geöffnet wird oder plötzlich mehr Leute als gewöhnlich in einem bestimmten Raum verkehren. Das könnte dann zum Beispiel ein Hinweis auf Spionage oder Sabotage sein. Bisherige Systeme können so etwas noch nicht erkennen“, erklärt er.

Modularer Aufbau macht System anpassungsfähig

Die zweite Besonderheit an dem neuen System aus Stockach sei sein modularer Aufbau. Die Hardware, also die Platinen der jeweiligen Lesegeräte, sei modular aufgebaut und könne beliebig erweitert oder angepasst werden, wenn der Fortschritt bei der Software-Technik entsprechende Anpassungen nötig macht.

Im Firmengebäude der Quantus Informatics AG im Gewerbegebiet Blumhof wurden Szenen für eine neue ZDF-Krimiserie gedreht.
Im Firmengebäude der Quantus Informatics AG im Gewerbegebiet Blumhof wurden Szenen für eine neue ZDF-Krimiserie gedreht. | Bild: Dominique Hahn

Dadurch könnten auch Kosten eingespart werden, betonen Heinz und Daniela Roth. Ein weiterer Vorteil des neuen Systems sei, dass der Datenaustausch über Funk-Module laufe. Es sei lediglich ein Stromanschluss, aber keine fest verbaute Datenleitung mehr erforderlich. Die Kommunikation zwischen Öffner und Türschloss sei allerdings Ende-zu-Ende verschlüsselt, sodass dadurch keine Sicherheitslücken entstehen sollen, betont Daniela Roth.

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Gemeinsam mit ihrem Vater Heinz hat sie die Firma Quantus Informatics in Stockach 2022 gegründet. Heinz Roth ist bereits seit den 80er Jahren im Bereich der Sicherheitstechnik und Zutrittskontrolle tätig. Die Quantus Informatics AG ist sein viertes Unternehmen. „Wir haben es als Start-Up gegründet. Das Schöne, wenn man mit einem Unternehmen auf der grünen Wiese beginnt, ist, dass man die Firma dem Produkt anpassen kann und nicht umgekehrt. In großen Konzernen sind die Strukturen dafür oft zu verkrustet“, sagt Heinz Roth.

In Stockach sollen neue Arbeitsplätze entstehen

Aktuell beschäftigt das Unternehmen an seinem Sitz im interkommunalen Gewerbegebiet Blumhof zwölf Mitarbeiter in der Entwicklung. Vor allem Ingenieure und Informatiker. Doch schon bald soll das Team wachsen und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. „Vertrieb, Marketing, Support und Logistik sollen hier in Stockach angesiedelt sein“, so Heinz Roth.

Aktuell sei man in Gesprächen mit verschiedenen großen Unternehmen, die Interesse daran haben, das System zu testen, im kommenden Jahr soll der Vertrieb dann auch ganz offiziell beginnen. Die Produktion der Geräte erfolgte in einer Kooperation mit einem Hersteller in Meßstetten.

Vier Patente angemeldet

Für die zukünftige Entwicklung des Unternehmens zeigen sich die Gründer optimistisch. „Gerade in diesen Zeiten wird eine gut gesicherte Zugangskontrolle gerade im Hinblick auf kritische Infrastruktur immer wichtiger“, sagt Heinz Roth. Insgesamt vier Patente im Bereich der Gebäudesicherheit habe das Unternehmen bereits angemeldet.

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Damit liegt das Stockacher Unternehmen im Trend. In seinem Jahresbericht über das Jahr 2024 schreibt das Deutsche Patent- und Markenamt, dass die Innovationstätigkeit in deutschen Unternehmen nach den Jahren der Corona-Pandemie wieder an Fahrt aufzunehmen scheine, und deutsche Unternehmen trotz der schwierigen Lage stark in Forschung und Entwicklung investieren. Mit 137 Patentanmeldungen pro 100.000 Einwohner lag Baden-Württemberg im Vergleich der Bundesländer mit großem Abstand vorn. Mit 17.387 gingen im Teilbereich der Computertechnik die meisten Anmeldungen ein, heißt es vonseiten des Patentamts.